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Panorama: Pariser Ex-Bürgermeister: Unter Saubermanns Sofa

Der konservative Saubermann von Paris, so scheint es, hat einen Saustall ohnegleichen hinterlassen. Als die Mitarbeiter des neuen Pariser Bürgermeisters Bertrand Delano vor kurzem die künftige Dienstwohnung ihres Chefs inspizierten, traf sie der Schlag: Der abgewählte Vorgänger Jean Tiberi und dessen Frau Xavire hatten die 1300 Quadratmeter große Luxuswohnung im prächtigen Hotel de Ville verkommen lassen, wie die Wochenzeitung "Le Canard enchainé" berichtet.

Der konservative Saubermann von Paris, so scheint es, hat einen Saustall ohnegleichen hinterlassen. Als die Mitarbeiter des neuen Pariser Bürgermeisters Bertrand Delano vor kurzem die künftige Dienstwohnung ihres Chefs inspizierten, traf sie der Schlag: Der abgewählte Vorgänger Jean Tiberi und dessen Frau Xavire hatten die 1300 Quadratmeter große Luxuswohnung im prächtigen Hotel de Ville verkommen lassen, wie die Wochenzeitung "Le Canard enchainé" berichtet.

Mehrere hundert Quadratmeter hatten die Tiberis gar nicht genutzt, woraufhin sich dort offenbar Scharen von Ratten einnisteten. Aufgeschreckt von den peinlichen Enthüllungen schlugen Tiberi, der sich in seiner Amtszeit gerne als großer Saubermann präsentierte und gegen Hundekot und Graffiti mobil machte, und sein früherer Pressesprecher zurück: Alles Lüge, Delano wolle wohl ein "systematisches Massaker" anrichten.

Die Delano-Leute fanden dem Bericht zufolge in allen Ecken der gigantischen Wohnung abgewetzte Sessel, zerschlissene Tapeten, alte Matratzen, kaputte Lampen, zerschlagene Kachelwände - und haufenweise Abfall. Einen Riesentrakt der größten Funktionärswohnung Frankreichs hatte das Bürgermeisterpaar offenbar ganz dem Verfall überlassen. Weil es so unordentlich war, wurden wohl einfach die Türen fest zugemacht und nicht mehr hineingesehen. Und das über Jahre. Was muss das gestunken haben.

Unerträglicher Gestank

Der "Canard enchainé" sichtete dort jede Menge Rattengift und die Spuren einer Legion von Nagern, hinter einer verborgenen Tür dann noch eine Erdgeschoss-Wohnung zum Garten, aus der "ein unerträglicher Gestank verwesender Ratten" quoll.

Die Tiberis und der frühere Pressesprecher Jean-François Probst waren außer sich. Der Stadtrat habe ihm eben nur 900 Quadratmeter der Wohnung zur Verfügung gestellt, für den Rest könne er ja wohl nicht verantwortlich gemacht werden, sagte Jean Tiberi.

Seine Frau pflichtete ihm bei, niemals hätten sie den Fuß in diese Zimmer gesetzt, sondern sie so gelassen, wie sie von "den Vorgängern von Jean" übergeben worden seien. Demnach hat sie der Dreck offenbar jahrelang nicht weiter gestört.

Und Probst erklärte dem konservativen "Figaro", Delano erweise sich mit solchen Aktionen als für das Bürgermeisteramt unwürdig. Der Sozialist spreche mit "gespaltener Zunge" und scheue nicht vor "Griffen unter die Gürtellinie" zurück. Man werde sich nun auch für seine "kleinen Affären" interessieren - eine Anspielung auf die Homosexualität des neuen linken Bürgermeisters. Aber das könnte für die Konservativen nach hinten losgehen, der Bürgermeister hat nichts zu verheimlichen.

Jahrzehntelang war das prunkvolle Hotel de Ville im Herzen von Paris so gut abgeschirmt wie die Verbotene Stadt in Peking. Es war die Bastion und die Machtbasis der konservativen Gaullisten. 1977 zog dort der frisch gebackene Bürgermeister und heutige Staatschef Jacques Chirac mit seiner Frau Bernadette ein. Mit Blick auf die Seine und zahlreichem Personal ließ sich dort wie in einem absolutistischen Fürstenschloss wohnen. Ende 1996, mit 18-monatiger Verspätung, überreichten die Chiracs die Wohnungsschlüssel an die Tiberis und zogen in den Elysee-Palast um.

Dass nun schmutzige Wäsche gewaschen wird, liegt am Ergebnis der Kommunalwahlen. In einer historischen Wahl verloren die Konservativen Mitte März nach 130 Jahren die Herrschaft in Paris an die Sozialisten. Die Wähler hatten genug von der Vetternwirtschaft im Hotel de Ville. Viel gewichtiger als die schäbige Hinterlassenschaft im Rathaus sind denn auch die zahlreichen Korruptionsaffären, die Tiberi und zunehmend auch Chirac zu schaffen machen. Erst vor kurzem musste sich der Staatschef und Ex-Bürgermeister mit einem Untersuchungsrichter herumschlagen, der ihn als Zeuge in der Affäre um illegale Finanzierung seiner RPR-Partei vorladen wollte.

Eilig hat es der neue Bürgermeister nicht, in seine Dienstwohnung einzuziehen. Einmal habe er sie sich angesehen, sagte Delano. "Ich habe nicht vor, so bald wieder dorthin zurückzukehren." Im Übrigen könne ein Teil der Riesenwohnung auch anders genutzt werden - als Kinderkrippe für das Rathauspersonal. Vorher muss der Laden aber erst noch ausgemistet werden.

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