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Debra Milke, Tochter einer Deutschen und eines Amerikaners.

© dpa

Nach 22 Jahren in US-Todeszelle: Arizona: Ex-Todeskandidatin Debra Milke aus Berlin steht vor endgültiger Freilassung

Nach 22 Jahren in der US-Todeszelle ist der Justiz-Alptraum für die gebürtige Berlinerin Debra Milke anscheinend vorbei. Ihre Anwälte feiern bereits die Einstellung des Mordverfahrens. Eine Verantwortung für die Todesschüsse auf ihren Sohn bleibt unbewiesen.

Die in Berlin geborene ehemalige US-Todeskandidatin Debra Milke kommt nach Angaben ihrer Anwälte endgültig frei. Der Oberste Gerichtshof von Arizona lehnte am Dienstag eine weitere Anhörung zu ihrem Fall ab. Damit darf der 51-Jährigen kein erneuter Prozess wegen der Ermordung ihres Sohnes gemacht werden. Seine Mandantin sei nach eigenen Worten „erleichtert, dass ihr endlich Gerechtigkeit widerfährt“, sagte Milkes Verteidiger Michael Kimerer der Deutschen Presse-Agentur. Ihrer Freiheit stehe nach einem Vierteljahrhundert - davon 22 Jahre in der Todeszelle - nichts mehr im Wege. Die Gerichte hätten „diesem schrecklichen Justizirrtum ein Ende bereitet“. Die Staatsanwaltschaft sprach nach dem Gerichtsentscheid in einer Mitteilung von einem „schwarzen Tag für Arizonas Strafjustizsystem“.

Sie kündigte keine weiteren Rechtsmittel an. Laut Kimerer ist es nur noch eine Frage von Tagen, bis die zuständige Richterin Rosa Mroz die Einstellung des Verfahrens bekanntgibt. In der kommenden Woche werde Milke sich in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit stellen. Die Tochter einer Deutschen und eines Amerikaners war 1991 zum Tode verurteilt worden, weil sie 1989 zwei Männer angestiftet haben soll, ihren damals vierjährigen Sohn Christopher zu töten. Statt zum versprochenen Besuch beim Weihnachtsmann in einem Einkaufszentrum fuhren die beiden Bekannten der Frau mit dem Jungen zu einem trockenen Flusslauf in der Wüste und streckten ihn mit drei Schüssen in den Hinterkopf nieder. Die Männer wurden ebenfalls zum Tode verurteilt und sind in Haft. Milke beteuerte stets ihre Unschuld.

2013 hob ein Berufungsgericht in San Francisco das Todesurteil gegen sie auf. Es gebe keine direkten Beweise, die Milke mit der Tat in Verbindung gebracht hätten, entschied die Kammer. Der einzige Zeuge war ein Polizist, der im ursprünglichen Prozess ausgesagt hatte, dass Milke ihm die Mitschuld an dem Mord gestanden habe. Das konnte er aber weder mit Notizen noch einer Tonband-Aufzeichnung belegen. Der mittlerweile pensionierte Ermittler wurde zudem später überführt, in anderen Fällen vor Gericht Falschaussagen gemacht zu haben.

Milke kam gegen umgerechnet 235 000 Euro Kaution auf freien Fuß, unterliegt aber einer nächtlichen Ausgangssperre und darf keinen Alkohol trinken, bis das Verfahren endgültig beendet ist. Im vergangenen Dezember entschied ein Berufungsgericht, die Mordanklage fallenzulassen. Eine Neuauflage des langen Prozesses verstoße gegen die US-Verfassung, weil niemand zweimal für dasselbe Verbrechen vor Gericht gestellt werden dürfe. Nun scheiterte die Staatsanwaltschaft beim Supreme Court des Staates mit ihrem Widerspruch dagegen.

Der Chefankläger Bill Montgomery kritisierte die Entscheidung. Das Gericht habe „Kriminalitätsopfer, vor allem Christopher, ihrer Rechte auf Fairness, ein ordentliches Verfahren und Gerechtigkeit beraubt“. Milkes Anhänger hingegen bejubelten die Entscheidung in sozialen Medien. Ihre Verteidiger reichten unterdessen eine Schadensersatzklage gegen den Staat und die Polizei wegen ihrer ungerechtfertigten Inhaftierung ein. (dpa)

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