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Modeschöpfer: 30 Jahre Jean-Paul Gaultier

Auch junge Wilde kommen einmal in die Jahre: Der französische Modemacher Jean-Paul Gaultier, einst ein respektloser Newcomer, feiert mit einer großen Gala sein 30. Jubiläum.

Nur wenige Zuschauer kamen im Oktober 1976 zur ersten Schau des jungen Mannes aus Arcueil im Osten von Paris - und staunten über die Kleider aus geflochtenem Stroh, die der damals 24-Jährige entworfen hatte. Heute steht der fröhliche Blonde einer Aktiengesellschaft vor, die unter seinem Namen Mode, Kosmetik, Parfüms und Filmdekorationen produziert.

Von Anfang an stellte Gaultier, der 1970 im Alter von 18 Jahren im Hause Cardin seine Modelaufbahn begann, die Konventionen in der Mode auf den Kopf. Er habe "schon mit der ersten Kollektion 1976 die Kriterien des guten oder schlechten Geschmacks in Frage gestellt (...) schockiert, verstört, genervt und mit einer zweideutigen, austauschbaren Mode die traditionellen Spuren verwischt", sagte kein geringerer als sein einstiger Lehrmeister Pierre Cardin. Der Modemacher verzahnte verschiedene Epochen, zerstörte Klischees, mischte Stilrichtungen - und versicherte stets, Provokation sei das Letzte, was er im Sinn habe.

Männer in Röcken

Während heute im Reich der Mode alles geht und jeder sich nach eigenem Gutdünken kleiden kann, erregte Gaultier noch 1984 Aufsehen, weil er für seine Kollektion "Und ewig lockt der Mann" Männer in Röcke steckte. "Ein Mann trägt doch seine Männlichkeit nicht in den Kleidern, die hat er im Kopf", kommentierte Gaultier, der prompt seinen Spitznamen als "Enfant terrible" verpasst bekamt. Im gleichen Stil verwischte der mittlerweile 54-Jährige im Januar 2006 die Grenzen zwischen männlicher und weiblicher Kleidung: Eine Kollektion unter dem Namen "Gaultier Puissance 2" (Gaultier Stärke 2) besteht aus typisch männlichen Kleidungsstücken, ist aber für Frauen gemacht.

Doch im 21. Jahrhundert sind einige dieser Provokationen des Designers längst Klassiker geworden: Seine Variationen des Trenchcoats, die Matrosenjacke oder der blauweiß-gestreifte Matrosenpullover gelten als Markenzeichen des Franzosen. Genauso emblematisch sind einige Stücke, die Gaultier in Zusammenarbeit mit Musik- und Filmstars entworfen hat. So ist der 1990 geschaffene Spitztüten-BH der US-Popikone Madonna bis heute unvergessen.

30 Jahre Gaultier

Der Erfolg des unkonventionellen Kreateurs verschaffte ihm denn auch Eintritt in die heiligen Hallen der französischen Modewelt: Seit 1997 gehört er zum erlauchten Kreis der Modehäuser, die zweimal im Jahr an den Haute-Couture-Schauen teilnehmen - die höchste Schneiderkunst, die nur aus kostbaren Einzelstücken besteht, die in mühevoller Handarbeit angefertigt und an eine Handvoll begüterter Kundinnen weltweit verkauft werden.

Die jüngsten Weihen der französischen Luxusindustrie wurden ihm 2003 zuteil, als Gaultier die Damenkollektion der Traditionsmarke Hermès übernahm, immerhin Inbegriff klassischer, großbürgerlicher Eleganz. Die Leichtigkeit, mit der Gaultier in seinen Entwürfen für die aus einer Sattlerei hervorgegangene Marke den Stil des Hauses neu und doch treu interpretiert, rief in der Modewelt ungeteilte Bewunderung hervor. Am Samstag lädt der fröhliche Designer zu einer Feier im Pariser Olympia - Madonna hat sicher keine Zeit, doch der eine oder andere Star aus der Reihe seiner Partner wie die Filmregisseure Luc Besson, Pedro Almodovar und Peter Greenaway oder Frankreichs Altrocker Johnny Hallyday werden sicher zum Gratulieren vorbeikommen.

Dominique Schroeder[AFP]

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