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Panorama: New Economy: Mit der Pleite kommen die Anzüge

Bis vor wenigen Monaten galt: Die "Old Economy" stand für Schlips, Anzug, gestärkte Hemden und ordentliche Treter. Die "New Economy" wurde dagegen von T-Shirts, Khakis und Tennisschuhen repräsentiert.

Bis vor wenigen Monaten galt: Die "Old Economy" stand für Schlips, Anzug, gestärkte Hemden und ordentliche Treter. Die "New Economy" wurde dagegen von T-Shirts, Khakis und Tennisschuhen repräsentiert. Mit dem Debakel der New Economy feiern nicht nur altgediente Werte wie das Streben nach Profit eine Renaissance in Silicon Valley, auch die Kleiderordnung, so prophezeien Beobachter, dürfte sich dem rauheren Wind anpassen. Denn machten sich zuvor die Jungunternehmer, die zur Vorstandssitzung im Freizeithemd erschienen, indirekt über die "stiff shirts" (steifen Hemden), wie die Vertreter der Alten Wirtschaft genannt werden, lustig, so blieb selbigen mit der Krise der Startup-Unternehmen das Lachen im Hals stecken.

Zum Thema Online Spezial: New Economy Die "stiff shirts" samt Schlips sind plötzlich wieder in. Und Jungunternehmer in und um Silicon Valley, deren Job in den vergangenen Monaten zunehmend einem Überlebenstraining glich, ähneln wieder mehr dem Investmentbanker in New York als einem Studenten beim Ferienjob. Mit der Wende, so die Auguren, kommt auch der "lässige Freitag" in Gefahr. Vor allem in den 90er Jahren machte dieser Furore, wenn ganze Betriebe von der Sekretärin bis hinauf zum Boss am Freitag betont leger zur Arbeit erschienen.

Lässigkeit für gutes Betriebsklima

Das bereitete zwar manchem älteren Arbeitnehmer Kopfschmerzen, nicht wissend, wo leger anfängt und wo leger aufhört, aber was tat die Unternehmensleitung nicht alles, um die jungen Arbeitnehmer bei Laune und der Stange zu halten. Der "casual friday" sollte das Betriebsklima auflockern, die Klassenunterschiede durchmischen und einen reibungslosen Übergang vom Schreibtisch zur Happy Hour in der Nachbarschaftsbar garantieren. In Silicon Valley oder in New Yorks Silicon Alley wurde dies noch perfektioniert, indem Betriebe die Freizeitgesellschaft gleich ins Haus holten. Tischfussball, Yoga- und Kickboxing-Klassen und das gemütliche Beisammensitzen mit Gourmetdinner gehörten ebenso dazu wie fette Aktienoptionen.

Doch so schnell letztere ihren Wert verloren, so schnell verschwanden auch die freien Mittagessen, die Hunde unterm Schreibtisch, die Aromatherapeuten und Feng Shui-Spezialisten. Betriebe, die die radikale Auslese der vergangenen Monate überlebten, mögen zwar weiterhin Softdrinks kostenlos anbieten, sportliche Flitzer als Firmenwagen gehören jedoch der Vergangenheit an. Was die Herrenausstatter freut, ist das Leid all derjenigen, die sich an diesen ausschweifenden Zeiten labten. Dazu gehören die Autoverkäufer, denen die Porsche Boxster aus den Händen gerissen wurden, die Vermieter, die Höchstangebote plus Aktienoptionen akzeptierten, die gemeinnützigen Vereine, die von der Spendenwut profitierten und nicht zuletzt all diejenigen, die sich Goldgräbern gleich auf die "New Economy" stürzten.

Die legeren Zeiten sind "out". Gut besucht sind nun neben Festen, auf denen sich frisch Gefeuerte zuprosten, die so genannten Pink Slip-Parties, auf denen Jobsuchende mit Bewerbungsschreiben unterm Arm nach potenziellen Arbeitgebern Ausschau halten, sowie Anti-Internet-Fiestas, auf denen sich die "Opfer" der Krise über einem Bier gegenseitig Trost zusprechen.

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