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Drogenprozess

© dpa

Prozess in der Türkei: Drogenkurierin oder unbedarfte Touristin?

Prozessauftakt im türkischen Izmir: Die 20-jährige Sabrina A. streitet vor Gericht einen aktiven Drogenschmuggel ab. Ihre Version: Der Koffer mit 20 Kilogramm Heroin wurde ihr von einem türkischen Bekannten mitgegeben. Der Prozess ist auf den 21. Mai vertagt, so lange wird sie im Gefängnis bleiben müssen.

Am Ende des ersten Verhandlungstages sitzt die in der Türkei wegen Drogenschmuggels angeklagte Duisburgerin Sabrina A. wie ein Häufchen Elend vor den Richtern. Die 8. Strafkammer in Izmir muss entscheiden, ob hier eine Drogenkurierin auf der Anklagebank sitzt oder eine unbedarfte Touristin, die von der Drogenmafia böse hereingelegt wurde. Der Vorsitzende Richter fordert über Interpol einen Auszug aus dem Strafregister an und lässt damit erkennen, dass er eine Freilassung unter Auflagen nicht ausschließt. Vorerst aber bleibt die 20-Jährige, die in der Haft vor kurzem einen Jungen geboren hat, hinter Gittern.

Nachdrücklich, aber freundlich im Ton fordert der Richter die junge Frau auf, ihre Version darzulegen. Sabrina A. erzählt, während eine Dolmetscherin dem Gericht übersetzt. Ihr Ehemann - von dem sie getrennt lebt - habe ihr und einem gemeinsamen Freund mit Namen Christian die nur für drei Tage gebuchte Reise in die türkische Stadt Antalya geschenkt, sagt sie. Im Hotel lernt Christian den Türken Nihat E. kennen, den späteren Hauptverdächtigen, der ebenfalls auf der Anklagebank sitzt. Bald darauf erreicht Sabrina ein fingierter Anruf, wonach ihre Mutter krank geworden sei und sie sofort zurück müsse.

Hintergrund des versuchten Drogenschmuggels unklar

Nihat E. präsentiert sich als Helfer in der Not und organisiert die vorzeitige Rückreise. Ob sie einen Koffer mit Kleidung und Süßigkeiten für eine Bekannte mit nach Deutschland nehmen könne, fragt er. Sabrina A. stimmt zu und untersucht den Plastikkoffer noch, will das in einem Geheimfach versteckte Heroin aber nicht entdeckt haben. Ob ihr der Koffer nicht schwer vorgekommen sei, fragt der Richter. Immerhin 20 Kilogramm Heroin sollen dort versteckt gewesen sein. Sabrina aber will nichts aufgefallen sein. Sie legt ein paar eigene Sachen in das Gepäckstück dazu, weil ihr Freund Christian mit dem gemeinsamen Koffer in Antalya bleiben will.

Auf dem Weg zum Flughafen wird die Deutsche im Juli 2007 zusammen mit Nihat E. und dem Taxifahrer geschnappt. Verdeckte Ermittler haben den Hauptverdächtigen die ganze Zeit im Visier gehabt. Sogar als Hotelangestellte getarnt sollen sie auf der Lauer gelegen haben. Im Zimmer von Nihat E. findet die Polizei weitere 15 Kilogramm Heroin. Die türkische Presse ordnete das Heroin erst Sabrina A. zu und wollte zunächst auch erfahren haben, dass sie 5000 US-Dollar für den Schmuggel bekommen sollte. Davon ist jetzt keine Rede mehr. Die Angeklagte bestreitet, dass sie etwas für den Transport des Koffers erhalten hat.

Während der Taxifahrer am Dienstag vom Gericht freigelassen wird, bleibt Sabrina A. in Untersuchungshaft. Der Richter ordnet die Untersuchung des Heroins in einem Labor an. Nach dem ersten Verhandlungstag steht ein großes Fragezeichen über den Hintergründen dieses versuchten Drogenschmuggels. Sabrina wirkt unbedarft, sie ist anscheinend leicht zu beeinflussen. Mit 17 hat sie ihr erstes Kind bekommen. Sie hat keinen Schulabschluss und keine Ausbildung. Zwischendurch winkt sie ihren Eltern, die auf einer Zuschauerbank das neugeborene zweite Kind auf den Knien wiegen.

Anwalt übt Kritik an Behörden


Der deutsche Anwalt der 20-Jährigen, Hans Reinhardt, sieht gute Chancen auf eine baldige Auslieferung nach Deutschland, sobald der Prozess beendet ist. Die türkische Justiz sei nicht interessiert, eine Frau mit einem Kleinkind im Rahmen einer langen Haftstrafe zu betreuen, so seine Einschätzung. Die Haftbedingungen für seine Mandantin seien am Anfang mit 30 Menschen in einer Großraumzelle sehr schwierig gewesen. Nachdem sie entbunden habe, sei die Situation aber besser geworden.

Reinhardt kritisierte, es sei nie die Frage geklärt worden, woher das Rauschgift kam und wo es in Deutschland hingehen sollte. "Denn wenn in Deutschland 20 Kilo Heroin erwartet werden, dann ist das kein Pappenstiel", sagte Reinhardt. "Wenn Sabrina sagt 'Ich bin unschuldig', dann hätte man der Spur in Deutschland ja nur weiter nachgehen müssen. Dann hätte man sicher herausbekommen, was sie damit zu tun hat." Letzten Endes sei das wohl ein Problem der Zusammenarbeit der Behörden, sagt er.

Am 21. Mai soll das Verfahren fortgesetzt werden. Mutter und Baby bleiben so lange im Gefängnis. (nim/küs/dpa)

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