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Panorama: Schlag auf Schlag

Seebeben im Mittelmeer, Schlammlawinen in Kalifornien, Fluten in Großbritannien – die Gefahren für die Menschen steigen

Von Andreas Oswald

Die Erde gibt keine Ruhe. Seit dem Wochenende toben über Großbritannien Stürme mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 223 Kilometern in der Stunde. Lastwagen werden von Brücken geweht, weite Teile Schottlands und Irlands stehen unter Wasser. Drei Menschen sind tot. Zehntausende Haushalte sind ohne Strom. Ein Seebeben im Mittelmeer – Stärke 5,1 – schreckte am Dienstag Griechen und Türken auf. Mehrere Personen wurden verletzt. In der kalifornischen Sierra Nevada fielen in den vergangenen Tagen 5,70 Meter Schnee, mehr als jemals seit dem Jahr 1916. Dafür schmilzt der Schnee in denjenigen Gegenden, wo er um diese Zeit eigentlich reichlich liegen müsste. Im gesamten Alpengebiet haben die Wintersportorte Mühe, schmale Schneespuren zu erhalten. In Kalifornien haben gewaltige Erdrutsche einen Teil des Ortes La Conchita verschüttet. Zehn Tote wurden bisher geborgen. Die Unwetter haben auch hier weite Gebiete unter Wasser gesetzt.Bei Malibu fiel ein gewaltiger Felsblock auf die Straße (Foto). Der Süden von Australien beklagt die größten Brände der letzten Jahrzehnte.

Wasser, Feuer, Beben, Stürme – was ist los mit dieser Welt? „Will die Erde uns loswerden?“, fragte „Bild“ besorgt.

Das wissen wir nicht. Aber es stellt sich die Frage, ob die Zahl der kleinen und großen Katastrophen tatsächlich steigt, oder ob wir wegen der furchtbaren Ereignisse in Asien nur aufmerksamer auf alles blicken, was nicht normal zu sein scheint.

„Wir erleben eine Zunahme von Katastrophen, aber vor allem werden die Katastrophen immer folgenreicher“, sagt Peter Höppe, Professor der Universität München und Leiter der Georisikoforschung der Münchener Rückversicherung. Immer mehr Menschen geraten bei Katastrophen in Gefahr und werden getötet. Die Münchener Rück analysiert aufmerksam das Katastrophengeschehen auf der Erde. Das vergangene Jahr war demnach das teuerste Naturkatastrophenjahr aller Zeiten. 40 Milliarden US-Dollar musste die Versicherungswirtschaft dafür hinlegen. Im Jahr zuvor fielen nur 15 Milliarden Dollar an. Die volkswirtschaftlichen Schäden verdoppelten sich 2004 gegenüber dem Vorjahr auf 130 Milliarden Dollar. Alle diese Berechnungen enthalten noch keine Zahlen über die Tsunami-Katastrophe in Asien, deren genaues Ausmaß noch nicht beziffert werden kann.

Von den 650 analysierten Großereignissen gingen 80 auf geologische Katastrophen zurück – 70 Beben und 10 Vulkanausbrüche. Die anderen Ereignisse sind wetterbedingt. „Wetterkatastrophen machen 90 Prozent der Schäden aus“, heißt es in der Analyse des Rückversicherers. Auffällig ist die Zunahme von Hurrikanen und anderen tropischen Wirbelstürmen. Besonders beunruhigt die Experten ein Phänomen, das 2004 erstmals registriert wurde: Ein Hurrikan bewegte sich südlich des Äquators auf Brasilien zu. Normalerweise bewegt sich ein Hurrikan immer nördlich des Äquators Richtung Amerika. Das Wasser südlich des Äquators ist eigentlich zu kalt, um einen Hurrikan nähren zu können. „Das ist ein Beleg für die Erderwärmung“, sagt Höppe.

Die Zunahme von Wetterextremen ist auch nach Ansicht des Kieler Klimaforschers Mojib Latif auf die Erderwärmung zurückzuführen. Zu der wiederum „trägt der Mensch maßgeblich bei“, sagt Latif. Für die Zukunft sagt Latif eine weitere Häufung von Wetterextremen voraus.

Höppe weist auf einen weiteren Zusammenhang hin: Immer mehr Menschen ziehen in Gegenden, die hochgefährlich sind: an die Küste Floridas zum Beispiel – oder an die Westküste Thailands.

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