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Anregungen von der Straße. Der neue japanische Designer Limi Feu setzt auf Schlabberlook und in Teilen asymmetrisch um den Kopf gewickelte Haare.

© dpa

Paris: Diskreter Charme ist neue Mode

Die Generation um John Galliano dankt auch stilistisch ab. Die große Inszenierung ist vorbei. Erste Eindrücke von den Schauen in Paris.

Präsident Nicolas Sarkozy hat schon lange seine Rolex abgelegt und trägt schlichtere Modelle. Er macht auch nicht mehr durch luxuriöse Ausflüge Schlagzeilen. Die Ära des Bling-Bling ist zu Ende, die Finanzkrise hat bis heute allem ostentativen Glamour ein Ende gesetzt. Auch wenn die Luxusbranche seit einigen Monaten wieder boomt, die Grundstimmung hat sich verändert. Exzesse sind nicht mehr gefragt, stattdessen mehr Diskretion. Wie die Politik setzt auch die Modebranche auf mehr Zurückhaltung, ein Generationswechsel zeichnet sich in Paris ab. Der Fall des exzentrischen Designers John Galliano, den Dior wegen rassistischer und antisemitischer Äußerungen entlässt, bedeutet das Ende einer Epoche. Angefangen hat diese Mitte der 90er Jahre, als gleich mehrere talentierte Briten die Pariser Modeszene stürmten. Allen voran John Galliano. Er zeichnete sich bis zuletzt durch aufwendige Schauen aus, bei denen es immer weniger auf die Mode als auf den Showeffekt ankam. Je bombastischer und sensationeller, desto besser. Am Ende jeder Schau, die immer wieder ein originelles Thema und Dekor hatte – China, Luxusgärten oder Kostümbälle – erschien der Meister selbst und ließ sich feiern. Er war mal Gentleman, mal Torero und dann wieder Pirat. Galliano erfand sich immer wieder neu.

Beobachter der Modeszene spekulieren nun, dass Dior die Affäre als Vorwand nimmt, um sich von Galliano zu trennen, der offenbar seit einiger Zeit weniger an der Arbeit interessiert ist und ein Alkoholproblem haben soll. Zusammen mit Galliano zog Alexander McQueen, ebenfalls von der bekannten Londoner Modeschule Saint Martins College, in Paris ein. Er zeichnete sich durch schrille Kleider aus, die oft an einen Maskenball erinnerten. Alexander McQueen nahm sich im vergangenen Februar im Alter von 40 Jahren das Leben. Die Dritte aus London ist Stella McCartney (39). Sie sorgte anfangs für viel Aufsehen, als sie die Marke Chloé revolutionierte. Doch um sie ist es stiller geworden. In den vergangenen Jahren wuchs eine neue Riege von Designern heran. Stiller, diskreter, aber mit Talent. Sie kommen nicht mehr aus England, sondern aus verschiedenen Ländern, einige davon aus Frankreich. Da wäre der Franzose Nicolas Ghesquière (39) von Balenciaga, der schon länger als Trendsetter gilt. Er erfand die breiten Schultern der 80er Jahre neu und setzt oft auf futuristische Mode.

Auch der Franzose Christophe Decarnin (46) von Balmain, der vorher bei Paco Rabanne war, wird heiß gehandelt. Er mischt Rockerchic und Barock zu einer modernen schmalen Linie. Der in Kolumbien geborene Haider Ackermann (39), durch seine perfekten Schnitte bekannt, ist ebenfalls einer der neuen großen Namen. Ackermann drapiert gern Lederstreifen spektakulär um den Körper. Er war schon als möglicher Nachfolger von Karl Lagerfeld bei Chanel im Gespräch und wird nun auch als einer der Kandidaten für Dior gehandelt. Zurückhaltend ist auch der Italiener Riccardo Tisci (35) von Givenchy, der ebenfalls weniger durch seine Show auf sich aufmerksam macht, als durch seine aufwendigen Kreationen, die oft an Science-Fiction-Filme erinnern. Givenchy gehört wie Dior zum Luxusimperium LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) und ist so etwas wie ein Versuchslabor. Auch John Galliano wurde erst bei Givenchy getestet, bevor er 1996 zu Dior ging. Noch ein weiterer Name fällt immer wieder, wenn es um eine Neubesetzung im Hause Dior geht: Alber Elbaz (49) von Lanvin. Im Gegensatz zu den anderen hat Elbaz, geboren in Marokko, aufgewachsen in Israel, nicht erst in den letzten Jahren Furore gemacht. Elbaz kreierte auch schon als Nachfolger von Yves Saint Laurent. Still blieb er im Hintergrund und verzauberte das Publikum immer wieder mit seinen zarten elfenhaften Roben. Er passt auch in die neue Generation der diskreten Designer, denen es weniger auf die Show als auf die Kleidung ankommt. Das zeigen auch Entwürfe wenig bekannter neuer Designer wie die des Japaners Limi Feu.

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