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David Karp, Chef von Tumblr.

© AFP

Niedergang einer Marke: Facebook ist out – Tumblr ist in

Bei den 13- bis 25-Jährigen hat der Dienst von David Karp den Platzhirsch Mark Zuckerberg abgehängt. Ein Netzwerk, das von Eltern, Lehrern und Chefs genutzt wird, gilt als uncool.

Coole Marken können ihren Nimbus ganz schnell verlieren. Diese bittere Erfahrung musste auch Apple machen. „Forbes“ berichtet, Jugendliche fänden die Produkte mit dem Apfel nicht mehr cool. Grund dafür sei in erster Linie, dass alle Erwachsenen Apple-Produkte benutzten – und was die eigenen Eltern benutzen, das könne nicht cool sein. Der Höhenflug des US-Unternehmens neige sich unweigerlich dem Ende zu. Jetzt ist Facebook an der Reihe – aus ähnlichen Gründen. Auslöser für die Debatte ist ein Kommentar von Blake Ross, dem bisherigen Chef-Produktmanager von Facebook. Er hat seinen Ausstieg aus dem Unternehmen angekündigt. In seinem Abschiedsposting auf Facebook nennt er als Hauptgrund für seinen Rückzug, dass der Sohn eines Journalisten Facebook nicht mehr cool fände.

Sind jetzt die Tage von Facebook gezählt? Der Kommentar war ironisch gemeint, doch in jedem Witz steckt ein Körnchen Wahrheit: Tatsächlich wenden sich viele Jugendliche in den USA anderen sozialen Netzwerken zu. Twitter und Tumblr sind dabei die größten Konkurrenten des Giganten mit dem blauen Logo. In einer Studie des Umfrage-Startups Survata gaben 59 Prozent der 13- bis 25-Jährigen an, Tumblr intensiv zu nutzen. Damit überflügelte Tumblr den Platzhirsch Facebook (54 Prozent). Nur 20 Prozent hingegen nutzen regelmäßig Twitter. Der Erfolg von Tumblr als sozialem Netzwerk überrascht, weil der Dienst, durch den hauptsächlich Fotos weiterverbreitet werden, auf den ersten Blick nicht viel mit Facebook gemeinsam hat. Was macht Tumblr trotzdem zu einem Facebook-Konkurrenten?

Ein wichtiger Aspekt ist die aktuelle Nutzerstruktur von Facebook. War Facebook vor fünf Jahren hauptsächlich eine Spielwiese für Studenten, so tummeln sich heute auf Facebook auch Lehrer, Eltern, Kollegen, Chefs. Konnte man vor fünf Jahren noch ungeniert kompromittierende Bilder mit seinen engsten Freunden teilen, so überlegt man sich heute besser zweimal, ob die Urlaubsbilder aus Mallorca für alle 634 Freunde zugänglich sein sollen. Facebook selbst hat auf dieses Problem vor einiger Zeit reagiert und bietet Nutzern die Möglichkeit, in „enge Freunde“, „Freunde“ und „Familie“ zu unterscheiden. Das ist lobenswert – als weitgehend anonymer virtueller Freundeskreis hat Facebook trotzdem ausgedient. Viele sehen Tumblr hier in der Rolle des Kronprinzen. Das Netzwerk ist im Kern ein Mikroblogging-Dienst, der es erlaubt, in kürzester Zeit und mit wenig Aufwand ein eigenes Blog zu starten. Außerdem kann man anderen Tumblr-Blogs folgen und Inhalte, ähnlich wie bei Facebook oder Twitter, problemlos miteinander teilen. Die meisten Nutzer des Netzwerks beschränken sich darauf, von anderen erstellte Inhalte weiterzuverbreiten. Laut Tumblr-Gründer David Karp kommen dort auf jeden Produzenten – also jene Nutzer die Fotos oder Texte erschaffen oder remixen – neun Nutzer, die interessante Inhalte nur weiterverbreiten.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg.

© AFP

Die Produzenten betreiben häufig Fotoblogs, die sich einem ganz bestimmten Thema widmen: Mode, Natur, Kunst, Humor. Weltberühmt wurden etwa die „lookingatthings“-Blogs, die berühmte Persönlichkeiten, wie den verstorbenen nordkoreanischen Diktator Kim Yong Il, beim Betrachten verschiedener Dinge zeigten. Auch ein Blog, der Chinesen zeigt, die sich zufällig kleiden wie Berlin-Mitte-Hipster, erlangte große Berühmtheit. Inhalte, die gefallen, können mit einem Klick weiterverbreitet werden. Tumblr wird so zu einer Identitätsmaschine, bei der Nutzer sich selbst verwirklicht, in dem er der Welt zeigt, was ihm gefällt. Anders als bei Facebook agieren die Nutzer bei Tumblr meistens nicht unter Klarnamen. Wer sich hinter einem Blog versteckt, wissen oft nur die besten Freunde. Und anders als bei Facebook ist es so gut wie unmöglich, Tumblr-Nutzer über die Suchfunktion zu finden.

Die weitgehende Anonymität der Tumblr-Blogs ist wohl auch ein Grund für eine weitere Besonderheit des Netzwerks. Anders als Facebook ist Tumblr gar nicht prüde. Laut Schätzungen wird ein beachtlicher Teil des Traffics der Seite mit erotischen Inhalten erreicht.

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