zum Hauptinhalt
Spaniens König Felipe mit Königin Letizia und ihren Töchtern Leonor und Sofia.

© Curto de la Torre/AFP

Protest gegen das Königshaus: Spaniens Monarchie wankt

Die Rufe nach einem Referendum gegen das Königshaus werden lauter. Die Monarchie gilt als anachronistisch - vor allem bei den Jungen ist die Ablehnung groß.

Spaniens königlicher Staatschef Felipe, Kronprinzessin Leonor und Altkönig Juan Carlos waren eigentlich in feierlicher Stimmung am Donnerstag zum 40-jährigen Geburtstag der spanischen Verfassung ins Parlament gekommen. Es sollte ein Fest der Demokratie und nationalen Eintracht werden. Doch die Fiesta wurde durch antimonarchische Proteste getrübt.

„Wofür brauchen wir im Jahr 2018 noch eine Monarchie?“, fragte provozierend Pablo Iglesias, Chef der linksalternativen Partei Podemos (Wir können), in einem Interview, das am Verfassungstag in der Zeitung El País erschien. Iglesias’ Protestpartei, die im spanischen Abgeordnetenhaus die drittgrößte Fraktion formt und in der letzten nationalen Parlamentswahl immerhin 21 Prozent der Wählerstimmen erhielt, repräsentiert wie keine andere Partei die junge Generation Spaniens. Bei den jungen Spaniern ist, Meinungsforschern zufolge, die Ablehnung der Monarchie am größten.

Die Funktion des Königs habe ihren Sinn verloren

Es sei im 21. Jahrhundert schwer zu verstehen, dass der Staatschef durch Erbfolge und nicht durch eine demokratische Wahl bestimmt werde, feuerte Iglesias zudem per Zeitungskolumne in dem Blatt El Mundo. Die historische Funktion des Königs, die dieser beim Übergang von der Franco-Diktatur zur Demokratie in der 1970er Jahren spielte, habe heute ihren Sinn verloren. Inzwischen werde das Königshaus von vielen Bürgern mit unangemessenen Privilegien und Korruption verbunden, wetterte Iglesias.

Dass Felipe nicht ihr König ist, machten die Podemos-Abgeordneten dann auch bei der Feierstunde am Donnerstagmittag im Parlament in Madrid klar. Als König Felipe und die übrigen Mitglieder des Königshauses ins Parlament einzogen, verweigerten die Linksalternativen Ihrer Majestät den traditionellen Applaus. Zudem trugen die Podemos-Politiker am Jackett eine nicht zu übersehende Plakette, auf der in lila Schrift das Wort „Republik“ prangte.

Albert Garzón, Chef der Partei „Izquierda Unida“ (Vereinigte Linke), verwässerte derweil dem Königshaus mit einer Strafanzeige das Verfassungsfest: Am Rande der Feierstunde warf er dem 80- jährigen Juan Carlos, der 2014 nach einer Serie von Skandalen abdanken musste, Korruption und Steuerbetrug vor. Im Sommer waren Gesprächsaufzeichnungen von Juan Carlos’ früherer Beraterin und Freundin Corinna zu Sayn-Wittgenstein aufgetaucht, aus denen hervorgeht, dass der Altkönig Schmiergelder kassiert, schwarze Konten in der Schweiz unterhalten und Steuern hinterzogen haben könnte.

Einige Parteien blieben der Verfassungsfeier fern

Repräsentanten anderer antimonarchischer Parteien waren aus Protest erst gar nicht zur Verfassungsfeier am 6.Dezember im Parlament erschienen. Zu den Abwesenden gehörten etwa die Vertreter der baskischen und katalanischen Regionalparteien, deren Fernziel die Abspaltung vom Königreich ist. Am 6.Dezember 1978 billigten die Spanier per Volksabstimmung ihre Verfassung, in der die parlamentarische Monarchie und die territoriale Einheit Spaniens verankert ist.

„Felipe ist nicht der König der Katalanen“, lautet einer der Standardsprüche des katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra, der mit seiner Separatistenregierung nach einer von Spanien unabhängigen Republik strebt. Torra spricht aber nur für die Hälfte der katalanischen Bevölkerung, die in ein prospanisches und ein antispanisches Lager gespalten ist.

Die Spitzen der drei königstreuen Parteien, Sozialisten, Konservative und Liberale, die etwa zwei Drittel der Mandate im spanischen Parlament stellen, verteidigen derweil die Monarchie. Der sozialistische Regierungschef Pedro Sánchez, in dessen Partei aber nicht wenige Republikanhänger zu Hause sind, sagte: „Felipe ist ein König seiner Zeit“. Er sei ein moderner Monarch und sensibel für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Der konservative Oppositionschef Pablo Casado erklärte: „Der Staatschef erfüllt auf brillante Weise seine konstitutionelle Rolle.“

Vor allem die Jungen sind kritisch

Doch diese Loyalitätserklärungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Königshaus zunehmend hinterfragt wird. „Die Tage, an denen die spanische Monarchie in einer fast perfekten Liebesbeziehung mit der Bürgerschaft lebte, sind vorbei“, glaubt der frühere Chefredakteur der konservativen Zeitung El Mundo, David Jiménez. „Die Monarchie braucht ein Referendum, um langfristig ihren Fortbestand zu sichern und ihre demokratische Legitimität zu erneuern“, schrieb Jiménez in einem Meinungsbeitrag für die New York Times.

Doch an ein solches Referendum ist im zerstrittenen Spanien, wo der Katalonien-Konflikt, die Migrationspolitik und das Aufkommen der rechtspopulistischen Partei Vox für Spannungen sorgt, nicht zu denken. Zumal das Ergebnis dieser Volksabstimmung keineswegs eine breite Zustimmung für das Königshaus ausdrücken könnte. Wohl deswegen veröffentlicht Spaniens staatliches Meinungsforschungsinstitut CIS schon seit Jahren keine Umfrageergebnisse mehr zur Akzeptanz der Monarchie.

Währenddessen organisierte Spaniens junge Generation ihr eigenes Referendum: An 26 Unis laufen derzeit symbolische „Volksabstimmungen“ unter den Studenten. „Bist du dafür, die Monarchie abzuschaffen und eine Republik einzuführen?“, lautet die Frage. An der großen Autonomen Universität Madrids liegt das Ergebnis der (nichtrepräsentativen) Befragung bereits vor: 84 Prozent stimmten für das Ende der Monarchie.

Zur Startseite