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Selbst die großen Schiffe der berühmten Hurtigrute sollen den Tunnel passieren können.

© dpa

Norwegen plant weltweit ersten Tunnel für Schiffe: Passage unter den Bergen

Durch die norwegische Halbinsel Stadlandet soll der weltweit größte Tunnel für Schiffe entstehen. Er wird groß genug für Fracht- und Kreuzfahrtschiffe sein – selbst für die weltberühmte Hurtigruten-Flotte.

Bei kälteresistenten Hardcore-Surfern genießt die westnorwegische Halbinsel Stadlandet Kultstatus. Schiffskapitäne hingegen fürchten die Gewässer um die Landzunge, die knapp 200 Kilometer nördlich von Bergen in die Nordsee ragt. Haushohe Wellen und heftige Stürme sind keine Seltenheit. Immer wieder müssen daher Fracht- und Passagierschiffe in den Häfen von Måløy und Alesund auf besseres Wetter warten. Das kostet Nerven – und Geld.

Jahrzehntelang würde über das Projekt diskutiert

Doch jetzt soll alles anders werden. Nach jahrzehntelangen Diskussionen und nicht weniger als 19 Gutachten gab die norwegische Mitte- Rechts-Regierung im März grünes Licht für den Bau des größten Schiffstunnels der Welt. "Wir bitten die Küstenverwaltung, ein Vorprojekt für den ,Stad skipstunnel’ auszuarbeiten", erklärte Verkehrsminister Ketil Solvik-Olsen.

Die Passage soll Zeit sparen und das Risiko reduzieren.
Die Passage soll Zeit sparen und das Risiko reduzieren.

© ship-technology.com

In den Gemeinden auf und um Stadlandet knallten daraufhin die Korken. Wirtschaft und Politik erhoffen sich viele Vorteile, unter anderem mehr Sicherheit und kürzere Reisezeiten für die Fahrzeuge der norwegischen Handelsflotte. Man rechnete aber auch damit, dass der Tunnel selbst Touristen in die Region locken wird. Trotz massiver Eingriffe in die Natur sind Proteste von Umweltschützern nicht zu vernehmen. Im Gegenteil, das Mammutbauwerk wird als ökologische Maßnahme verkauft, soll es doch helfen, den Güterverkehr von der Straße aufs Wasser zu verlegen. Den Tunnelbefürwortern zufolge werden die Schadstoffemissionen um 90 Prozent sinken.

Der „Stad skipstunnel“ soll 1,7 Kilometer lang, 40 Meter hoch und 26,5 Meter breit werden.
Der „Stad skipstunnel“ soll 1,7 Kilometer lang, 40 Meter hoch und 26,5 Meter breit werden.

© Foto/Montage: ship-technology.com

Das Projekt ist in seiner Dimensionierung einzigartig: 1,7 Kilometer soll der "Stad skipstunnel" lang werden, knapp 40 Meter hoch und 26,5 Meter breit. Frachtschiffe mit bis zu 16000 Bruttoregistertonnen werden die Riesenröhre durchqueren können, aber auch Passagierschiffe wie die "MS Midnatsol", das größte Fahrzeug der beliebten Hurtigruten-Flotte.

Im Tunnelbau sind die Norweger Weltmeister

In der Disziplin des Tunnelbaus sind die Norweger schon jetzt Weltmeister. Mit dem Lærdalstunnel können sie sich des längsten (24,5 Kilometer und mit dem Eiksundtunnel des tiefsten Straßentunnels der Welt (287 Meter) rühmen. Die Geografie des Landes macht es nötig. Die Küste ist zerklüftet und von tiefen Fjorden durchzogen. Die Autofahrt ins Dorf auf der anderen Seite des Wassers wird da leicht zur Tagesreise.

Insgesamt 330 Millionen Euro kostet das Projekt

Aus technischer Sicht bedeutet der Schiffstunnel auf Stadlandet nach Ansicht von norwegischen Experten keine große Herausforderung. Man will das Bergmassiv der Halbinsel von oben aufbohren und schrittweise aushöhlen. Erst am Ende der Bauzeit, die auf fünf Jahre veranschlagt ist, sollen die Seiten aufgebrochen werden und das Wasser in den Tunnel strömen. Ganz im Hafen ist das Rekordprojekt allerdings noch nicht. Nach Vorprojekt und anschließender Qualitätskontrolle muss noch das norwegische Parlament zustimmen. Der Baubeginn ist demnach frühestens 2018 möglich.

Insgesamt zwei Milliarden Kronen, umgerechnet rund 330 Millionen Euro, soll der Tunnel kosten. Das ist selbst im reichen Ölland Norwegen mit seinen 5,1 Millionen Einwohnern eine beachtliche Summe. Die Hälfte der Gelder hat die Regierung bereits zur Verfügung gestellt, doch die Frage nach dem gesamtgesellschaftlichen Nutzen wird weiter heiß diskutiert. Erst im Februar bezeichnete die "Produktivitätskommission", die im staatlichen Auftrag die Effektivität der norwegischen Wirtschaft untersuchen soll, den Tunnel als ein Beispiel von Verschwendung öffentlicher Gelder. "Der Schiffstunnel ist teuer und hat wenig Nutzen", erklärte Kommissionsleiter Jørn Rattsø.

Die Tunnelbefürworter rechnen fest mit dem Bau

Doch Frank Willy Djuvik, Lokalpolitiker der rechtspopulistischen Fortschrittspartei in Stadlandet und eifriger Tunnelbefürworter, glaubt nach dem Bescheid der Regierung fest an die Verwirklichung des Projektes. "Das ist wie ein Schneeball, der sich in Bewegung gesetzt hat", sagt er. "Jetzt ist er so groß, dass er nicht mehr zu stoppen ist."

Anmerkung der Redaktion: Bedauerlicherweise ist uns bei der Bearbeitung des Textes der Korrespondentin ein Fehler unterlaufen. Es handelt sich nicht wie ursprünglich geschrieben um den ersten Schiffstunnel, sondern um den größten Tunnel dieser Art.

Karin Häggmark

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