zum Hauptinhalt
Kardelen

© dpa

Mord an Achtjähriger: Trauerzug für getötete Kardelen

Nach der Obduktion herrscht traurige Gewissheit: Die in einem See gefundene Mädchenleiche ist tatsächlich die vermisste Kardelen. Einen Tatverdächtigen gibt es noch nicht. Parallelen zu weiteren Fällen werden derzeit überprüft. Am Freitagabend nahmen etwa 4000 Menschen an einem Trauerzug in Paderborn teil.

Im Fall der vermissten Kardelen aus Paderborn gibt es seit Freitag traurige Gewissheit. Das achtjährige Mädchen wurde Opfer eines Sexualmordes, teilten die Ermittler mit. Die am Donnerstag am 60 Kilometer vom Wohnort des Opfers entfernten Möhnesee gefundene Leiche sei zweifelsfrei identifiziert worden. Das seit Montag vermisste türkischstämmige Mädchen wurde den Angaben zufolge sexuell missbraucht und erstickt. Die Ermittlungen übernahm eine 50-köpfige Mordkommission, die unter anderem mögliche Übereinstimmungen zu anderen ungelösten Gewalttaten an Kindern überprüft. Eine "heiße Spur" gebe es noch nicht, sagte Oberstaatsanwalt Ralph Vetter.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Mädchenleiche bereits Freitagmittag zur Bestattung freigegeben, zunächst jedoch nicht bestätigt, dass es sich um die Achtjährige handelt. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung fand die Trauerfeier der Islamischen Gemeinde Paderborn noch am selben Tag statt. Der Platz in der Moschee reichte für die vielen Trauernden nicht aus. Inzwischen befindet sich der Sarg mit der Leiche des kleinen Mädchens auf dem Weg zum Düsseldorfer Flughafen und in die Türkei. Im Heimatland ihrer Eltern soll Kardelen zu Grabe getragen werden.

Tausende Paderborner haben am Freitagabend mit einem Trauerzug ihr Mitgefühl für die Familie der getöteten achtjährigen Kardelen zum Ausdruck gebracht. Die Polizei sprach von rund 4000 Menschen, die den fünf Kilometer langen Zug durch die Innenstadt begleiteten. Auf der Rathaustreppe legten viele weiße Rosen nieder und stellten Kerzen vor einem angeleuchteten Bild der Achtjährigen mit Trauerflor auf. Unter den Teilnehmern waren viele türkischstämmige Bürger, einige trugen ans Revers geheftete Bilder Kardelens. Bevor der Trauerzug begann, sagte Bürgermeister Heinz Paus, der zusammen mit Landrat Manfred Müller zu dem Marsch aufgerufen hatte, über die Tat: "Der Tod macht uns ratlos, erschüttert uns tief." Niemand könne das Leid der Familie ermessen, oder ihr den Schmerz abnehmen. "Aber wir können unser Mitgefühl zum Ausdruck bringen", erklärte er. Dem Aufruf hatten sich die katholische und evangelische Kirche, die türkisch-islamische Gemeinde und der Bürger-Schützenverein angeschlossen.

Es gibt noch keine Tatverdächtigen

Die 50-köpfige Mordkommission Kardelen ermittle nun wegen eines Tötungsdelikts, erklärten Staatsanwaltschaft und Polizei. Zur Zeit gebe es keinen Tatverdächtigen. Auch sei bislang nicht bekannt, ob es sich bei dem Fundort der Leiche auch um den Tatort handelt. Laut Polizei liegen den Beamten mittlerweile mehr als 280 Hinweise aus der Bevölkerung zu dem Verbrechen vor. Auch am Freitagmorgen meldeten sich demnach weitere mögliche Zeugen." Allen Ermittlungsansätzen geht die Mordkommission intensiv nach", erklärten die Behörden.

An dem gut 50 Kilometer von Kardelns Heimatstadt entfernten Möhnesee waren bereits am Mittwoch Kleidungsstücke des Mädchens gefunden worden. Eine Hundertschaft der Polizei entdeckte dann am Donnerstagmittag in einem Wald nahe des Südufers die Leiche der Achtjährigen. Kardelen war zuletzt am Montagnachmittag in der Paderborner Südstadt gesehen worden. Das Mädchen hatte die elterliche Wohnung verlassen, um mit einer Freundin zu spielen. Die Eltern meldeten ihre Tochter am Montagabend als vermisst, nachdem eine gemeinsame Suche mit Nachbarn und Freunden erfolglos geblieben war.

Parallelen zu weitere Fällen werden geprüft

Der Mord an Kardelen beschäftigt auch die Polizei in Hannover. Grund sind mögliche „Parallelen“ zum Vermisstenfall Jenisa, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Die achtjährige Jenisa aus Hannover wird seit dem 7. September 2007 vermisst. Sie hatte ihre Tante in einer Hochhaussiedlung besuchen wollen. Ein damals kurzzeitig unter Tatverdacht festgenommener Verwandter des Mädchens stammt aus Nordrhein-Westfalen.

Die Polizei geht davon aus, dass das Kind getötet wurde. Wenige Tage nach dem Verschwinden des Mädchens waren an der Autobahn 2 ihre Kleidungsstücke gefunden worden. Der Sprecher sagte, eine Wiederaufnahme der Ermittlungen in dem Fall sei nicht auszuschließen.

Keinen Bezug scheint es für die Polizei hingegen zu einem angeblichen Entführungsversuch zu geben, der sich zwei Tage vor Weihnachten in Paderborn ereignet haben soll. Insgesamt gingen bei den Ermittlern bislang über 300 Hinweise aus der Bevölkerung ein. Einen Tatverdächtigen gebe es derzeit nicht, hieß es. Vetter wollte am Freitag keine Angaben zum Todeszeitpunkt und zu eventuellen DNA-Spuren machen. Einzelheiten könnten derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen nicht genannt werden. Die Spurensuche am Fundort der Leiche wurde fortgesetzt. (jnb/jg/ddp/dpa/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false