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Gedenken an Diren in Hamburg.

© dpa

Prozessauftakt im Fall Diren Dede: Mit der Schrotflinte gegen den vermeintlichen Einbrecher

Im US-Bundesstaat Montana hat der Prozess um den getöteten Hamburger Austauschschüler Diren begonnen. Die Anklage wirft dem Hausbesitzer, der auf Diren mit seiner Schrotflinte schoss, vorsätzliche Tötung vor.

Sieben Monate nach den tödlichen Schüssen auf den Hamburger Austauschschüler Diren Dede hat im US-Bundesstaat Montana der Prozess gegen den Todesschützen begonnen. Zum Auftakt des Verfahrens gegen den Hausbesitzer Markus K. wurden am Montag die Geschworenen ausgewählt. Der Angeklagte hatte den 17-Jährigen Ende April in seiner Garage erschossen. Sowohl Direns Eltern als auch die Mutter von K. wohnten dem Prozessauftakt in Missoula bei.
Die Anklage gegen den 30-jährigen Hausbesitzer lautet auf vorsätzliche Tötung, darauf stehen mindestens zehn Jahre Haft. Die Verteidiger wollen auf Notwehr plädieren. Sie hatten vergeblich versucht, das Verfahren zu verlegen.Ihr Argument war, dass die Bevölkerung in der liberalen Universitätsstadt gegen den Angeklagten voreingenommen sei. Das fand aber kein Gehör.
Bezirksrichter Ed McLean appellierte an die potenziellen Geschworenen, unvoreingenommen an den Fall heranzugehen. „Wir erwarten nicht von Ihnen, dass Sie das vergangene Jahr in einem Schrank gelebt haben“, sagte er. „Aber wir erwarten, dass Sie alle Informationen, die Sie bisher gehört haben, beiseite legen.“ Für den Prozess mussten zwölf Geschworene und drei Ersatzleute ausgewählt werden. Im Zuge des auf drei Wochen angesetzten Verfahrens ist nach den Worten des Richters auch eine Tatortbegehung vorgesehen.

Tödliche Schüsse in der Garage

Diren war in der Nacht zum 27. April mit einem Freund in dem Wohnviertel unterwegs gewesen, in dem sowohl seine Gasteltern als auch K. mit seiner Familie leben. Nach Angaben des Freundes ging der 17-Jährige auf der Suche nach etwas zu trinken in die halb offenstehende Garage. Dort hatte K., bei dem bereits mehrfach eingebrochen worden war, Bewegungsmelder und eine Videokamera installiert.

Als er den Eindringling bemerkte, nahm K. seine Schrotflinte und schoss viermal in die Garage, wobei er Diren tödlich am Kopf verletzte. Nach den Worten seines Anwalts wollte er sich und seine Familie schützen. Die Staatsanwaltschaft dagegen wirft ihm vor, er habe die Tat geplant. Beim Frisör soll K. angekündigt haben, er werde diejenigen niederschießen, die bei ihm eingebrochen hätten.

In Montana und vielen anderen US-Bundesstaaten dürfen Hausbesitzer tödliche Gewalt anwenden, sofern nachvollziehbar ist, dass sie um Leib und Leben fürchteten. Zwei andere Jugendliche haben mittlerweile gestanden, bei K. eingebrochen und dabei Wertsachen und Marihuana gestohlen zu haben.

Das Bild der waffenstarrenden Nation, in der man an jeder Ecke selbst Sturmgewehre kaufen kann, ist in den meisten Teilen der USA nur ein Klischee. Im Bundesstaat Montana nicht. Fast zwei Drittel der Haushalte haben dort eine Waffe. Montana ist größer als Deutschland, hat aber weniger Einwohner als Köln: 1,01 Millionen. Selbst das 150 Mal kleinere Saarland hat mehr. Mehr als 57 Prozent der Menschen in Montana sollen über mindestens eine Waffe verfügen. Das ist Platz drei unter den US-Bundesstaaten, mehr sind es nur noch im benachbarten Wyoming und im noch dünner besiedelten Alaska. Und dennoch gibt es in nur wenigen Staaten weniger Morde als in Montana. Gerade 22 waren es im vergangenen Jahr. In Köln – bei gleicher Einwohnerzahl, aber einem strikten Waffenrecht – waren es mehr doppelt so viele.
(AFP/dpa)

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