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Panorama: Paris bietet Führerschein für einen Euro

Paris - „Führerschein? Wozu das denn?

Paris - „Führerschein? Wozu das denn? Ich kann doch fahren.“ Wie vielen Jugendlichen in französischen Vorstädten scheint Mike die Frage nach einer Fahrprüfung absurd. 800 bis 1500 Euro kostet der Schein im Schnitt, zu viel Geld für einen jungen Mann in der Ausbildung. Sein Kumpel Sébastien sieht das ebenso. „Alle Jungs hier fahren ihr Auto einfach so.“

Rund 800000 Franzosen fahren nach Schätzungen des Pariser Verkehrsministeriums ohne Führerschein – darunter auch „alte Hasen“ mit jahrzehntelanger Erfahrung. Doch vor allem in den Vorstädten nimmt diese Praxis zu. „Viele glauben, schon bei ihren Kumpels fahren gelernt zu haben“, sagt der Verkehrspsychologe Jean-Pascal Assailly. Und viele wollten einfach so schnell wie möglich ans Steuer. Genau das will die französische Regierung jetzt den jungen Leuten ermöglichen: mit einem „Ein-Euro-Führerschein“. Danach kann jeder 16- bis 25-Jährige sich den Führerschein von einer Bank bezahlen lassen, die das Geld der Fahrschule überweist. Der Jugendliche stottert den Kredit mit einem Euro pro Tag ab – und die Zinsen zahlt der Staat. Das Prinzip ist nicht neu. Frankreich hat 2004 bereits mit dem „Ein-Euro-Laptop“ für Studenten gute Erfahrungen gemacht.

Früher waren die Streitkräfte für Vorstadt-Kids die „Fahrschule der Nation“. Zu Zehntausenden nutzten sie den Wehrdienst, um den Führerschein zu machen. Ende 2002 wurde die Wehrpflicht abgeschafft. Und so kam dem Abgeordneten Jean-Michel Bertrand die Idee zum „Ein-Euro-Führerschein“. Außerdem wolle er die Zahl der schweren Verkehrsunfälle unerfahrener Jugendlicher senken, sagt Bertrand. „Wir müssen den jungen Leuten ein Verantwortungsbewusstsein geben.“ Dazu müssten sie die Möglichkeit bekommen, die Fahrprüfung abzulegen. „Viele müssen arbeiten, um sich den Führerschein zu verdienen, brauchen aber den Führerschein, um arbeiten zu können.“

Unklar ist, wie viele Jugendliche mitmachen. Vielen Jugendlichen – gerade, wenn sie schon fahren zu können glauben – ist die Prüfung zu kompliziert. Und sie können sich in Frankreich ganz legal bereits mit 16 ans Steuer setzen, wenn sie von einem erfahrenen Fahrer begleitet werden. Die Regierung hat daher wohl noch viel „pädagogische Arbeit“ vor sich.

Hans-Hermann Nikolei (dpa)

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