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Panorama: Nur eine Spur der Verunsicherung in Heilbronn

Keine Hinweise auf Polizistinnenmörder / Zusammenhang mit Anti-Drogen-Einsatz ausgeschlossen

Heilbronn - Einen Monat nach einem Anschlag auf zwei Polizisten in Heilbronn bleibt das Verbrechen mysteriös. Statt Informationen gibt es vor allem Spekulationen. Am 25. April fand gegen 14 Uhr ein Radfahrer zwei Polizisten neben ihrem Streifenwagen in einer Ecke des Festgeländes Theresienwiese. Die 22-jährige Michèle K. war tot, ihr zwei Jahre älterer Kollege Martin A. lebensgefährlich verletzt. Ihre Dienstwaffen fehlten ebenso wie die Handschellen. Obwohl mehr als 500 Polizisten nicht nur den Tatort zwischen Neckar und Hauptbahnhof abriegelten, sondern bis in die späte Nacht hinein den Verkehr in der Stadt mit 120 000 Einwohnern nahezu lahmlegten, waren die Täter – es wird wegen der Umstände von zwei ausgegangen – verschwunden.

Die beiden Opfer gehörten der Bereitschaftspolizei an, die lokale Einsatzkräfte bei der Aktion „Sichere City“ unterstützen. Tatsächlich gilt Heilbronn wegen 7096 Straftaten pro 100 000 Einwohner als die sicherste Großstadt in Baden-Württemberg. Jetzt ist dort nicht nur die Bevölkerung stark verunsichert, auch bei der Polizei geht die Angst um, weil zwei unbekannte Mörder auf freiem Fuß sind, die über ihre Kollegen hergefallen sind.

Bis heute haben 45 Beamte einer Sonderkommission rund 700 Hinweise erhalten. Doch trotz einer Rekordbelohnung von 100 000 Euro hat sich kein Zeuge gemeldet, obwohl nicht vorstellbar ist, dass am helllichten Tag ein solches Verbrechen unbeobachtet bleiben kann. Direkt neben dem Tatort wurden Bierzelt und Fahrgeschäfte eines Maifestes aufgebaut. Die Erkenntnisse der Polizei sind allem Anschein nach dürftig – mindestens die, von der die Öffentlichkeit erfahren darf. Nur Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) weiß wohl mehr. Am Tag nach dem Attentat sprach er von einem Racheakt an der Polizei, der wahrscheinlich gar nichts mit dem Ort zu tun habe. Dass die Killer mit russischen Armeepistolen schossen, wie spekuliert wird, bleibt unbestätigt.

Nach langem Schweigen räumte das Innnenministerium nur ein, dass die erschossene Polizeimeisterin bei zwei Aktionen gegen lokale Dealer in Zivil eingesetzt war, um insgesamt fünf Gramm Heroin anzukaufen. Sie sei jedoch keine verdeckte Ermittlerin gewesen, sondern habe zur Überführung des polizeibekannten Pärchens beigetragen. Doch damit wurden schon sehr früh aufgetauchte Spekulationen genährt, dass die Hintermänner des Mordes in der Drogenszene zu suchen seien, zumal im Frühjahr bei konzertierten Aktionen 28 mutmaßliche Rauschgifthändler festgenommen worden waren, ein „großer Fisch“ war nicht darunter. „Wegen dieses Kleinkrams war bisher nicht mit Mordanschlägen zu rechnen“, sagte der baden-württembergische Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Josef Schneider.

Landespolizeipräsident Erwin Hetger sieht „keinen Zusammenhang“ zwischen dem Anti-Drogen-Einsatz der aus Thüringen stammenden Michèle K. und ihrem Tod. Diese Spur sei als erste abgeklärt worden – ohne Erfolg. Die in die Kritik geratene Taktik der Polizei, mal in Zivil, mal in Uniform zu agieren, will der Landespolizeipräsident nicht ändern: „Der Gefahrenaspekt wird intensiv berücksichtigt.“ Nach dem Mord an der Beamtin, werde allenfalls „die Sensibilität ausgeprägter.“

Hans-Georg Frank

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