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Und weg damit. Alle Vorhängeschlösser in Paris werden jetzt abgebaut.

© AFP

Paris geht gegen Vorhängeschlösser vor: Wenn Liebe zur Last wird

Paris baut die beliebten Vorhängeschlösser auf Brücken ab, um mehr Sicherheit zu gewährleisten. Doch damit könnte die Stadt ihren Ruf als Romantikhauptstadt verlieren.

Menschenmassen drängten sich immer auf der Ponts des Arts am Louvre. Auf den Holzdielen der alten Fußgängerbrücke über die Seine trafen sich Touristen aus aller Welt. Hochzeitspaare ließen sich fotografieren, Küssende waren keine Seltenheit, Liebesschlösser bisher auch nicht. Davon hing das Geländer voll, denn der Blick von der Brücke auf die Stadt gilt als besonders romantisch. Doch nun geht diese Liebesgeschichte zu Ende. Die Stadt Paris hat genug von den Metallschlössern, die nicht nur die historische Brücke verschandeln, sondern durch ihr Gewicht zur Gefahr werden. Von einer „Verschandelung des Kulturgutes“ und einem „Sicherheitsrisikio“ ist die Rede.

Sicherheit geht vor Liebe. Unter den Blicken von Schaulustigen beseitigen Arbeiter seit Montag tonnenweise Liebesschlösser, mit denen sich die Liebenden aus aller Welt in Paris verewigen wollten. Paris, die Stadt der Liebe, hat genug von den Liebesschlössern, die Touristen auf der 150 Meter langen Brücke aufgehängt haben. „Wir werden Millionen von Schlössern entfernen, rund 45 Tonnen“, hatte der stellvertretende Bürgermeister Bruno Julliard angekündigt. Eine Woche soll die Brücke während der Arbeiten geschlossen bleiben. Nach der Reinigungsaktion sollen von Künstlern bemalte Holzlatten angebracht werden und im Herbst dann Plexiglasscheiben, auf denen die Treuesymbole nicht mehr hinterlassen werden können.

Das Geländer war zuletzt völlig unter den Schlössern verschwunden, an einigen Stellen war der Maschendraht schon abgerissen. Die Liebe ist zur Last geworden: Die alte Brücke konnte diese nicht mehr tragen. Im Sommer 2014 war schon ein knapp zweieinhalb Meter langes Stück des Geländers zusammengebrochen und provisorisch durch Holzlatten ersetzt worden. Es wurde befürchtet, dass ein Stück Geländer auf ein Ausflugsboot auf der Seine fällt. Das wäre fatal. Denn allein auf dem eingestürzten Stück sollen die Schlösser laut Schätzungen 500 Kilogramm gewogen haben. Schon seit langem stehen auf der Brücke Plakate, die die Liebesschlösser verbieten. Ohne viel Erfolg. „Niemand hat uns gesagt, dass die Schlösser verboten sind. Schade, dass es die Tradition dann nicht mehr gibt“, sagten Touristen während der Aufräumarbeiten.

Touristen sind entsetzt

Sie bedauern, dass dieses Pariser Liebessymbol verschwindet. Auch über Twitter drückten einige schon ihre Trauer aus. Lange Zeit hatte Paris gezögert, gegen die Liebesschlösser vorzugehen. Die Stadt wollte ihren Ruf als Stadt der Liebe und Romantik nicht zerstören. Dazu gehörten neben dem Blick vom Montmartre, die Mona Lisa im Louvre und Spaziergänge an der Seine seit einigen Jahren auch die Vorhängeschlösser mit Namen und Liebesbekenntnissen. Die Schlüssel dazu wurden in die Seine geworfen. Nicht nur die Pont des Arts hat unter der Last zu leiden.

Die Sitte nahm an der Ponte Vecchio in Florenz ihren Anfang und breitete sich dann über Europa aus. Seit 2008 nimmt sie in Paris überhand, ist seitdem zur Touristenattraktion geworden und findet sogar Erwähnung in Reiseführern aus aller Welt. Besucher betrachteten lange Zeit andächtig die Aufschriften auf den Metallschlössern. Während Liebende die Schlösser verteidigten, begannen sich immer mehr Denkmalschützer darüber zu empören. Zwei in Paris lebende New Yorkerinnen starteten mit großem Erfolg die Petition „No love locks“ gegen die Schlösser. Während in anderen Städten in Europa mit Bußgeldern auf die Schlösser reagiert wurde, versuchte Paris es erst auf die sanfte Art und appellierte in Kampagnen für Selfies statt Schlösser auf der Brücke, doch das half wenig. Deshalb soll nun Plexiglas am Aufhängen hindern.

Die Straßenhändler beobachten die Arbeiten mit Entsetzen, denn für sie war das Geschäft mit der Liebe sehr einträglich. Nun müssen sich die Schlossverkäufer einen neuen Job suchen – oder weiterziehen. Denn auch die Liebespaare suchen schon nach Alternativen. Andere Seinebrücken wurden behängt und sogar der Eiffelturm muss dran glauben. Auf der Spitze wurden schon Schlösser entdeckt. Doch die Stadt Paris will nicht locker lassen. Auch auf den anderen Brücken ist eine Reinigungsaktion geplant. Au revoir l’amour.

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