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Frei und wild. Einst lebten in Nordamerika viele Millionen Prärie- und Waldbisons.

© Gerd Braune

Nordamerika: Freiheit für die Bisons

Die nordamerikanischen Indianer haben einen Vertrag unterzeichnet, um wieder wilde Büffel anzusiedeln. Das soll langsam erfolgen. Doch das Vorhaben ist nicht unumstritten.

Der Bison soll in die nordamerikanische Prärie und die Rocky Mountains als frei lebendes und grasendes Tier zurückkehren. Wo vor dem großen Abschlachten Ende des 19. Jahrhunderts Herden von vielen hunderttausend Bisons über das Grasland zogen, sollen nun wieder große Weideflächen entstehen, die dem Bison Nahrung und Lebensraum bieten. Elf indianische Völker Kanadas und der USA wollen grenzüberschreitend bei der Ansiedlung des Büffels zusammenarbeiten.

In der auf dem Territorium der Blackfeet-Indianer im US-Staat Montana gelegenen Stadt Browning unterzeichneten Vertreter von elf indianischen Völkern den als „historisch“ bezeichneten „Northern Tribes Buffalo Treaty“, den Bison-Vertrag der nördlichen Stämme. Der Bison sei für die Indianer kulturell und spirituell wichtig und spiele eine bedeutende Rolle beim ökologischen Gleichgewicht der Prärie, unterstrich Leroy Little Bear von den Blood-Indianern, ein emeritierter Profesor der Universität von Lethbridge in Alberta. Die Rückkehr des Bisons sei der Versuch, „die kulturelle und ökologische Balance“ wieder zu schaffen.

Zu den Völkern, die den Vertrag unterzeichneten, gehören die Blackfeet, Blood, Siksika, Assiniboine, Sioux, Salish und Kootenai. Sie besitzen oder verwalten nach eigenen Angaben in Kanada und den USA ein Territorium mit rund 2,5 Millionen Hektar Prärie und Weideland – fast dreimal mehr als die Fläche des Yellowstone-Nationalparks, erläutert die Wildlife Conservation Society (WCS).

Wenige Tiere überlebten

In Nordamerika lebten einst viele Millionen Bisons. Ende des 19. Jahrhunderts führte das durch wachsenden Bedarf an Bisonfleisch und -fell ausgelöste „große Abschlachten“ binnen weniger Jahrzehnte fast zur völligen Ausrottung des Bisons. Nur wenige hundert Tiere überlebten in den USA, der Bestand in Kanada wurde auf weniger als 1000 geschätzt. Anfang des 20. Jahrhunderts begannen erste Versuche, den Bison durch Wiederansiedlung zu retten. Heute gibt es nach WCS-Angaben etwa 20.000 freilebende Bisons, von denen aber mehr als die Hälfte auf kleinen Schutzgebieten gehalten werden. Hunderttausende werden auf Farmen gehalten und liefern das teure und begehrte Bisonfleisch.

Umweltverbände bemühen sich seit Jahren um eine Veränderung. Im Yellowstone- und im Banff-Nationalpark, am Grand Canyon, in Utah, South Dakota und Montana wurden wieder Herden angesiedelt. Nun aber sollen statt kleiner Bisonflächen große Lebensräume geschaffen werden. „Wir denken an Flächen, von 200.000 bis 400.000 Hektar, auf denen Herden mit mehr als 1000 Tieren leben können“, erläutert Keith Aune, Bisonexperte der WCS und der Weltnaturschutzorganisation IUCN.

Der Bison spielte über Jahrtausende eine Rolle als „ökologischer Ingenieur“, meint Aune. Die von Bisons bevölkerte Prärie bot Lebensraum für Vögel, Insekten und kleine Säugetiere, der Bison diente Menschen, Grizzlys und Wölfen als Nahrung. Wasserhaushalt und Bodenqualität wurde durch den Bison beeinflusst. „Das alles änderte sich mit der Einführung von Rindern aus Europa“, erläutert Aune. Das von Siedlern aus Europa eingeführte Vieh konkurrierte nun mit den Bisons um Weideland. Der Bison unterlag in diesem Wettbewerb.

Widerstand erwartet

Mit dem Vertrag erhielten die Bemühungen, große Flächen für Bisons zu schaffen, „einen erheblichen Schub“, sagt Aune. Die Indianervölker wollen ihre Bemühungen mit Umweltverbänden und den Regierungen koordinieren, um auf ihrem Territorium, aber auch auf Land, das den Regierungen, Provinzen und Bundesstaaten gehört, Lebensraum für Bisons zu schaffen. „Der Bison ist Teil von uns und wir sind Teil des Bisons, kulturell, materiell und spirituell“, heißt es in dem Vertrag. Ziel sei es, dem Bison sicheren Lebensraum „auf unserem historischen Land beiderseits der amerikanisch/kanadischen Grenze zu geben“.

Der Aufbau der Herden wird langsam voranschreiten. Zunächst sollen vier oder fünf große Bison-Räume mit jeweils rund 1000 Tieren geschaffen werden. Gegen die Projekte wird es vermutlich auch Widerstände geben. Manche Rinderfarmer sehen den Bison weiter als Konkurrent um Weideland und fürchten zudem Krankheiten wie Brucellose, die die Bisons übertragen könnten. Aber Aune ist sicher, dass in Gesprächen ein Weg für ein gedeihliches Nebeneinander gefunden werden kann. „Es geht nicht darum, entweder Bisons oder Rinder zu haben“.

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