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Ein verletzte Frau wird nach einer Explosion in Kabul ins Krankenhaus gebracht.

© REUTERS/Mohammad Ismail

Update

Nach der Schule der Tod: Mehr als 50 Menschen sterben bei Anschlag in Kabul

Beim ersten massiven Anschlag seit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen aus Afghanistan sterben mehr als 50 Menschen – darunter viele junge Mädchen

Nach dem Anschlag mit mehr als 50 Todesopfern in der afghanischen Hauptstadt Kabul haben sich am Sonntag mehrere Hundert Menschen am Tatort versammelt. In der Nähe einer großen Schule im Westen der Stadt lagen immer noch Dutzende Mädchenschuhe, blutbefleckte Schulhefte und zerfetzte Rucksäcke. Männer wischten sich mit Stofftüchern Tränen aus den Augen. Mädchen im Alter von sechs oder sieben Jahren hielten sich an der Hand.

Mehrere Männer äußerten Ärger darüber, dass Mädchen und junge Frauen angegriffen wurden. „Sie sollten uns Männer töten. Welche Sünde haben diese jungen Mädchen begangen?“, fragte ein Passant. Nach Angaben von Anwohnern sind viele der Opfer Mädchen unter 16 Jahren. Direkt am Schultor versuchte ein Mann aus Sorge vor einem möglichen weiteren Anschlag, die versammelten Menschen auseinanderzutreiben.

Am Samstag waren unweit des Eingangs einer Schule binnen weniger Minuten eine Autobombe und zwei Minen explodiert. Dabei kamen nach Angaben des Innenministeriums mehr als 50 Menschen ums Leben. Mindestens 100 wurden verletzt. Befürchtet wird, dass die Opferzahl noch weiter steigt. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Angriff.

In dem Stadtteil, in dem sich der Anschlag ereignete und der vor allem von schiitischen Hasara bewohnt wird, fanden in der Vergangenheit immer wieder schwere Angriffe auf zivile Einrichtungen wie Bildungszentren oder etwa Sportclubs statt. Viele davon reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich. Sunnitische Extremisten wie die Mitglieder der IS-Terrormiliz bekämpfen Schiiten als Abtrünnige.

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In der Hauptstadt Kabul gab es lange Zeit keine größeren Bombenanschläge mehr, seitdem die militant-islamistischen Taliban mit den USA im Vorjahr ein Abkommen unterzeichnet hatten. Stattdessen wurden viele Politiker, Geistliche sowie Intellektuelle gezielt getötet.

Taliban bestritten eine Involvierung

Die Taliban bestritten eine Involvierung. Ein Sprecher des Innenministeriums schrieb auf Twitter, es gebe keine Zweifel, dass der Anschlag eine Aktion der Taliban gewesen sei.

Auch Präsident Aschraf Ghani beschuldigte die Taliban. Diese hätten erneut gezeigt, dass sie nicht nur nicht bereit seien, die Krise friedlich zu lösen, sondern vielmehr den Friedensprozess so sabotieren würden, hieß es in einer Mitteilung des Präsidentenpalastes. Die afghanische Regierung befindet sich seit September des Vorjahres in Friedensgesprächen mit den Taliban. Allerdings treten diese auf der Stelle.

Der US-Botschafter in Kabul, Ross Wilson, bezeichnete den Anschlag als „abscheulich“. Dieser „unverzeihliche Angriff“ auf Kinder sei ein Angriff auf die Zukunft Afghanistans. Die EU verurteilte die Tat ebenfalls und sprach von einer Attacke auf alle Menschen weltweit, die für die Rechte von Frauen und Mädchen einstehen sowie für das Recht auf Bildung.

Rund 10.000 Nato-Soldaten der Ausbildungsmission „Resolute Support“, darunter rund 2500 Soldaten aus den USA und rund 1100 aus Deutschland, werden bis spätestens 11. September das Land verlassen. Das Datum markiert den 20. Jahrestag der Terroranschläge in den USA von 2001, die der Anlass für den Einsatz waren. Schon seit Wochen wird Material aus dem Land gebracht. Die Friedensgespräche zwischen den militant-islamistischen Taliban und der Regierung in Kabul treten derweil auf der Stelle.

Die Zeit nun sehen viele als Test, ob die afghanischen Sicherheitskräfte, die jahrelang von den US- und Nato-Truppen ausgebildet und im Kampf unterstützt wurden, die Regierung verteidigen und für Sicherheits im Land sorgen können. (dpa, AFP)

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