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Panorama: Prora – ein Museum am Meer?

„Koloss von Rügen“ soll verkauft werden

Prora Mehr als vier Kilometer ziehen sich die Gebäude des ehemaligen „KdF-Seebades“ Prora an der Ostküste der Insel Rügen entlang. Seit Jahren versucht das Bundesvermögensamt in Rostock, die denkmalgeschützte NS-Immobilie zu verkaufen.

Im September 2004 hatte die Behörde beschlossen, den so genannten Block 3 der Anlage an die in Gründung befindliche „Inselburgen GmbH“ des aus Westfalen stammenden Museumsbetreibers Kurt Meyer zu verkaufen. Einwände von Mietern verhinderten im Dezember aber einen entsprechenden Beschluss des Haushaltsausschusses im Bundestag. Die Abgeordneten wollen jetzt am 19. Januar über den Verkauf entscheiden.

Der Unternehmer Meyer ist nur einer von vielen, die mit der größten baulichen Hinterlassenschaft des Nationalsozialismus Geschäfte machen wollen. Denn Prora ist einer der großen Anziehungspunkte für Touristen auf Rügen. Allein drei Museen im 500 Meter langen Block 3 widmen sich der Geschichte der Mammutanlage: das „Prora-Museum“, das „Dokumentationszentrum Prora“ der Berliner Stiftung „Neue Kultur“ sowie Meyers KdF-Museum.

Welche Pläne Meyer dabei konkret verfolgt, will er noch nicht preisgeben. „Jugend, Sport, Kultur, Kunst und Soziales“ seien die Schwerpunkte seines Konzeptes, äußerte er vor einiger Zeit gegenüber einer westfälischen Zeitung. Neben dem „KdF-Museum“, der „KulturKunstStatt“ und dem „NVA-Museum“ will er nach Angaben des Bundesvermögensamtes auch ein Jugendsporthotel und eine behindertengerechte Herberge einrichten.

Mehr als zehn Museen und Galerien arbeiten inzwischen in der so genannten „Museumsmeile“. Und es herrscht erbitterte Konkurrenz zwischen Meyer und den anderen Einrichtungen. Eine Mietergemeinschaft hatte versucht, mit einem gemeinsamen Angebot den Block zu erwerben. Nur Meyer hatte sich der Initiative nicht angeschlossen. „Inzwischen werden Fragen, die wir brieflich an Herrn Meyer schicken, nur noch von seinem Rechtsanwalt beantwortet“, sagt der Sprecher der Mietergemeinschaft, Uwe Schwarz vom Prora-Museum.

„Es ist zu befürchten, dass Meyer uns über den Mietpreis hinausekeln wird“, so Jürgen Rostock, der Leiter der Stiftung „Neue Kultur“, die mit dem „Dokumentationszentrum Prora“ nicht nur die Geschichte der Anlage, sondern auch einen Überblick über das nationalsozialistische Sozialsystem geben will. Schon die Zahlung ortsüblicher Mieten in Höhe von rund zehn Euro pro Quadratmeter würden die privaten Museen gefährden. Mit Ausstellungen könnten solche Einnahmen nicht erwirtschaftet werden.

Durch Meyer bedroht sei allerdings nicht nur die Existenz der privaten Museen, sondern auch die öffentliche Darstellung von Prora insgesamt, betont Rostock. Sollte der Verkauf genehmigt werden, gehe das Zentrum von Prora zu einem Spottpreis an einen Menschen, „der sich in keiner Weise um die historische Bedeutung des Ortes kümmert“. Denn Meyer vermarkte Prora ohne Respekt vor der Geschichte als eine Art Disneyland. Meyers „KdF-Museum“ sei wie das „NVA-Museum“, das ehemalige Offiziere der DDR-Volksarmee zusammengetragen haben, lediglich eine Ansammlung historischer Kuriositäten, die ohne Konzept ausgestellt werden, kritisiert auch Museumssprecher Schwartz.

Landkreis und Kommune halten sich zurzeit mit Äußerungen noch zurück, da Meyers Pläne offiziell noch nicht bekannt sind. Lediglich der Binzer Bürgermeister Horst Schaumann verweist vorsichtshalber schon einmal darauf, dass die Museumsmeile auf alle Fälle erhalten bleiben müsse.edb

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