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Obama

© AFP

USA: Obama für alle

Amerika feiert den friedlichen Machtwechsel einer Demokratie - der künftige Präsident will alle Bürger daran beteiligen. In Washington wollen Millionen Menschen die Inaugurationsfeier zu einem gigantischen Volksfest machen.

Auf den Straßen und Plätzen rund um das Weiße Haus und das Capitol wird seit Tagen gehämmert und geschraubt. Dort und an beiden Seiten der Pennsylvania Avenue wachsen riesige Zuschauertribünen empor. Die breite Diagonale verbindet die Sitze der zwei herausragenden Verfassungsorgane: Parlament und Präsident.

2,5 Kilometer liegen dazwischen: Am einen Ende, auf den Stufen vor dem Westportal des Kongresses, wird Barack Obama mittags am 20. Januar vereidigt und hält seine Antrittsrede. Am anderen Ende, dem Weißen Haus, wird er erst nach Stunden ankommen. Dazwischen liegt die traditionelle Parade von Militäreinheiten, Schulklassen, historischen Vereinen, Sozialverbänden, Feuerwehr und Polizei über die Pennsylvania Avenue. Amerika ist stolz, dass George Washington vor mehr als 200 Jahren das Beispiel für den friedlichen Machtwechsel in einer Demokratie setzte - das wird mit jedem neuen Präsidenten wieder gefeiert.

Amtseinführung ist Hauptgesprächsthema

5000 Tickets für Sitzplätze an der Paradestrecke hatte das Presidential Inauguration Committee (Pic) am Freitag ab 13 Uhr im Internet angeboten. Sie waren innerhalb einer Minute vergeben, das schaffen nicht mal Popstars. Wer darf hin, wie kommt man an Tickets und wie vertragen sich Sicherheitsvorkehrungen und Bewegungsfreiheit? Diese Fragen bewegen weit mehr Menschen als eine Obama-Rede über Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise: Die Amtseinführung des neuen Präsidenten ist das Hauptgesprächsthema in Washington und weiten Teilen Amerikas.

Der größte Aufreger war die Meldung, alle Brücken über den Potomac seien am Inaugurationstag geschlossen. "Virginia", der Bundesstaat am anderen Ufer, "fühlt sich ausgeschlossen", lautete eine Schlagzeile. Das sei ein Missverständnis, wiegelt Emmett Beliveau, der Chef des Pic, ab. Sie werden nur für individuellen Autoverkehr gesperrt, um den Verkehrsinfarkt zu vermeiden. Zehntausende Charterbusse werden Besucher aus anderen US-Staaten in die Hauptstadt bringen. "Das Zentrum wird zur autofreien Zone", sagt Beliveau. Alle Brücken sind für Fußgänger offen - und für Busse, die aber gleich wieder umkehren müssen, sobald die Fahrgäste abgesetzt wurden. Die Metro lässt Sonderzüge fahren und bittet, man möge "viel Geduld und Höflichkeit" mitbringen. Auch Wassertaxen auf dem Potomac sind genehmigt.

Volksfest in Washington

Wollen ein bis zwei oder gar fünf Millionen dabei sein, wenn der erste schwarze Präsident der USA den Amtseid ablegt? Das weiß niemand genau. Jedenfalls ein Mehrfaches der 670 000 Einwohner Washingtons. Platz genug für ein Volksfest mit so vielen Besuchern bietet das Herz der Hauptstadt: Die National Mall zwischen Capitol und Lincoln Memorial ist eine 3,5 Kilometer lange Grünfläche mit Museen, weiteren Memorials und dem Weißen Haus an ihren Flanken. Das Hauptproblem ist, wie die Massen dorthin kommen. Im Zweifel muss man zwei bis drei Kilometer Fußmarsch von Metrostationen und Parkplätzen außerhalb der Sicherheitszone einplanen. Das Pic lässt 5000 tragbare Toiletten und überall Videoschirme aufstellen, auf denen man Obamas Rede verfolgen kann.

Für 20 Menschen wird die Inaugurationsfeier - mit etwas Glück - ein preiswertes Vergnügen, billiger als das Sparmenü bei einer Hamburger Kette: Wer wenigstens fünf Dollar an das Pic spendet, nimmt an der Verlosung von zehn Reisepaketen für je zwei Personen teil. "Wir fliegen dich nach Washington, bringen dich in einem Hotel unter und laden dich zur Amtseinführung ein", verspricht die E-Mail unter der Überschrift "Your ticket to history", die Michelle Obama und Wahlkampfmanager David Plouffe seit Tagen an Millionen Bürger verschicken. Denn wie im Wahlkampf gelte weiter: "Wir nehmen kein Geld von Lobbyisten oder Großunternehmen."

Patriotismus und Geschäftssinn

Das unterscheide Obama von bisherigen Präsidenten, die sich die teuren Feierlichkeiten von Interessengruppen hätten bezahlen lassen. 50 000 Dollar sind als Spende maximal zugelassen. Obama habe die Devise ausgegeben, seine Amtseinführung solle "offener und zugänglicher für Bürger sein als je zuvor in der Geschichte der USA", sagt Pic-Chef Beliveau. Zweistellige Millionenbeträge werden die Aktivitäten des Pic kosten. Die öffentlichen Kassen wolle man nicht belasten - die zahlen allein für Polizei und Absperrungen genug.

So zeigt auch die Inauguration die für Amerika so typische Mischung aus staatlicher und privater Finanzierung, Patriotismus und Geschäftssinn: Für den 19. Januar, zugleich der Martin-Luther-King- Feiertag 2009, hat Obama alle Bürger zum sozialen Dienst aufgerufen. Er und Vizepräsident Joe Biden werden ebenfalls Dienst am Nächsten tun. Earl Stafford, ein erfolgreicher Geschäftsmann aus Virginia, hat für eine Million Dollar ein komplettes Hotel nahe dem Weißen Haus gemietet, damit sozial Benachteiligte von dort aus die Amtseinführung beobachten und mitfeiern können, Übernachtung, Beköstigung und Smokingverleih inklusive.

Die Obamas werden am 20. Januar abends auf zehn Bällen erwartet - einem mehr als George W. Bush 2001, aber vier weniger als Bill Clinton 1997. Der erste davon ist Bürgern aus der Nachbarschaft des Weißen Hauses gewidmet, ein anderer den Familien der Irak- und Afghanistan-Veteranen.

www.pic2009.org

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