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Panorama: Nur Gewinner

Die Deutsche Phono-Akademie zeichnet zum 15. Mal die erfolgreichsten Popmusiker in Berlin mit dem „Echo“ aus

Das war neu für Campino. Im Nadelstreifen-Sakko schritt der Toten-Hosen-Sänger über den roten Teppich vor dem Neuköllner Estrel Convention Center, und links und rechts schrien die Fans – an ihm vorbei. Campinos Pech: Kurz vorher war die Teenieband Tokio Hotel im schwarzen Hummer vorgefahren. Ein ähnliches Schicksal ereilte Ex-Spice-Girl Melanie C. „Wir wollen Tokio Hotel“, kreischten ihr die Fans am Eingang entgegen. Drinnen im Saal ging es für Bill, Tom, Georg und Gustav ganz gut weiter: Zwar gewannen die Magdeburger nicht in allen vier Kategorien, für die sie nominiert waren, aber sie erhielten den Echo als „Erfolgreichste Newcomer“. In der Kategorie „Gruppe National“ gewann überraschend die Berliner Band Wir sind Helden. Sängerin Judith Holofernes war gerührt und dankte auf der Bühne ihren Fans, die „das ach so schwierige zweite Album“ der Band „so warm aufgenommen“ hätten.

Der bewegendste Moment des Abends gehörte Bob Geldorf: Als er seinen Preis für „besondere musikalische Leistungen“ überreicht bekam, erhoben sich die 4000 Zuschauer im Saal zu Standing Ovations. In seiner Dankesrede erinnerte er an seine Live-8-Konzerte, bei denen im Juli vergangenen Jahres weltweit mehr als zwei Millionen Menschen gegen Armut in der Dritten Welt eingetreten waren. „Damit dürfen wir nicht aufhören“, sagte Geldorf und forderte, dass beim übernächsten G8-Gipfel 2007 in Deutschland die Entwicklung Afrikas Thema sein müsse. „Wir werden die Politiker an ihre Versprechen erinnern.“ Neben Bob Geldorf waren die kolumbianischen Popmusiker Juanes und Shakira die einzigen internationalen Künstler von Rang beim Echo. Die Sieger der großen internationalen Kategorien kamen erwartungsgemäß nicht ins Estrel, um sich ihre Preise abzuholen, sondern bedankten sich allenfalls per Videobotschaft. Die britische Popband Coldplay – Sieger in der Kategorie „Gruppe International“ – grüßte „unsere Freunde von Rammstein“, Robbie Williams bedankte sich für seine Auszeichnung als „Erfolgreichster Sänger“ mit einem „Wir sehen uns bei der WM“.

Was sonst noch passierte: Komiker Otto Waalkes brachte als Laudator den Saal zum Lachen, das Berliner Popduo Rosenstolz wurde für seinen Auftritt bejubelt, und die Hamburger Spaß-Rapper Fettes Brot setzten sich in der Kategorie „HipHop/R&B“ gegen ihre Berliner Konkurrenten Bushido und Fler durch. Da schaute Bushido gleich noch ein wenig grimmiger als sonst. Auch die Echo-Rekordgewinner schlugen wieder zu: Die Kastelruther Spatzen waren zum neunten Mal in der Kategorie „Volkstümliche Musik“ nominiert – und gewannen den Preis zum neunten Mal. „Für die reicht ein roter Teppich nicht mehr aus“, sagte Gerd Gebhardt, Produzent der Echo-Show. „Beim nächsten Mal kriegen die einen aus Platin vor die Tür gelegt.“ Die Gastgeber des Abends, Michelle Hunziker und Oliver Geissen, moderierten routiniert, ließen sich höchstens von den kreischenden Tokio-Hotel-Fans irritieren. Die verwunderten auch Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit: „Also die Kiddies sind ja wirklich außer Rand und Band.“

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