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Panorama: Nicht von Pappe: Bush macht Mainzer närrisch

Anhaltende Proteste gegen Rosenmontagsmotiv

Von Oliver Bilger

Die Figur von George W. Bush mit überdimensionalem Hintern auf einem Rosenmontagswagen erregt wenige Tage vor dem jecken Höhepunkt am 7. Februar in Mainz die Gemüter. Hinter dem Pappmaschee-Präsidenten eilt CDU-Chefin Angela Merkel zu einer kleinen Leiter, die an dessen Hintern lehnt. In den vergangenen Tagen protestierten zahlreiche Mainzer gegen dieses Motiv, zumal Bush zwei Wochen nach Rosenmontag Mainz besuchen wird. Auch Abgeordneten im Stadtrat geht der Spaß zu weit: Einzelne CDU-Politiker hätten gar versucht, Einfluss auf den Start des Motivwagens zu nehmen, sagt Zug-Organisator Ady Schmelz vom Mainzer Carneval Verein (MCV) und selbst für die FDP im Stadtrat. Auch der Sprecher der Stadt, Markus Biagioni, berichtet von „mehreren Briefen“ in denen „CDU-Mitglieder und Leute aus dem öffentlichen Leben“ den SPD-Oberbürgermeister gebeten hätten, auf den Karnevalsverein einzuwirken. Dies sei allerdings nicht Aufgabe der Stadtverwaltung, stellt Biagioni klar.

Armin Korn, Fraktionsvorsitzender der Christdemokraten, hat „parteiübergreifende“ Beschwerden vernommen. Er wolle auch nicht bestreiten, dass es Vertreter gebe, die das Motiv am liebsten verhindern würden. Eine Einmischung schließt auch Korn strikt aus – ohnehin sei es dazu viel zu spät.

Weitere Reaktionen kommen auch aus der CDU-Bundestagsfraktion: „Bei aller Freiheit der Narretei ist das ein Stück zu weit gegangen“ sagt Ute Granold, Abgeordnete aus Mainz. In einer „Flut von Mails und Faxen“ gingen Beschwerden bei ihr ein. Einige forderten sogar sie auf, den Wagen aus dem Verkehr zu ziehen. Auch bei mehreren Parteikollegen rege sich „eine ganze Menge Widerstand“. So habe der Vizefraktionsvorsitzende Bosbach sie darauf angesprochen. Er finde die Darstellung geschmacklos, sagt Granold.

Unterdessen wird der Rosenmontags-Streit auch in den Karnevalshochburgen rheinaufwärts beachtet – zumal ein sehr ähnliches Motiv vor zwei Jahren über Düsseldorfer Straßen rollte. „Ich finde den Wagen herrlich“, erklärt Jürgen Rieck, Geschäftsführer des Comitees Düsseldorfer Carneval. Die Aufregung in Mainz sei „absolut unnötig“. Auch wenn die Idee bei ihnen „ein bisschen abgekupfert“ sei, finde er das Motiv noch immer „hervorragend“. Hätte es das Thema nicht schon gegeben, „würde der Wagen ohne Probleme in Düsseldorf laufen“. Aus Streit in der Vergangenheit haben die Düsseldorfer Jecken gelernt: Sie zeigen die Motive seitdem nicht mehr vor dem Rosenmontag. „Die Wagen werden im Zug eingereiht und dann müssen die Leute damit fertig werden.“ Das empfiehlt Rieck auch den Mainzern.

Der Zugleiter des Kölner Rosenmontagszuges hält sich zurück: „Das ist eine Geschmacksfrage, ob ich eine Person unter der Gürtellinie darstelle“, sagt Alexander von Chiari. „Wenn der Mainzer Narr das gut findet, dann muss er das tun.“ Doch viele Narren schimpfen seit der Präsentation der Entwurfskarikatur über die derbe Darstellung. Besonders, da sich Mainz im Kreis der Karnevalshochburgen gerne als feinsinnig sieht und dort der politische Witz eine lange Tradition besitzt. In dieser Kampagne droht die Satire jedoch zur Zote abzugleiten. Das fürchten zumindest aufgebrachte Einwohner und beschwerten sich bei Mainzer Zeitungen: „Das Motiv ist an politischer und menschlicher Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten“, ereiferte sich ein Leser.

Zugmarschall Schmelz will unterdessen mit den Verantwortlichen des MCV beraten, ob auch sie künftig auf eine Vorab-Präsentation der Motive verzichten. „Der Zeitaufwand zu erklären, was Satire bedeutet, ist schon sehr intensiv“, stöhnt der 61-Jährige. Allerdings habe er in den vergangenen Tagen vermehrt positive Reaktionen auf den umstrittenen Wagen erhalten. Meist von Stadtratsmitgliedern der SPD und der FDP.

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