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Nach der Notlandung des Riesen-Airbus in Singapur musste die Flughafenfeuerwehr ran. Hier wird das beschädigte Triebwerk gekühlt.

© Reuters

Update

Nach Notlandung des Qantas-A380: Airbus und Rolls Royce ordnen umfassende Triebwerkkontrollen an

Nach der A380-Notlandung lassen Airbus und Rolls Royce sämtliche Maschinen mit den gleichen Triebwerken kontrollieren. Die Airline Qantas stoppt alle A380-Flüge - anders die Lufthansa.

Die A380-Maschine der australischen Fluggesellschaft musste wegen eines Triebwerkschadens in Singapur notlanden. Das Unternehmen werde nun die neuen Riesenflugzeuge am Boden lassen, bis alle nötigen Informationen vorlägen, sagte Qantas-Chef Alan Joyce in Sydney. Am Donnerstagmittag ordneten der Flugzeughersteller Airbus und der Triebwerkhersteller Rolls-Royce dann vorsorgliche Sicherheitskontrollen an allen weiteren mit dem gleichen Triebwerk ausgestatteten A380 an.

Aufgrund der technischen Checks würden sich alle vorgesehen Flüge mit dem Megaliner verzögern, teilte kurz darauf bereits "Singapore Airlines" auf ihrer Webseite mit. Man werde alle betroffenen Passsagiere über die weitere Entwicklung informieren. Einem Lufthansa-Sprecher war die Herstelleranweisung zunächst nicht bekannt.

Bei der Lufthansa, die derzeit drei A380 mit den gleichen Trent-900-Triebwerken wie Qantas betreibt, sah man keinen Grund, die Maschinen so wie bei der Qantas vorerst aus dem Verkehr zu ziehen. Das Modell habe sich bei der deutschen Fluggesellschaft als "hocheffizient und zuverlässig erwiesen", sagte Sprecher Thomas Jachnow dem Tagesspiegel.

Von den drei bisher in Dienst gestellten Exemplaren befanden sich heute Mittag zwei auf Rückflügen von Tokio und Peking nach Frankfurt, die ständig per Telemetrie übertragenen Triebwerksdaten zeigten keine Auffälligkeiten. Die dritte Maschine wurde in Frankfurt für einen Flug nach Japan vorbereitet. Die Lufthansa verfügt über drei A380 und hat weitere zwölf bestellt. Qantas besitzt derzeit sechs Maschinen vom Typ A380. Vierzehn weitere sollen geliefert werden.

"Wir nehmen den Vorfall sehr ernst" sagte der Sprecher der in Köln ansässigen, europäischen Flugsicherheitsbehörde EASA, Jeremie Teahan, dem Tagesspiegel. Man stehe in engem Kontakt mit Airbus und dem Triebwerkshersteller Rolls Royce. Airbus unterstützt nach Angaben eines Firmensprechers ebenso wie Rolls-Royce die Ermittlungen der Behörden. "Die Sicherheit hat für uns stets höchste Priorität", sagte ein Rolls-Royce-Sprecher. "Wir analysieren derzeit die verfügbaren Informationen und arbeiten mit unseren Kunden, um deren Flugbetrieb zu unterstützen."

Qantas hatte schon im August Triebwerk-Probleme

Erst am 30. August hatte eine ebenfalls mit Rolls-Royce-Antrieb ausgestattete Boeing 747-400 der Qantas nach dem Start in San Francisco umkehren müssen, nachdem aufgrund eines technischen Defektes Teile die Triebwerksverkleidung durchschlagen und die Tragfläche beschädigt hatten. Betroffen war hier aber ein Triebwerk einer anderen Beureihe. Auch in diesem Fall dauert die Untersuchung noch an. Die Fluggesellschaft Qantas gilt als sehr sicher und hatte bislang noch keinen Absturz, bei dem Menschen starben, zu beklagen.

Teile des Triebwerks werden nach Angaben von Qantas-Chef Joyce zur Untersuchung voraussichtlich nach Deutschland und damit auch nach Brandenburg geschickt.

In Dahlewitz bei Berlin hat der Triebwerkshersteller erst im Mai sein globales Mechanical Test Operations Centre eröffnet. Im thüringischen Arnstadt haben Rolls-Royce und Lufthansa Technik zudem einen gemeinsamen Wartungsbetrieb.

Der Riesen-Airbus kann auch mit drei Triebwerken weiterfliegen

Kurz nach dem Start in Singapur war es bei einem der vier Triebwerke an dem riesigen A380 zu Problemen gekommen. Die Maschine kehrte mit beschädigtem Triebwerk zum Flughafen Singapur zurück. Der mit vier Triebwerken ausgestattete A380 kann nach dem Ausfall eines Triebwerks problemlos auch mit drei Triebwerken fliegen. Trotzdem entschied sich die Crew für die Rückkehr nach Singapur.

„Die Maschine landete um 11.47 Uhr“, sagte eine Sprecherin der Zivilluftfahrtbehörde in Singapur. Das war um 4.47 Uhr MEZ. Den australischen Behörden zufolge wurde keiner der 459 Menschen an Bord der Maschine verletzt. Das Flugzeug war auf dem Weg von London nach Sydney und hatte in Singapur einen Zwischenstopp gemacht.

