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Mit einer solchen Waffe erschoss die Amokläuferin von Lörrach vier Menschen. Als Sportschützin durfte sie die Waffe zuhause aufbewahren.

© dpa

Private Aufbewahrung: Diskussion um Waffenrecht

Nach dem Amoklauf von Lörrach beginnt die Debatte um das Waffenrecht von Neuem. Die einen fordern Verbote, die anderen schärfere Kontrollen.

Es war eine „Walther Long Rifle“ Kaliber 22, mit der Sabine R. am Sonntag auf ihren von ihr getrennt lebenden Mann und einen OP-Pfleger schoss. Eine kleinkalibrige Waffe also, etwa fünf Millimeter Durchmesser die Munition. Schon die fünf Millimeter waren für beide Männer tödlich. Man hat bei diesem Kaliber aber zumindest Überlebenschancen, erklären Experten, selbst bei Schüssen, die lebenswichtige Organe treffen. Bei einem großkalibrigen Neun-Millimeter-Lauf stehen die Überlebenschancen dann indes bei nicht viel mehr als null.

Obwohl das deutsche Waffengesetz nach den Amokläufen von Erfurt und von Winnenden schon verschärft wurde, obwohl auch das verschärfte Waffengesetz die Tat von Lörrach nicht verhindern konnte; die Debatte um ein restriktiveres Waffenrecht wird ein weiteres Mal geführt. Und nicht zuletzt fordern Verbände und die Grünen ein Verbot großkalibriger Waffen als Sportwaffen. Denn wie hätte die blutige Bilanz von Lörrach ausgesehen, wenn die mehr als 100 Patronenhülsen, die die Polizei nach dem Amoklauf im Krankenhaus aufgelesen hat, die Reste durchschlagkräftigerer und explosiverer Neun-Millimeter-Projektile gewesen wären?

„Solche Waffen gehören nicht in private Hände“, sagt Bernd Carstensen, Vize-Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamten. Diese Waffen seien für den Sicherheitseinsatz, nicht für Sportschützen entwickelt. Außerdem besteht der BDK auf einer getrennten Lagerung von Munition und Waffen. Entweder die Waffen im Schützenhaus oder die Munition. Auf keinen Fall aber ein gleichzeitiger Zugriff einer Privatperson auf beides. Das, so Carstensen, hätte die Tat von Lörrach möglicherweise verhindern können.

Dem widerspricht Bilger Tiemann, Sprecher des Deutschen Schützenbundes, der 1,44 Millionen Mitglieder – darunter etwa 250 000 Frauen – vertritt. „Wenn jemand die Tat plant, dann beschafft er, oder sie, sich auch Waffe und Munition.“ Es mache auch keinen Sinn, alles in zentralen Waffenhäusern zu lagern. Schützenhäuser befänden sich naturgemäß zumeist nicht innerhalb von Ortschaften, sondern häufig an abseits gelegeneren Orten, anfällig für Diebe. „Wie freuen die sich, wenn sie auf einen Schlag aus hundert legalen Waffen 100 illegale Waffen machen können.“ Man könne aber nicht aus allen Waffenlagern „Hochsicherheitstrakte“ machen. Tiemann spricht generell gegen eine erneute Gesetzesverschärfung. Denn schon nach der geltenden Gesetzeslage müssen inzwischen alle Personen, die aus einem Schützenverein austreten, an die zuständige Behörde gemeldet werden. Und die kann dann den weiteren Waffenbesitz unterbinden, wenn kein einleuchtender Grund für den weiteren Besitz angeführt werden kann. Die Täterin von Lörrach war allerdings nach jetzigem Ermittlungsstand schon 1996 aus ihrem Schützenverein ausgetreten.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) halten die aktuelle Gesetzeslage für ausreichend, fordern aber verstärkte Kontrollen der Waffenbesitzer. Zudem, so die Polizeigewerkschafter, fehle immer noch ein zentrales Waffenregister. „Wir wissen in Deutschland, wie viel Bananen eingeführt werden. Wir wissen aber nicht, wie viele Schusswaffen es gibt“, sagte GdP-Chef Konrad Freiberg im Morgenmagazin. Erst bis 2012 soll ein solches bundesweites Waffenregister nach dem neuen Waffenrecht zusammengeführt sein. In Deutschland gibt es etwa zehn Millionen private Waffen.

Großkalibrige Waffen sind nach der Gesetzesnovellierung erst ab 18 Jahren zugelassen. Ohnehin muss für den ersten Waffenbesitz ein Zeugnis über die notwendige geistige Reife vorgelegt werden. Und nach dem Amoklauf von Winnenden wurden die Vorschriften zur Aufbewahrung von Sportwaffen und Munition strikter gefasst. Diese dürfen zwar beide zu Hause aufbewahrt werden, müssen aber getrennt und in bestimmten Normen entsprechenden Tresoren oder Schränken lagern.

Den Grünen sind diese Vorschriften zu wenig. „Waffen haben zu Hause nichts zu suchen“, postuliert die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth. Das sei zwar nicht von heute auf morgen machbar, gibt der Innenpolitiker der Grünen-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Wieland, zu. Aber mit einer Übergangszeit sei es sehr wohl möglich, sichere Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. Das Argument des Sportschützenbundes, zentrale Lager seien nicht zu sichern, lässt dabei auch BDK-Vize Bernd Carstensen nicht gelten. Das müsse den Sportschützen die Sicherheit der Bürger schon wert sein. „Das ist der Beitrag der Sportschützen.“

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