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Für die Familie bleibt der Tod ihres Sohnes unverständlich.

© dapd

Prozess wegen Totschlags: Juristische Spitzfindigkeiten statt Reue

Der Prozess gegen vier Türsteher der Frankfurter Diskothek U 60311 wegen Totschlags beginnt schleppend.

Für die Familie von Lee John Heath und zwei Angehörige der Britischen Botschaft dürfte der erste Verhandlungstag reichlich unbefriedigend gewesen sein. Die 3. Strafkammer des Frankfurter Landgerichts konnte sich am Mittwoch nicht damit befassen, warum der 31-jährige Brite am Ostermontag 2011 von Türstehern einer Diskothek so schwer zusammengeschlagen wurde, dass er zwei Tage später starb. Stattdessen sah sich die Kammer mit ausufernden Anträgen der Verteidigung konfrontiert, was für Mutter, Bruder und Schwester des getöteten Mannes im Gerichtssaal nur schwer zu ertragen gewesen sein dürfte.

Immerhin erfuhr die Öffentlichkeit mit der Verlesung der Anklage elf Monate nach dem Tod des 31-Jährigen, wie in etwa sich der tragische Übergriff an jenem Morgen des 25. April im Techno-Club U 60311 abgespielt haben könnte. Nach Überzeugung der Anklage versuchte einer der Türsteher gegen 6.15 Uhr einen Gast von der Theke wegzuziehen. Als dieser ihn zurückstieß, prallte der 34-Jährige rückwärts gegen das spätere Opfer. Obwohl der Brite ihn nach Aussage mehrerer Zeugen auffing, schlug der erfahrene Boxer sofort auf den 31-Jährigen ein. Als dieser sich wehrte, kamen dem Türsteher drei weitere Kollegen zu Hilfe. Gemeinsam schlugen und traten sie auf das bereits am Boden liegende Opfer ein.

Kritik an Geschäftsführer Eger

Als besonders schockierend empfand es die Öffentlichkeit, dass zwei der Türsteher den bewusstlosen Mann danach einfach vor der Tür der Diskothek auf der Straße abgelegt hatten. In der Folge wurde von vielen Seiten die Schließung des in der Techno-Szene angesagten Clubs gefordert. Die Kritik entzündete sich vor allem an Geschäftsführer Alexander Eger, der sich nach dem Tod des Gastes uneinsichtig zeigte und weiter machte, als sei nichts geschehen.

„Eger hat es übertrieben, die Feierei ging voll weiter“, sagt ein 25-jähriger Türsteher, der nach dem tragischen Vorfall kündigte, weil er ihm „eine Lehre“ gewesen sei.

Auch mehrere DJ´s hatten via Facebook ihre Zusammenarbeit mit dem U 60311 aufgekündigt. Den Aufruf in dem sozialen Netzwerk zur Schließung des Clubs hatten mehr als 30.000 Nutzer mit dem „Gefällt mir“-Button unterstützt. Geholfen hat es nichts, die Bemühungen der Stadt, den Club ohne gerichtliche Auseinandersetzung zu schließen, liefen ins Leere.

Zeugensuche über Facebook

Fast genauso schwierig gestalteten sich die Ermittlungen zum Tathergang. Die Polizei startete via Facebook einen Zeugenaufruf und schoss Bilder mit einer dreidimensionalen Kamera, um zu überprüfen, welcher der potenziellen Zeugen in dem diffusen Licht der Kellerdiskothek wirklich etwas gesehen haben kann. Die Staatsanwaltschaft sprach von einem „ziemlich schwierigen Puzzle“.

Nicht zuletzt die Aussagen der wegen Totschlags angeklagten Türsteher selbst könnten Klarheit bringen. Zwei der vier Angeklagten kündigten am Mittwoch für den kommenden Verhandlungstag an, dass sie sich zu den schwerwiegenden Vorwürfen äußern wollten. Der Türsteher, der den folgenschweren Streit ausgelöst hatte, ließ offen, ob er sich äußern will.

Das Gericht hat für die bis Anfang Juni terminierte Verhandlung zunächst 23 Zeugen geladen, darunter zahlreiche Gäste jenes Morgens. Der Prozess wird am 13. April fortgesetzt. Am 25. April soll dann die Freundin des Opfers gehört werden - genau am ersten Jahrestag des tragischen Vorfalls. (dapd)

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