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Ein tanzendes Nordlicht über Island.

© Mariana Suarez/AFP

Nordlichter: Farbenprächtige Spektakel am Nachthimmel

Es ist eiskalt, es ist dunkel, und es ist wunderschön. Immer mehr Menschen zieht es in den Wintermonaten nach Norden zu den Polarlichtern.

Sanft wehende Vorhänge, imposant aus dem Himmel fallende Wasserfälle, tanzende Spiralen - wenn Nordlichter die subarktischen Nächte illuminieren, vergisst der staunende Beobachter die Kälte. Die Lichterscheinungen in irrwitzigen Formen, die mal in gelblich-grünem Licht, mal in Pink- und Lilatönen, mitunter sogar in rot am Himmel wabern, ziehen jeden in den Bann, der sie zum ersten Mal sieht. Die Winternacht wirkt wie verzaubert.

„Das Polarlicht ist nicht nur wunderschön anzusehen, sondern auch nicht wirklich greifbar und schwer zu erklären. Es macht den Eindruck, nicht von dieser Welt zu sein“, schwärmt Nordlichtfotograf Bernd Römmelt über das Naturphänomen. Jedes Polarlicht sei ein Unikat, und jede Landschaft wirke „unter diesem besonderen Lichtphänomen“ anders, schreibt Römmelt in seinem Buch „Polarlichter - Sonnenzauber am Nachthimmel“.

Vielerlei Mythen und Spekulationen

Nach seiner Beobachtung scheinen Menschen all jene Natur- und Wetterphänomene zu faszinieren, die sie nicht beeinflussen können. Dazu zählen jene Leuchterscheinungen am Himmel, die besonders nördlich und südlich des 66. Breitengrades in den Polargebieten um den magnetischen Nord- und Südpol auftreten.

Bevor die Wissenschaft begann, das Phänomen zu ergründen, gab es vielerlei Mythen und Spekulationen über das himmlische Farbenspiel. Häufig wurden die Lichter als die Seelen Verstorbener gedeutet, die den Lebenden aus dem Himmel zuwinken oder von Göttern ins Paradies geleitet werden. Auch die Sami hielten die Himmelserscheinungen für Seelen; um die Totenruhe nicht zu stören, gingen sie in solchen Nächten nicht nach draußen. Aber auch von riesigen Polarfüchsen ist die Rede, die am Himmel toben und deren Ruten im wilden Spiel farbige Funken erzeugen.

Ins Weltall geschleuderte Partikel

Seit rund 100 Jahren weiß die Wissenschaft, wie das Spektakel zu erklären ist. Und das lässt selbst Physik-Muffel neugierig werden: Wenn es auf der Sonne Eruptionen gibt, werden elektrisch geladene Partikel ausgestoßen und ins Weltall geschleudert. Als Sonnensturm treffen sie rund 70 Stunden später auf das Magnetfeld der Erde entlang der Pole - Nordlichter entstehen, die dann in sternklaren Nächten verlässlich in den Polarregionen zu sehen sind.

Heute reisen Menschen eigens in den hohen Norden, um die sogenannte Aurora Borealis zu bestaunen, die sich in den letzten Jahren zunehmend zu einer Winterattraktion für Skandinavienurlauber entwickelt haben. Alta in der nordnorwegischen Provinz Finnmark gilt als Stadt der Nordlichter; nur an wenigen Orten der Welt soll man das Leuchten intensiver als hier erleben. Das benachbarte Tromsö bezeichnet sich selbstbewusst als „Hauptstadt der Nordlichter“. Hier ist fast schon eine Ausflugsindustrie rund um die Nordlichter entstanden - wohl auch, weil viele Fotos auf Facebook & Co gepostet werden und Lust darauf machen. Mehrere Dutzend Anbieter haben nächtliche Bustouren im Programm.

Exotische Erlebnisse faszinieren besonders

Auch Stefan Gössling, Professor für nachhaltigen Tourismus und nachhaltige Mobilität an der Universität Lund in Schweden, beobachtet zunehmendes Interesse an solchen Ausflügen. So würden Winterreisen mit der Chance, Nordlichter zu sehen, auch „sehr offensiv vermarktet“, etwa von der norwegischen Postschifflinie. Nach seiner Ansicht reizen Menschen Phänomene, die eher selten sind. Die Aurora borealis sei so ein „besonders einzigartiges und sehr ästhetisches Naturschauspiel“. Anderen Urlaubern gehe es um „die Schaffung von Sozialstatus durch den Konsum besonders exotischer Erlebnisse“.

Gegen einen hippen Wochenendtripp mit dem Flieger in den hohen Norden spricht aber schlicht das Risiko, vor einer geschlossenen Wolkendecke zu stehen. Je länger der Aufenthalt, desto realistischer die Chance, tatsächlich etwas von dem Leuchten am Himmel mitzubekommen. Und dafür gibt es seit einigen Jahren sogar eigene Apps, die die Sonnenaktivitiäten beobachten und verlässlich die Wahrscheinlichkeit von Nordlichtern vorhersagen. Wer dann am richtigen Ort, abseits von Siedlungen, dick verpackt um Mitternacht in der eisigen Stille steht, der erlebt ein Leuchten, das er sein Leben lang nicht mehr vergessen wird. (KNA)

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