"Kein Zusammenhang mit Ausbruch des Vulkans Merapi"

Auch über einen Zusammenhang mit dem Ausbruch des auf der indonesischen Insel Java liegenden Vulkans Merapi wird spekuliert. Experten halten es jedoch für ausgeschlossen, dass der A380 in dessen Aschewolke geriet und deren Partikel zum Triebwerksschaden führten. Das Trent explodierte 15 Minuten nach dem Start über der südlich von Singapur liegenden Insel Batam, rund 800 Kilometer nordwestlich von Java, Die von dem für den Bereich zuständigen Vulkanasche-Beratungszentrum im australischen Darwin befand sich die Aschewolke indessen über dem Zentrum von Java und südlich davon.

Das indonesische Verkehrsministerium hat ebenfalls Spekulationen über einen Zusammenhang zwischen Triebwerksschaden und Vulkaneruption zurückgewiesen. Der Merapi ist in den letzten Stunden zwar aktiver geworden, ein Flugverbot für Indonesien wurde nicht verhängt. Allerdings hat das Verkehrsministerium eine Warnung ausgesprochen und rät, den Luftraum um den Vulkan zu umfliegen.

Zuständig für die Untersuchung der Ursachen ist laut Airbus die australische Luftsicherheitsbehörde ATSB.

A380-Passagier: Eine fast unheimliche Stille an Bord

Der deutsche Flugpassagier Ulf Waschbusch sagte, die Fluggäste des A380 seien von der Crew über die Probleme unterrichtet worden. "Wir alle blieben sehr ruhig", sagte Waschbusch dem Sender CNN. "Es war eine fast unheimliche Stille." Der Deutsche, der in Singapur lebt und erstmals nach Australien flog, sagte weiter: „Ich schaute aus dem Fenster und sah Flammen.“ Vor der Rückkehr nach Singapur habe der Pilot des zweistöckigen Flugzeugs mehrere Runden gedreht und Kerosin abgelassen. Auch Passagier Lars Sandberg lobte die Informationspolitik des Piloten. "Wir wurden alle fünf Minuten über den neuen Stand der Dinge aufgeklärt", sagte Sandberg dem Fernsehsender BBC. Deshalb habe sich die Panik an Bord in Grenzen gehalten. "Ich bin trotzdem froh, am Leben zu sein", so Sandberg und fügte hinzu, er freue sich, wenn er bald nach Australien weiterfliegen könne.

Flug QF32 der Fluggesellschaft Qantas war um 09.56 Uhr (Ortszeit) in Singapur in Richtung Sydney gestartet. „Wie in diesen Fällen üblich, hat der Pilot sich um eine schnelle Landeerlaubnis für die Rückkehr nach Singapur bemüht“, teilte die Fluggesellschaft mit. Die Maschine sei dort sicher gelandet.

Erste Berichte über ein in Not geratenes Flugzeug kamen von der indonesischen Insel Batam unweit von Singapur. „Wir haben eine laute Explosion gehört und dann am Flügel dicken schwarzen Rauch gesehen“, sagte ein Augenzeuge dem Fernsehsender Metro TV. Qantas wies dies zurück. Es habe keine Explosion gegeben. Bei einem der Triebwerke war allerdings durch den Vorfall die gesamte Ummantelung weggerissen. Auch an der Tragfläche gab es Schäden.

Die Einwohner von Bantam fanden bis zu ein Meter lange Trümmerstücke auf dem Boden, auf denen das rote Qantas-Logo eindeutig zu erkennen war. Nach Angaben der indonesischen Flugsicherheitsbehörde ließ die Maschine vor der Notlandung über Indonesien Flugbenzin ab.

Insgesamt 37 Airbus A380 weltweit unterwegs

Der Airbus 380 ist das größte Passagierflugzeug der Welt. Als erste Fluggesellschaft stellte Singapore Airlines die Maschine im Herbst 2007 in den Dienst. Der Jungfernflug ging von Singapur nach Sydney. Bei der betroffenen Qantas-Maschine mit dem Kennzeichen VH-OQA handelt es sich um den ersten, am 19. September 2008 an die australische Airline ausgelieferten A380, der auf den Namen der australischen Flugpionierin Nancy-Bird Walton getauft wurde.

Die 37 insgesamt weltweit bisher ausgelieferten A380 haben seit dem ersten Passagierflug vor rund drei Jahren rund 7,5 Millionen Passagiere befördert. Insgesamt haben 16 Luftverkehrsgesellschaften und ein Privatkunde 234 Exemplare des Megaliners bestellt.

Die Fluggesellschaften haben beim Kauf des Riesen-Airbus A380 zwei Triebwerke zur Auswahl. Neben dem Trent-900 von Rolls-Royce können sie sich für das GP7200 des Konsortiums Engine Alliance (EA) entscheiden. Zur EA gehören die Hersteller General Electric, Pratt & Whitney sowie die deutsche MTU. (mit dpa)

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