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In einem Berliner Labor werden Fleischproben danach untersucht, ob sich Anteile von Pferdefleisch in ihnen befinden.

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Update

Pferdefleisch-Skandal: Die Spur führt nach Frankreich

Der Fleischskandal könnte in Frankreich begonnen haben, in dem Land, wo Pferdefleisch als Spezialität gilt und normalerweise vollkommen unproblematisch verzehrt werden kann. Jetzt wurden auch Spuren bei einem brandenburgischen Hersteller entdeckt.

Frankreichs Regierung glaubt, einen Verantwortlichen des Betruges im europäischen Pferdefleischskandal gefunden zu haben. Die Firma Spanghero in Südfrankreich wird beschuldigt, Pferdefleisch als Rindfleisch umdeklariert zu haben. Verbraucherminister Benoît Hamon sprach von „Wirtschaftsbetrug“ und erklärte, das Unternehmen müsse gewusst haben, dass es Pferdefleisch als Rindfleisch verkaufe. Er stützt sich auf Untersuchungen der Verbraucherschutzbehörde, die Anfang der Woche bei der Firma im südfranzösischen Castelnaudary in der Nähe von Toulouse Untersuchungen durchgeführt hat.

Spanghero wurde sofort die Zulassung zur Fleischverarbeitung entzogen. Derzeit laufen noch Untersuchungen der Veterinärbehörden, um zu entscheiden, ob die Erlaubnis endgültig verweigert wird. Mit den Ergebnissen wird in einer Woche gerechnet. Spanghero streitet die Vorwürfe ab und wirft der Regierung vor, die 300 Arbeitsplätze des Unternehmens aufs Spiel zu setzen. „Ich weiß nicht, wer hinter alldem steckt, aber ich kann versichern, wir sind es nicht“, sagte Spanghero-Chef Barthélémy Aguerre und bezeichnete sich als Opfer.

Der Skandal weitet sich immer mehr aus. Supermarktketten in Frankreich, Großbritannien und Deutschland hatten in den vergangenen Tagen bereits betroffene Fertiggerichte aus den Regalen entfernt. Die Firmen, die in den Pferdefleischskandal verstrickt sind, befinden sich überall in Europa.

Spanghero hatte das Fleisch aus Rumänien bezogen, anfangs waren deshalb die rumänischen Betriebe in Verdacht geraten, den Etikettenschwindel vorgenommen zu haben. Das Fleisch wurde dann von Spanghero an die französische Firma Comigel in Metz geliefert, die europaweit zahlreiche Fertigprodukte wie Lasagne vertreibt.

Mehrere Monate lang sollen laut Ermittlungen insgesamt mindestens 750 Tonnen Pferdefleisch verarbeitet worden sein, davon wurden 550 Tonnen an die Firma Comigel geliefert. Insgesamt sollen 4,5 Millionen gefälschte Produkte in mindestens 28 Unternehmen in 13 Ländern verkauft worden sein.

Allerdings sollen die Franzosen nicht die Alleinschuld tragen. Der niederländische Fleischhändler Jan Fasen vermittelte zwischen den Rumänen und Franzosen. Spanghero betonte, „Rindfleisch europäischen Ursprungs“ von Fasen gekauft zu haben. Fasen dagegen erklärte, die Etiketten hätten den Inhalt mit Pferdefleisch korrekt angegeben. Spanghero will aber den Code auf den Etiketten als Rindfleisch interpretiert haben.

In Frankreich ist es üblich, Pferdefleisch zu essen, auf fast jedem Markt findet sich ein Stand. Wenn das Fleisch korrekt produziert ist, besteht kein Gesundheitsrisiko. Oft wird Pferden allerdings das Medikament Phenylbutazon gegen rheumatische Erkrankungen gespritzt, das beim Menschen Kopfschmerzen und Blutungen im Magen-Darm-Trakt auslösen kann. Das Medikament darf nicht an Pferde verabreicht werden, die für die Fleischproduktion vorgesehen sind. Laut einiger Stichproben könnte aber Fleisch von mit dem Medikament gespritzten Pferden in Umlauf geraten sein.

