zum Hauptinhalt
Christina Block, deutsche Gastronomin und Unternehmerin, und Gerhard Delling, ehemaliger Sportmoderator und Lebensgefährte von C. Block, gehen in einer Pause im Prozess wegen mutmaßlicher Kindesentführung im Landgericht Hamburg aus dem Strafjustizgebäude.

© dpa/Marcus Brandt

Mutmaßlicher Fluchtwagenfahrer befragt: Diese Rolle könnten israelische Ex-Agenten bei der Block-Entführung gespielt haben

Mitte Dezember geht der Entführungsprozess gegen Christina Block weiter. Sie bestreitet eine Beteiligung. Unterdessen kommen immer weitere Details zum Vorschein.

Stand:

Ende November wurde der Prozess gegen die „Block House“-Erbin Christina Block für drei Wochen pausiert – doch die Ermittlungen gingen weiter. Nachdem Anfang des Monats bereits der mutmaßliche Hintermann der Entführung der beiden jüngsten Block-Kinder aus Dänemark in Hamburg ausgesagt haben soll, sollen nun zwei weitere Israelis freies Geleit erhalten haben, um vor den deutschen Behörden auszusagen.

„Sie stehen im Verdacht, zusammen mit der Kindesmutter und weiteren Personen die Entführung von zwei Kindern aus Dänemark in der Silvesternacht 2023/24 vorgenommen zu haben“, teilte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Mia Sperling-Karstens, mit. Nach den beiden Beschuldigten war seit Frühjahr 2024 international gefahndet worden. 

Schon am 27. November sollen Ermittler einen der beiden Israelis, Thach K., befragt haben, berichtet der „Focus“. Der Israeli soll in der Silvesternacht 2023/24 eines der Fluchtautos gefahren haben, mit denen die Block-Kinder nach Deutschland gebracht wurden.

Mehrere Szenarien, viele Pläne

Die Gruppe habe im Vorfeld der Entführung mehrere Szenarien durchgespielt, soll K. den Ermittlern gesagt haben, wie aus Protokollen hervorgeht, aus denen der „Focus“ zitiert. Auch einen „Aufklärungs-Ausflug“ nach Dänemark habe das Team unternommen. Doch „einen festen Plan gab es nicht anfangs“, soll der Befragte über seinen Dolmetscher gesagt haben. Stattdessen hätte „er“ – der „Focus“ mutmaßt, dass es sich dabei um den mutmaßlichen Hintermann und Chef einer israelischen Sicherheitsfirma handeln könnte – „ganz viele Pläne“ gehabt.

Insgesamt sollte die „Operation“ ein bis zwei Wochen dauern, berichtet das Nachrichtenmagazin weiter. An Silvester 2023/24 habe sich dann eine Gelegenheit für die Entführung der damals zehn und 13 Jahre alten Kinder ergeben: Blocks Ex-Mann Stephan Hensel soll allein mit ihnen am Hafen in Gråsten (Gravenstein) gestanden haben. Seine neue Ehefrau Astrid Have – die auch schon im Prozess ausgesagt hat – und die anderen Kinder seien bereits zurück nach Hause gefahren.

In der Silvesternacht wurden die beiden Block-Kinder dann von Maskierten in ein Auto gezerrt und zu ihrer Mutter nach Süddeutschland gebracht. Christina Block, Tochter von Eugen Block, dem Gründer der Steakhouse-Kette „Block House“, bestreitet, den Auftrag zur Entführung ihrer Kinder erteilt zu haben.

Block soll mit Israelis gechattet haben

Nach Recherchen der „Bild“ hatten die mutmaßlichen Entführer für die Operation „Golden Ice“ über Monate eine Kommandozentrale im Bürohaus des Familienanwalts der Blocks am Rande der Hamburger Speicherstadt betrieben. Die Kommunikation sei teilweise über eine Signal-Chatgruppe namens „BKH“ gelaufen. Die Abkürzung soll für „Bring Kids Home“ (deutsch: Bring die Kinder nach Hause) gestanden haben.

Der mutmaßliche Hintermann der Entführung soll den Ermittlern Anfang November bereits Screenshots aus dieser Chatgruppe vorgelegt haben. Unter den Teilnehmern soll auch eine Christina gewesen sein. Eine auffällig martialische Sprache einiger Chatteilnehmer könnte auf den militärischen oder nachrichtendienstlichen Hintergrund der Israelis zurückzuführen sein, mutmaßt der „Focus“.

Planung begann offenbar zehn Monate vor der Tat

Die Chats beginnen bereits am 9. Februar 2023, zehn Monate vor der Entführung, berichtet die „Welt“, der Auszüge aus dem Verlauf vorliegen. Ein Mitarbeiter des Chefs einer israelischen Sicherheitsfirma habe zunächst betont, dass jede rechtliche Lösung des Sorgerechtsstreits in Betracht gezogen werden müsse. Parallel dazu müsse man aber auch andere Maßnahmen planen, falls man vor Gericht nicht weiterkomme, zitiert die Zeitung.

