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Österreich: Neun Deutsche sterben bei Seilbahnunglück

Gondelunglück am Alpengletscher: Getroffen von einem riesigen Betonkübel, ist am Montag im österreichischen Tirol eine Seilbahn abgestürzt und hat neun deutsche Urlauber in den Tod gerissen.

Innsbruck (05.09.2005, 23:16 Uhr) - Nach offiziell noch nicht bestätigten Angaben aus Kreisen der Retter kamen die Opfer, drei Erwachsene und sechs Kinder zwischen elf und 13 Jahren, aus dem Schwarzwald.

Ein Transporthubschrauber hatte den etwa 750 Kilogramm schweren Behälter in den Ötztaler Alpen auf dem Flug zur Bergstation oberhalb von Sölden verloren. Er stürzte aus rund 200 Metern Höhe herab und traf eine Gondel direkt.

Sieben Menschen erlitten bei dem Unglück zum Teil schwere Verletzungen. Zwei von ihnen befinden sich in kritischem Zustand. Nach Angaben der Nachrichtenagentur APA war die Gruppe zum Sommertraining ihres Skivereins nach Tirol gekommen.

Es war das schwerste Gondelunglück der Alpenrepublik seit dem Zweiten Weltkrieg. Bundesaußenminister Joschka Fischer sprach den Angehörigen am Abend sein Beileid aus. Die österreichische Staatsanwaltschaft leitete inzwischen eine Voruntersuchung ein.

«Der Behälter traf mit voller Wucht das Gondelseil und anschließend die Gondel», sagte der Geschäftsführer der Bergbahn in Sölden, Jakob Falkner, der dpa. «Die Gondel stürzte ab. Wie durch einen riesigen Peitschenschlag gerieten die Kabine darüber und auch darunter in Schwingungen.» Sechs Menschen wurden durch die Fenster 50 Meter in die Tiefe auf felsigen Grund geschleudert.

In der abgestürzten Gondel befanden sich nach Falkners Worten fünf Menschen. Drei von ihnen kamen ums Leben, zwei wurden verletzt. Nach dem Bericht eines Notarztes sollen sie Helme getragen haben. Von den acht Insassen der oberen Gondel wurden sechs hinausgeschleudert und getötet, zwei blieben unverletzt in der Kabine. In der unteren Kabine gab es mehrere Verletzte.

Metallbehälter löst sich

Der Transporthubschrauber war auf dem Weg zu einer Baustelle an der Bergstation der Seilbahn, als sich der große, mit Beton beladene Metallbehälter aus der Verankerung löste. Der Helikopter gehört zur Flotte des Salzburger Transportunternehmens Knaus, das in den vergangenen Jahren durch mehrere Unfälle Aufsehen erregt hat.

Um 13.15 Uhr erreichte die Leitstelle des Bundeslandes Tirol der erste Notruf. «Der Anruf kam von einem Augenzeugen über Handy aus einer Gondel, die nicht von dem Unglück betroffen war», berichtete der stellvertretende Leitstellenchef Herbert Supper. «Wir haben sofort alle verfügbaren Kräfte alarmiert.» Die Unglücksstelle befand sich nach Worten Suppers in rund 2 800 Metern Höhe im Schnee, wo nur Hubschrauber landen konnten.

Für die abgestürzten Opfer kam jedoch jede Hilfe zu spät. Die Schwerverletzten wurden in Klinik nach Innsbruck und Zams geflogen. Zwölf Rettungshubschrauber, 60 Sanitäter und sechs Notärzte waren im Einsatz. Bis zum Nachmittag waren alle Passagiere aus den noch am Seil hängenden Kabinen geborgen. Neben der Bergung der Toten und der Versorgung der Verletzten übernahm das Rote Kreuz auch die psychologische Betreuung von etwa 20 Menschen, die das Unglück beobachtet hatten. Auf dem Gletscher herrschte am Unglückstag Sommerskibetrieb bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel.

Bereits Unfall im vergangenen Jahr

Die Seilbahn auf die 3 309 Meter hohe Schwarze Schneid am Tiefenbachferner war bereits im vergangenen Jahr Schauplatz eines spektakulären Unfalls. Am 14. November hatte sich das Steuerseil der Bahn mit einer leeren, talwärts fahrenden Gondel verfangen. Eine Kabine war daraufhin abgestürzt. In der Folge mussten 113 Fahrgäste, darunter viele Deutsche, in etwa 50 Metern bei starkem Frost mehrere Stunden in ihren Gondeln warten, bis sie abgeseilt werden konnten. Zwei Mitarbeiter der Bahn wurden später vom Dienst suspendiert.

Das Unglück in Tirol ist der zweite Seilbahn-Absturz, an dem ein Fluggerät beteiligt war. Im Februar 1998 hatte bei Cavalese in den italienischen Dolomiten ein US-Militärjet das Tragseil einer Gondelbahn mit der Heckflosse durchtrennt. Die Kabine stürzte 80 Meter in die Tiefe. Alle 20 Insassen, unter ihnen 8 deutsche Skiurlauber, starben. Der Militärjet war unerlaubt im Tiefflug geflogen. Im April 2000 akzeptierten die Hinterbliebenen einen Schadenersatz von 40 Millionen Dollar (2 Millionen je Opfer). (Von Christian Fürst, dpa)

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