zum Hauptinhalt
itarbeiter des Hongkonger Gesundheitswesens sollen Reisende am Bahnhof West Kowloon auf ihren Gesundheitszustand hin untersuchen und befragen.

© Informationsdienst der Hongkonger Regierung/AP/dpa

Mysteriöse Krankheit in China: Rätselraten über ein Virus

Eine Lungenkrankheit grassiert in China, sie erinnert an die tödliche Sars-Epidemie 2002. Die Weltgesundheitsorganisation hat sich bereits eingeschaltet.

Nachrichten aus der zentralchinesischen Provinz Hubei wecken Erinnerungen an die Sars-Epidemie 2002/03, eine der gefährlichsten Infektionswellen der jüngeren Zeit. Nun gibt es erneut eine Häufung mysteriöser Lungenentzündungen in China. Die Zahl der Menschen, die in der Stadt Wuhan infiziert sind, ist auf 59 gestiegen, die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich eingeschaltet. „Die WHO verfolgt die Situation aufmerksam und steht im engen Kontakt mit den nationalen Behörden in China“, hieß es am Montag von der UN-Behörde in Genf. Für Reisende gab sie jedoch noch keine besonderen Hinweise heraus.

Auch in Hongkong gibt es bisher 16 Infizierte und nach Presseberichten meldete Singapur einen Verdachtsfall. Hongkong hat unterdessen erste Vorsichtsmaßnahmen ergriffen: Am Flughafen und an Bahnhöfen wurden Fieber-Messgeräte installiert. Reisende aus Wuhan werden gesondert kontrolliert.

Der erste Patient hatte bereits am 12. Dezember Symptome gezeigt. Aber erst zwei Wochen später wurde das WHO-Landesbüro in China informiert. Bis heute sind sieben Patienten in einem kritischen Zustand. Die Ursache der Infektion ist noch immer unbekannt, es gibt lediglich Indizien. So haben einige der Betroffenen auf einem Fischmarkt in der 19-Millionen-Metropole Wuhan gearbeitet oder diesen besucht, heißt es. Dort werden auch andere Tiere verkauft, sie gelten als eine mögliche Quelle für das Virus. Medienberichten zufolge wurde der betroffene Markt zum Jahresbeginn geschlossen und soll nun gründlich gereinigt werden. Auch die Infizierten in Hongkong hatten Wuhan besucht, bevor bei ihnen die Lungenentzündung ausbrach.

„Voruntersuchungen haben keine Hinweise auf eine Übertragung des Virus von Mensch zu Mensch ergeben“, sagte Li Gang, Direktor des Wuhan-Zentrums für Prävention und Kontrolle von Krankheiten, der Lokalzeitung Changjiang Ribao. „Die Arbeiten zur Identifizierung des Virus sind jedoch noch nicht abgeschlossen.“ Es könne sich auch um einen mutierten, neuartigen Erreger handeln. Zu den Symptomen zählen vor allem Fieber und Atemprobleme. Bei der Virus-Erkrankung handele es sich nicht um Grippe, Mers (Middle East Respiratory Syndrome), Vogelgrippe oder Sars (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom), hieß es laut den Behörden. Alle Patienten stehen unter Quarantäne. Die Fälle werden derzeit als virale Lungenentzündung unbekannter Ursache behandelt.

Es gibt Gerüchte, dass es sich um einen neuen Sars-Ausbruch handeln könnte

Im Internet kursieren jedoch seit Tagen Gerüchte, es könne sich um einen neuen Ausbruch von Sars handeln. Dem widersprach das Parteiorgan „Volkszeitung“. Es zitierte Experten mit der Einschätzung: „Andere schwere Lungenentzündungen sind eher wahrscheinlich.“

Eine den Behörden widersprechende Aussage äußerte nun Professor David Hui Shu-cheong, ein Spezialist für Atemwegsmedizin an der Universität von Hongkong: „Das Virus ist wahrscheinlich für den Menschen ansteckend.“ Aufgrund der verfügbaren Informationen sei anzunehmen, dass es sich um eine Art Coronavirus handelt. Das gehört zu einer Familie, zu der auch Sars zählt.

Die intransparente Informationspolitik der chinesischen Regierung, aber auch die widersprüchlichen Angaben und die Mutmaßungen in den sozialen Medien rufen Ängste und Besorgnisse hervor. Die Sars-Epidemie hatte mehrere Monate, von Ende 2002 bis Juli 2003, in China gewütet. Damals erkrankten nicht nur dort, sondern weltweit mehr als 8000 Menschen. Wahrscheinlich sprang der Erreger in China von Tieren auf den Menschen über und verbreitete sich über Tröpfcheninfektion auf sechs Kontinenten. Nach offiziellen Angaben starben seinerzeit 774 Menschen an der schweren Atemwegserkrankung, jeder zehnte Betroffene.

Der chinesischen Regierung war vorgeworfen worden, sie habe den Ausbruch immer wieder geleugnet, weil sie eine Panik in der Bevölkerung vermeiden wollte. Glücklicherweise sei das Virus nicht so leicht übertragbar gewesen wie etwa Influenza, sagten Experten später. Ob Fledermäuse oder Schleichkatzen der ursprüngliche Reservoirwirt des Virus waren, ließ sich bis heute nicht sicher klären. Das Überspringen von Krankheiten aus dem Tierreich auf den Menschen ist generell nicht ungewöhnlich. Weitere Beispiele für solche sogenannten Zoonosen sind Influenza, HIV, Ebola, Mers und Tollwut.

Zum bevorstehenden chinesischen Neujahrsfest, das auf den 25. Januar fällt, planen rund 400 Millionen Menschen, mit Bussen, Bahnen und Flugzeugen zu verreisen, um ihre Familien zu besuchen. Leider sind das auch sehr gute Voraussetzungen, um die mysteriöse Krankheit weiter zu verbreiten.

Ning Wang

Zur Startseite