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Ein UH-1Y Huey in Einsatz in Nepal. Ein Hubschrauber dieses Typs wurde nach einem Hilfseinsatz vermisst. Das Wrack ist am Freitag an der Grenze zu China gefunden worden.

© AFP

Nach den Erdbeben im Himalaya: Wrack von verschollenem Hubschrauber in Nepal gefunden - Besatzung vermisst

Das Wrack des verschollenen US- Hubschraubers ist an der Grenze zu China gefunden worden. Der Helikopter war nach dem schweren Nachbeben in Nepal während eines Hilfseinsatzes abgestürzt, acht Soldaten werden vermisst. Die Überlebenden des Bebens legen sich derweil aus Angst mit angezogenen Schuhen schlafen.

Das Wrack des während eines Hilfseinsatzes im Erdbebengebiet in Nepal verschollenen US-Helikopters ist nahe der chinesischen Grenze entdeckt worden. "Wir wissen nicht, ob es Überlebende gibt", sagte ein Sprecher der nepalesischen Armee am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Der offenbar 70 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kathmandu abgestürzte Helikopter habe bislang nur aus der Luft begutachtet werden können, ein Einsatz am Boden liefe jedoch an, sagte der Sprecher.

Der Helikopter der Marineinfanteristen vom Typ UH-1Y Huey hatte nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums am Dienstag nahe dem Ort Charikot einen Rettungseinsatz geflogen, nachdem Nepal zum zweiten Mal binnen weniger Wochen von einem schweren Erdbeben erschüttert worden war. An Bord waren demnach sechs Soldaten aus den USA und zwei aus Nepal. Der Hubschrauber habe gerade Hilfsgüter abgeworfen, als auf dem Weg zu einem anderen Einsatzort der Kontakt abbrach. Dem Pentagon zufolge hatte die Besatzung zuvor von einem "Treibstoffproblem" gesprochen.

Die Schäden des Erdbebens in Nepal: Viele zerstörte Häuser sind nur über Hängebrücken zu erreichen.
Die Schäden des Erdbebens in Nepal: Viele zerstörte Häuser sind nur über Hängebrücken zu erreichen.

© AFP

Bei dem Erdbeben der Stärke 7,3 kamen am Dienstag alleine in Nepal nach Behördenangaben mindestens 76 Menschen ums Leben. Im Norden Indiens starben mindestens 17 weitere Menschen. Die neuerliche Naturkatastrophe verschärft die Notlage der Bevölkerung in Nepal, die noch immer unter den Folgen des verheerenden Erdbebens vom 25. April leidet. Nach jüngsten Angaben waren dabei mehr als 8000 Menschen ums Leben gekommen, etwa 16.000 weitere wurden verletzt. Etwa 300 US-Soldaten unterstützen die Rettungsarbeiten in Nepal.

Erdbeben-Überlebende in ständiger Angst

„Einer meiner Patienten, ein kleiner Junge, geht mit seinen Schuhen ins Bett, damit er gleich losrennen kann, wenn wieder ein Erdbeben kommt“, erzählt Arjun Kunwar. Er ist Psychiater in der Metro Clinic in Nepals Hauptstadt Kathmandu - und behandelt seit drei Wochen Menschen, die in ständiger Angst vor der nächsten Katastrophe leben. „Eines der Kinder kann nicht schlafen und lässt auch die anderen Familienmitglieder nicht zur Ruhe kommen, weil es immer denkt, es könnte ein Erdstoß kommen.“ Überall in Nepal sind die Menschen am Rand ihrer Kräfte - körperlich und auch mental. Sie haben nach dem Beben vom 24. April mehr als 8000 Tote bestattet. Tausende sind verletzt, Hunderttausende haben ihre Häuser verloren, und Millionen benötigen Nahrungsmittel.

