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© AFP

Porträt: Michelle Obama: First Lady von Welt

Ihr Mann ist ein Star, sie ist es auch: Michelle Obama. Der Europabesuch festigt ihre Stellung.

Sie steht nicht in seinem Schatten. Zu Hause ist sie beliebter als er. Und beliebter als ihre weißen Vorgängerinnen zum selben Zeitpunkt der Amtszeit. Ihr Mann ist ein Star. Weltweit. Bei den Amerikanern ist sie es: Nach einer jüngsten Umfrage der „Washington Post“ haben 76 Prozent ein positives Bild von Michelle Obama, ihrer ersten schwarzen First Lady. Die Amtsführung ihres Mannes Barack, des Präsidenten, beurteilen 66 Prozent positiv. Seine Werte sinken seit der Inauguration langsam. Er muss das Land durch eine schmerzhafte Wirtschaftskrise führen und unpopuläre Entscheidungen treffen. Sie dagegen wird immer beliebter. Seit dem Sommer 2008 ist ihr ein Sprung um 28 Prozentpunkte nach oben gelungen.

Nun verfolgt die Nation gebannt ihre Wirkung im Ausland. Genau genommen, wird das nicht mehr als offene Frage behandelt, die US-Medien haben sie längst beantwortet: Michelle sei der neue Megastar in Europa, verkünden die amerikanischen Fernsehsender, seit „Air Force One“ am Dienstag in London landete. Am Freitag sendeten sie Bilder von begeisterten Franzosen und Deutschen aus Straßburg und Baden-Baden, die angeblich alle Michelles Charme erlegen sind. Da mag auch der Wunsch Vater des Gedankens und da mag Projektion im Spiel sein. Nach den Bush-Jahren, in denen das internationale Ansehen der USA verfiel, sehnen sich die Amerikaner nach Repräsentanten, auf die sie stolz sein dürfen.

Glaubt man den US-Sendern, ist Michelle in Europa bereits ein Superstar wie einst Jacqueline Kennedy und die Britin Lady Diana. Umfragen oder andere belastbare Belege nennen sie zwar nicht. Vermutlich liegen sie aber nicht ganz falsch mit ihrer These. Selbst wenn die Europäer Michelle nicht anhimmeln sollten, dann sind sie jedenfalls neugierig auf diese Frau, die vom schwarzen Arbeiterkind zur Ersten Dame aufgestiegen ist. Die Geschichte über Michelles Begegnung und Berührung mit Queen Elizabeth II. war am Donnerstag der mit Abstand meist gelesene Bericht in den Online-Auftritten von „Tagesspiegel“ und „Zeit“.

In den USA ist die breite Zustimmung zu Michelle eine Sensation. Im Wahlkampf hatte es noch Bedenken gegeben, ob sie die Siegchancen ihres Mannes schmälere. Die Befürchtung betraf neben möglichen Vorbehalten gegen ihre Hautfarbe vor allem ihr Auftreten. Sie habe ein zu loses Mundwerk hieß es, als sie über Baracks Nachlässigkeiten im Haushalt lästerte: Er vergesse oft, die Butter wieder in den Kühlschrank zu stellen und räume seine stinkenden Socken nicht weg. Republikaner stellten ihren Patriotismus in Frage, nachdem sie Baracks Siegesserie in den Vorwahlen so kommentiert hatte: „Zum ersten Mal in meinem Erwachsenenleben bin ich richtig stolz auf Amerika.“ Zuvor habe es ihr also an Nationalstolz gefehlt?

Inzwischen gilt gerade Michelles Verhalten in den zuvor kritisierten Gebieten als Ursache ihrer Popularität. Sie pflege eine offene Sprache, heißt es nun, das komme an. Sie habe eine bodenständige Art und stehe für die Werte der Mittelschicht und der Arbeiterklasse in Amerika: heile Familie, Fleiß, Ehrgeiz, Ehrlichkeit, Dienst am Vaterland, Bekenntnis zum Militär.

Seit dem Einzug ins Weiße Haus hat sie auffallend viel Zeit damit verbracht, Schulen zu besuchen und Militärfamilien zu betreuen, voran Frauen, deren Männer mit körperlichen und seelischen Wunden aus dem Irak oder Afghanistan zurückgekehrt sind und viel Zuwendung benötigen. Barack Obama hat sie in der Rede zum Irakabzug seine Beauftragte für Militärfamilien genannt.

In den Schulen sagt sie den Jungen und vor allem den Mädchen: Alles ist erreichbar, wenn ihr nur wollt und euch anstrengt. Niemand habe erwarten können, „dass ich, das Mädchen aus einem schwarzen Arbeiterviertel in Chicago, zur First Lady aufsteige“.

Die Amerikaner halten ihr zugute, dass sie ihre Töchter zu Bescheidenheit und Selbstdisziplin erzieht. Dem Personal im Weißen Haus, heißt es, habe sie verboten, Malia, 10, und Sasha, 7, zu verwöhnen. Sie müssen selbst ihre Betten machen und den Wecker stellen, um rechtzeitig zur Schule aufzustehen. Michelle ist da ein Vorbild als „Mom in chief“.

Der jüngste Popularitätserfolg war Michelles Entscheidung, einen Gemüse- und Kräutergarten vor dem Weißen Haus anzulegen, auch dies gemeinsam mit Schulkindern aus der Umgebung, um die Bedeutung gesunder Ernährung zu unterstreichen. Da sah man die First Lady mit dem Spaten in der Hand. Einige Meter neben ihr gruben die Küchenchefin des Weißen Hauses, Cristeta Comerford, und Schüler der Bancroft-Schule. Selbst die „New York Times“ wählte das Foto als Bild für die Titelseite. Ende Februar hatte ihre Redaktion vorgerechnet, Michelle sei deutlich beliebter als Hillary Clinton oder Nancy Reagan zum vergleichbaren Zeitpunkt. Die „Washington Post“ fasste die noch höheren Zustimmungswerte in ihrer Umfrage von Ende März so zusammen: „Michelle wirkt auf die Bürger wie eine Nachbarin.“

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