Spuren von Pferdefleisch sind jetzt auch in einem Fertigprodukt eines deutschen Lebensmittelherstellers gefunden worden. Die Dreistern-Konserven GmbH & Co. KG aus dem brandenburgischen Neuruppin teilte am Freitag mit, dass in „Rindergulasch 540g Omnimax“ Spuren von Pferde-DNA nachgewiesen“ worden seien.

Nach Auskunft von Dreistern-Konserven war das Produkt mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 05.11.2015 über Filialen verschiedener Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels vertrieben worden. Betroffene Waren seien aber bereits vorsorglich aus dem Sortiment der Händler genommen worden. Die nachgewiesenen Spuren von Pferde-Erbgut könnten „im Rahmen der Fleischverarbeitung bereits durch die Nutzung gemeinsamer Schlachthäuser oder Transportbehälter entstanden sein“.

In Deutschland werden zehntausende Packungen mit Fertiglasagne voraussichtlich vernichtet. Die Packungen würden in der Regel sofort zerstört, sagte ein Sprecher des Agrarministeriums von Mecklenburg-Vorpommern. Die Hamburger Behörden entdeckten am Freitag Spuren von Pferdefleisch in Tiefkühlkost. Eine Reihe anderer Bundesländer erwartet die Ergebnisse eigener Untersuchungen erst in der kommenden Woche, darunter auch Berlin. In Brandenburg blockierten die Behörden rund 26 000 Packungen, weil sie statt des angegebenen Rindfleischs möglicherweise Pferd enthalten.

Unterdessen stoppte auch die Billigsupermarktkette Lidl den Verkauf von Nudelprodukten. Lidl habe das Produkt „Tortelloni Rindfleisch“ der Eigenmarke Combino aus den Regalen genommen, teilte das Unternehmen mit. Dabei handele es sich um Ware des Herstellers Gusto. Zuvor hatte in Österreich eine Bundesbehörde bei Lidl Anteile von Pferdefleisch in Tortelloni von Combino gefunden.

Der Discounter Aldi Süd entfernt ebenfalls zwei Fertiggerichte, nachdem eigene Analysen Pferdefleisch nachgewiesen haben. Dabei handele es sich um „Ravioli, 800 g Dose (Sorte Bolognese)“ und um „Gulasch, 450 g Dose (Sorte Rind)“, der allerdings nur in Nordrhein-Westfalen verkauft wurde, erklärte eine Sprecherin. Der Verkaufsstopp erfolge vorsorglich auf Bitten der Lieferanten. In den vergangenen Tagen hatten bereits mehrere Supermarktketten in Deutschland Nudelprodukte aus ihren Regalen entfernt. Edeka und Real hatten in Proben von Tiefkühl- Lasagne Anteile von Pferdefleisch entdeckt. Andere Unternehmen handelten vorsorglich und lassen Nudelprodukte untersuchen. Kaiser’s Tengelmann geht mittlerweile fest davon aus, dass in der Lasagne seiner Eigenmarke A&P Pferdefleisch enthalten war.

In Großbritannien tauchten erneut Spuren von Pferdefleisch in Rindfleischprodukten auf. Wie der Sender BBC unter Berufung auf die Lebensmittelaufsicht FSA berichtete, wurden Pferdefleischspuren in 29 von 2500 getesteten Produkten gefunden. Darunter waren Lasagne und Rindfleisch-Hamburger der Hotel- und Kneipenkette Whitbread’s. In der Grafschaft Lancashire wurden Fleischpasteten wegen Pferdefleischspuren aus den Schulkantinen entfernt. Die FSA hatte Supermärkte aufgefordert, die korrekte Auszeichnung ihrer Ware nachzuweisen. Konkret geht es um Produkte wie Frikadellen, Hackfleischbällchen und Lasagne, die eigentlich Rinderhack enthalten sollten. (mit AFP/dpa)

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