Dabei wissen sie noch nicht einmal, ob das Schlimmste schon vorbei ist. Ob also noch ein großes Nachbeben folgt, oder - wie in den vergangenen Tagen - nur kleinere. „Ich kann nicht mehr sagen, ob ich es bin, der zittert, oder die Erde“, meint Bibek Bhandari.
Auch der Inder Amrit Sharma, der gerade in Nepal ist, erzählt auf Twitter, er schlafe quasi immer mit einem offenen Auge. „Die unheimlichste Erfahrung nach dem Erdbeben ist es, sich hinzulegen, um ein Nickerchen zu halten, und dann nicht zu wissen, ob gerade ein Nachbeben passiert oder das eigene Herz rast.“ Mindestens vier Menschen, sagen die nepalesischen Behörden, seien bei dem großen Nachbeben nicht durch einstürzende Häuser gestorben, sondern bei einem Herzinfarkt.

Kinder leiden unter Alpträumen

Die Vereinten Nationen sind der Ansicht, dass emotionale erste Hilfe vor allem für Kinder genauso wichtig ist wie Unterkünfte, Essen und sauberes Wasser. „Viele Kinder leiden unter Alpträumen, manche stehen so unter Stress, dass sie nicht schlafen können, während andere ihre Eltern gar nicht mehr loslassen wollen“, sagt Rownak Khan vom Kinderhilfswerk Unicef. Bei jedem neuen Beben sehe er, wie sich die Menschen umarmten und weinten.

Die Schäden des Erdbebens in Nepal: Rettungskräfte suchen in den Trümmern eines eingestürzten Hauses weiter nach Überlebenden oder Leichen.
Die Schäden des Erdbebens in Nepal: Rettungskräfte suchen in den Trümmern eines eingestürzten Hauses weiter nach Überlebenden oder Leichen.

© AFP

Das Haus von Minerva Shrestha in der Stadt Nuwakot stürzte beim großen Beben der Stärke 7,8 ein. Danach zog die junge Mutter mit ihrem kleinen Kind in ein Zelt im Vorgarten von Verwandten in der Hauptstadt Kathmandu. „Seit dem Erdbeben hat sich die Persönlichkeit meines Sohnes völlig verändert“, sagt Shrestha. „Schon beim kleinsten Geräusch oder Bewegung erschrickt er und weint und weint und will nicht essen.“ Psychologe Kunwar erklärt, täglich kämen mehrere Eltern mit völlig verängstigten Kindern zu ihm. Deswegen trainiere er seit Tagen Kinderärzte und Lehrer, damit sie mit gestressten Kindern umzugehen lernen. Auch Hilfsorganisationen gehen in die Flüchtlingscamps, um mit entspannenden Massagen zu helfen oder Blumen zur Aufmunterung zu verschenken.

„Viele Menschen fühlen sich so ruhelos und hilflos“, sagt Kunwar. Einer seiner Patienten, ein 13 oder 14 Jahre alter Junge, habe sogar Selbstmord begehen wollen. „Er hatte schon ein Seil gekauft.“ Hoffnung auf die Zukunft macht der indische Psychologe Nimesh Desai, der nach dem schweren Erdbeben in Gujarat 2001 jahrelang Studien durchführte. „Die allermeisten Menschen sind nach wenigen Wochen wieder in Ordnung, entweder aus sich selbst heraus oder mit etwas Hilfe der Gemeinschaft“, sagt Desai. Anfängliche Symptome wie Angst, Unsicherheit, Stress und Schlaflosigkeit seien nicht ungewöhnlich. „Das ist eine normale Reaktion in einer anormalen Situation.“ (dpa, AFP)

Auch dank der Spenden unserer Leser konnten die lokalen Partner der Deutschen Welthungerhilfe in Nepal bereits die ersten Decken und Planen an 2000 Familien in der Provinz Sindhupalchowk ausgeben. Im Distrikt Dhading wurden Lebensmittelpakete an 2000 Familien verteilt. Bitte spenden Sie weiter an: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Konto bei der Berliner Sparkasse, BLZ 100 500 00, Ktnr.: 250 030 942. Die BIC lautet: BELADEBE. IBAN: DE43 1005 0000 02500309 42. Namen und Anschrift bitte für den Spendenbeleg notieren (im Internet: www.tagesspiegel.de/spendenaktion).

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