Christina Block, deutsche Gastronomin und Unternehmerin, und Ingo Bott, einer ihrer beiden Verteidiger, stehen in einem Sitzungssaal des Landgerichts Hamburg (Archivbild).

© dpa/Marcus Brandt

In einem „Full Spectrum Surveillance & Rescue Plan“ (deutsch: Umfassender Überwachungs- und Rettungsplan) seien verschiedene Bedrohungsszenarien für die Block-Kinder und deren Folgen durchgespielt worden, heißt es in dem Bericht. Ein Szenario sei die „Rettung“ der Kinder infolge physischer oder emotionaler Beeinträchtigung durch den Vater innerhalb von 36 Stunden gewesen. In diesem Szenario ist sogar Johanna als älteste Schwester erwähnt. Alles solle auf sanfte Weise passieren, also ohne Gewalt, berichtet die „Welt“.

Wie die Zeitung berichtet, stützt der Nachrichtenverlauf die Aussage des mutmaßlichen Hintermannes bei der Staatsanwaltschaft, dass es zunächst nur um Informationsbeschaffung gegangen sei. Der Rückführungsplan sei nur für den Fall gedacht gewesen, dass die Kinder ernsthaft in Gefahr seien. Christina Block und ihr Familienanwalt waren der Aussage zufolge in den Plan eingeweiht.

Block soll Israelis weitere Aufträge erteilt haben

Die „Bild“-Zeitung berichtet über einen weiteren Aspekt der Chat-Protokolle: Block soll von den Israelis gefordert haben, auch eine Familienrichterin zu überprüfen. Die Hamburger Juristin hatte zu Beginn der familienrechtlichen Auseinandersetzung zugunsten von Blocks Ex-Mann entschieden, heißt es in dem Bericht.

In dem Chat soll Block die Richterin als „furchtbar“ bezeichnet haben. „Diese Richterin verzögert alles“, heißt es laut „Bild“. „Sie ist schuld daran, dass alles so lange gedauert hat. Ihr müsst sie überprüfen: Dr. Kristina Groth, Amtsgericht Hamburg.“

Auch über ihren Ex-Mann hätten die Israelis weitere Nachforschungen anstellen sollen: Block soll die Ex-Agenten auf steuerliche Belange Hensels hingewiesen haben, bei denen es insbesondere um eine Villa auf Sylt gegangen sein soll. „Vielleicht wollt ihr da tiefer hineinschauen? Das müsste ihm Probleme und Sorgen bereiten“, zitiert die „Bild“.

Mutmaßlicher Hintermann widerspricht Blocks Darstellung

Christina Block verbreitet bislang die Darstellung, dass es bei dem Kontakt zu der israelischen Sicherheitsfirma lediglich um die IT-Sicherheit des Familienhotels Grand Elysée ging. Die Rückholaktion hätten die Israelis auf eigene Faust und ohne ihr Wissen durchgeführt.

Dieser Darstellung soll der Chef der Firma in seiner Aussage Anfang November widersprochen haben. Der 68-Jährige gab demnach an, sich am 28. Dezember 2023 – drei Tage vor der Entführung – zusammen mit mindestens neun weiteren Personen im Hamburger Hotel Grand Elysée mit Block getroffen zu haben. Dort habe Block der Gruppe gedankt, dass sie ihre Kinder zurückhole, und beteuert, das Ganze sei legal.

Insgesamt hätten er und seine Mitarbeiter rund 220.000 Euro für ihre Dienste erhalten, das meiste davon übergeben von Blocks Familienanwalt – Christina Block soll ihm aber auch persönlich im Sommer 2023 rund 20.000 Euro gezahlt haben.

Der Prozess soll an diesem Mittwoch, 10. Dezember, fortgesetzt werden. Es wird erwartet, dass der Chef der israelischen Sicherheitsfirma auch vor Gericht aussagen soll. Ob und gegebenenfalls wann das geschieht, könne mit Rücksicht auf die Sicherheitslage des Zeugen öffentlich nicht mitgeteilt werden, erklärte eine Gerichtssprecherin. Ebenso unklar ist, ob und wann die beiden weiteren Beschuldigten vor Gericht erscheinen.

Unter den sechs Mitangeklagten ist ein 36-jähriger Israeli, der seine Beteiligung an der Rückholaktion umfassend gestanden hatte. Bei seiner Aussage hatte er auch die Namen der mutmaßlichen Mittäter aus Israel genannt. (Tsp, mit Agenturen)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })