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Haiti

© AFP

Nach dem Erdbeben: Plünderungen und Gewalt in Haiti nehmen zu

Während die internationalen Hilfsbemühungen für Haiti erste Erfolge zeigen und die Staatengemeinschaft weitere finanzielle Zusagen macht, nehmen Verzweiflung und Gewalt unter den Überlebenden des Erdbebens auf der Karibikinsel offenbar zu. Die Ex-Präsidenten Clinton und Bush koordinieren die Hilfe der USA.

„Die Bevölkerung von Port-au-Prince kämpft jetzt um das pure Überleben“, erklärte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) am Montag. „Die Nerven liegen blank, während den hungrigen und durstigen Überlebenden langsam bewusst wird, was sie verloren haben.“ Die Lebensmittelpreise seien seit dem Erdbeben am Dienstag vergangener Woche explodiert, nur wenige Menschen hätten inzwischen Zugang zu sanitären Anlagen, Wasser, Essen, ärztlicher Hilfe und Unterkünften, sagte Riccardo Conti, Leiter der IKRK-Delegation.

„Die Plünderungen haben zugenommen, die Sicherheitslage ist fatal“, sagte eine Sprecherin der Don-Bosco-Mission. Die haitianische Regierung rief den Ausnahmezustand aus. Anlass seien chaotische Zustände mit ersten Unruhen und weiterhin großen Versorgungsengpässen. Plünderer räumten in der Innenstadt Geschäfte leer und lieferten sich gegenseitig und mit der Polizei Feuergefechte. Der Notstand soll vorerst bis Ende des Monats aufrechterhalten werden. Die USA wurden ersucht, für die Sicherheit in Haiti zu sorgen und langfristig beim Wiederaufbau zu helfen. Am Montag wurden nach Militärangaben bis zu 12  000 US-Soldaten in Haiti erwartet. Nach Angaben der haitianischen Regierung wurden inzwischen 70 000 Tote in Massengräbern beerdigt. Die Gesamtzahl der Todesopfer wurde von Regierungsmitgliedern auf 100 000 bis 200 000 geschätzt.

Die europäischen Regierungen und die EU-Kommission versprachen auf einem Treffen in Brüssel 120 Millionen Euro Soforthilfe für die Menschen in Not. Aus der EU-Gemeinschaftskasse sollen außerdem 300 Millionen Euro für kurz- und langfristige nichthumanitäre Hilfe kommen: Sie sollen unter anderem für die Wiederherstellung der staatlichen Strukturen verwendet werden. Eine internationale Konferenz im kanadischen Montreal am 25. Januar soll die weltweite Welle der Hilfsbereitschaft koordinieren.

Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton ist am Montag nach Haiti gereist, um sich dort ein Bild von der Situation zu machen. Clinton, der auch UN-Sonderbeauftragter für Haiti ist, will demnach unter anderem mit Präsident René Préval und auch mit Vertretern von Hilfsorganisationen zusammenkommen. Clinton und sein Nachfolger George W. Bush waren von US-Präsident Barack Obama ernannt worden, um die Hilfe für das Erdbebenland zu koordinieren.

Der Flughafen und die Zugangsstraßen zur Hauptstadt sind nach Angaben des UN-Koordinationsbüros für Humanitäre Hilfe (OCHA) weiter völlig überlastet. In den nächsten 48 Stunden könnten somit keine neuen Hilfslieferungen eingeflogen werden, teilte OCHA mit. Es gebe keine Lagermöglichkeiten mehr.

Die Erdbebenkatastrophe hat in Deutschland große Hilfsbereitschaft ausgelöst. „Einen solchen Ansturm an Spendern haben wir seit dem Tsunami nicht mehr erlebt“, erklärte das Bündnis „Entwicklung hilft“. Mehr als vier Millionen Euro an Spenden seien durch die ersten Aktionen eingegangen. Nach der Tsunami-Katastrophe von 2004 wurden 124   Millionen Euro in Deutschland an Spenden gesammelt. (mit dpa)

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