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Infrastrukturprojekt der Superlative: In den kommenden Jahren wird in Mexiko-Stadt ein neuer Flughafen gebaut.

© dpa

Platz für 120 Millionen Passagiere: Mexiko bekommt einen neuen Großflughafen

Wie Berlin soll auch Mexiko-City einen neuen Flughafen bekommen. Doch im mittelamerikanischen Land geht es um einiges größer zu als in der deutschen Hauptstadt. Entworfen wurde der Airport von Norman Foster.

Er soll das „Symbol des neuen Mexikos“ und das bauliche Prunkstück des Präsidenten Enrique Peña Nieto werden: der neue Hauptstadt-Flughafen, der diese Woche der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Ein futuristischer, x-förmiger Bau aus Glas und Beton, der aus der Luft an einen Stier erinnert, entworfen vom britischen Stararchitekten Norman Foster, der auch die Kuppel des Berliner Reichstags entwarf. Mit 94 Andockstationen und einer Kapazität von 120 Millionen Passagieren pro Jahr wird er einer der größten der Welt und soll Mexikos Rolle als aufstrebendes Schlüsselland untermauern.

Hinter dem sieben Milliarden Euro teuren Vorhaben steckt ein Polit-Poker der feinsten Art. Die Geheimoperation „Flughafen“ lief kurz nach der Amtsübernahme Peña Nietos von der Sammelpartei der Institutionellen Revolution (PRI) im Dezember 2012 an. Hinter den Kulissen wurden dann unter strengster Geheimhaltung Studien angestellt und elf Architekturbüros aufgefordert, Vorschläge einzureichen.

Die Fakten sind seit langem klar - und gar nicht so unähnlich zum Berliner Großprojekt. Der 2007 um ein weiteres Terminal ergänzte, aktuelle Hauptstadtflughafen ist an seine Kapazitätsgrenzen geraten; lange Schlangen an den Abfertigungsschaltern, Parkplatznot und Verspätungen von bis zu zwei Stunden sind bei Inlandsflügen keine Seltenheit. Die Anflugschneise mitten in der Stadt nervte die Anwohner ebenso wie der Verkehrskollaps rund um den Flughafen. Doch am Projekt eines Neubaus waren bisher alle Präsidenten gescheitert. Machetenschwingende Bauern, die sich gegen Enteignungen wehrten, hatten vor zehn Jahren die Pläne von Peña Nietos konservativem Amtsvorgänger Vicente Fox durchkreuzt.

Das Gebäude senkt sich ab

Doch dafür fanden die Planer eine Lösung. Im Osten der Stadt, auf dem 12.000 Hektar großen Gelände des ausgetrockneten Texcoco-Sees, steht genügend brachliegendes Staatsland zur Verfügung. Die Einflugschneise musste nur von der bisherigen Ost-West-Achse, die aufgrund der Geografie, der Windverhältnisse und Thermik naheliegt, Richtung Nord-Süd gedreht werden – schon wurde kein zusätzliches Areal mehr benötigt. Weitere Probleme wie die Statik auf dem morastigen Untergrund wollen die Architekten lösen. Der Untergrund der einstigen Lagunenstadt ist instabil. Schon das jetzige Flughafengebäude senkt sich im Schnitt um einen Zentimeter pro Jahr.

Aber nicht an allen Stellen gleichmäßig, so dass immer wieder Risse am Gebäude ausgebessert und Rampen an den entstehenden Stufen angebracht werden müssen. Das alles sei zu lösen, erklärt Foster anhand eines Modells in einem Werbevideo der Regierung. Dann wird der Flughafen von Hongkong eingeblendet, der ebenfalls von Foster entworfen wurde und für dessen Bau sogar eine Insel im Meer geschaffen wurde. Im Boden verankerte, untereinander verbundene Betonsäulen sollen die Statik gewährleisten. Darauf thronen ineinanderverwobene Glasprismen, die aufgrund eines intelligenten Verteilungsmechanismus der Raumluft fast ganz ohne Heizung, Klimaanlage und Kunstlicht auskommen sollen.

Foster spricht sichtlich begeistert von einer „frei schwebenden Skulptur“ und dem „nachhaltigsten Flughafen der Welt“. Die Regierung sieht in dem Design Reminiszenzen an den Adler und die Schlange auf dem Staatswappen. Das Werk knüpfe an die Tradition der Monumentalbauten an, die schon von den Azteken errichtet wurden. Geplant ist deshalb auch, ein Museum zu integrieren, in dem die Passagiere antike Fundstücke bewundern können.

Die Bauarbeiten starten im nächsten Jahr

Mit von der Partie bei der Planung ist Fernando Romero, der Schwiegersohn des Multimilliardärs Carlos Slim. Er erbaute schon das Museum, in dem die Kunstsammlung Slims zu bewundern ist. Jetzt soll alles ganz schnell gehen: Bereits kommende Woche soll das Gelände eingeebnet werden, Mitte 2015 wird mit den Bauarbeiten begonnen. Zunächst sollen das Terminal und drei Pisten erstellt werden; insgesamt lässt sich der Flughafen aber auf bis zu sechs Start- und Landebahnen erweitern.

Mit seinem Überraschungscoup habe Peña Nieto seine politischen Widersacher von der konservativen Partei der Nationalen Aktion (PAN) und der linken Partei der Demokratischen Revolution (PRD) überrumpelt, sagt der politische Kommentator Ricardo Alemán. Weder die beiden vorherigen Präsidenten der PAN noch die PRD-Gouverneure, die seit 1997 die Hauptstadt regieren, seien in der Lage gewesen, ein derart wichtiges Infrastrukturprojekt umzusetzen. Peña Nieto hingegen habe mit politischem Geschick bereits im Vorfeld alle Stolpersteine aus dem Weg geräumt. Widerstand kommt bislang nur von Naturschützern, denn der Texcoco-See ist ein Naturschutzgebiet. „Er ist der letzte Schwamm der Hauptstadt und verhindert Überschwemmungen. Wird er zubetoniert, kann das gravierende Folgen für den Wasserhaushalt haben“, warnt der ehemalige Direktor der Wasserbehörde, José Luis Luege Tamargo.

Doch dafür hat die Regierung bereits einen Plan. Der Bau soll nur etwas mehr als 4000 Hektar beanspruchen, 700 Hektar sollen aufgeforstet werden und eine neue, grüne Lunge im Osten der Stadt schaffen, dort, wo bisher der Abwasserkanal und die Müllkippe die Luft verpesten. Die Öffentlichkeit scheint sich momentan mehr dafür zu interessieren, wer den lukrativen Bauauftrag bekommen wird – Slims Baufirma Ideal wird hoch gehandelt.

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