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Die Miss Universe Catriona Gray wird auf den Philippinen nicht nur verehrt, sondern hat auch gesellschaftlichen Einfluss.

© AFP/Bay Ismoyo

Schönheitskult auf den Philippinen: Per Trainingslager zur Miss Universe

Auf den Philippinen werden Kandidatinnen für Miss-Wahlen in Camps trainiert. Dahinter stehen ehrenamtliche Ausbilder und Spenden aus der Schönheitsbranche

Mit strengem Blick taxiert Rodgil Flores junge Frauen, die in Bikinis durch ein verspiegeltes Studio schreiten. Auf 17 Zentimeter hohen Stöckelschuhen schwingen die Schülerinnen zwischen langen, tiefen Schritten ihre Hüften – ein brutaler Drill, den sie bis zur nächsten Miss-Wahl im Schlaf beherrschen sollten. Mit dem sogenannten Duck Walk, Fitnesstraining und Kosmetikkursen produzieren Camps wie das Kagandahang-Flores-Studio internationale Schönheitsköniginnen in Serie.

„Für die Krone. Für das Land“, ist der Slogan des 1996 gegründeten Studios, das erste einer Handvoll philippinischer Trainingscamps für Miss-Wahlen. Mit der Ernennung von Catriona Gray zur Miss Universe 2018 holte sich der Inselstaat seinen vierten Titel bei internationalen Miss-Wahlen. Sowohl Gray als auch Pia Wurtzbach, die Miss Universe 2015, trainierten vor ihrem Triumph in solchen Studios.

Schönheitswettbewerbe sind in dem Inselstaat sehr beliebt. Für viele der mehr als 100 Millionen Einwohner sind sie eine willkommene Ablenkung von der im Land grassierenden Korruption, Armut und Naturkatastrophen. Und Miss-Titel bedeuten für deren dann berühmte Trägerinnen Chancen auf Werbe-, Film- und Model-Jobs.

Trainiert wird an sechs Tagen pro Woche

„Der Aufstieg der Camps hat die Philippinen zu einer anerkannten Macht bei Miss-Wahlen gemacht. Sie haben das Niveau der Ausbildung für Schönheitswettbewerbe angehoben“, sagt Flores. Die Miss-Philippines-2019-Bewerberin Melba Ann Macasaet etwa ließ sich als Apothekerin im öffentlichen Dienst beurlauben, um in Flores’ Ausbildungscamp zu trainieren. Sie brauchte zwei Wochen, um den berühmten Duck Walk zu beherrschen. „Ich mache bei Miss-Wahlen mit, seit ich 15 bin“, sagt sie. „Ich glaube, jede Miss-Kandidatin träumt davon, es zu schaffen.“

Trainiert wird an sechs Tagen die Woche – oft bis Mitternacht. Rund 200 Kandidatinnen üben jährlich in Flores’ Studio. Zur Ausbildung gehören neben dem richtigen Laufsteggang und Schminkkursen beispielsweise auch Kurse, in denen die Teilnehmerinnen an Probe-Miss-Wahlen teilnehmen und schlagfertige Antworten auf knifflige Fragen zum Weltfrieden, zur Flüchtlingsfrage oder zur Gleichberechtigung einüben.

Das Training ist für Philippinerinnen, die normalerweise aus den Regionalwettbewerben rekrutiert werden, kostenlos. Finanziert werden die Camps mit Spenden aus der Schönheitsbranche, viele Leute investieren ehrenamtlich ihre Zeit.

„Wir verdienen nichts, wir tun dies aus Leidenschaft für Schönheitswettbewerbe“, sagt Arnold Mercado, Manager von Aces & Queens, einem anderen Miss-Camp. Der 51-Jährige gab seinen Job als Ingenieur in der Ölindustrie auf, um sich auf das Coachen von Schönheiten zu konzentrieren, darunter auch Gray und Wurtzbach. „Wir haben das Glück, hier auf den Philippinen von Teams großartiger Leute umgeben zu sein, die die Teilnehmerinnen während der Vorbereitungen unterstützen“, lobt Gray.

Miss Universe für cannabishaltige Medikamente

Vor der Gründung der Camps in Manila wurden Kandidatinnen für die Miss-Universe- und Miss-World-Wahlen in ähnliche Camps in Venezuela und Kolumbien geschickt. Für eine Nation, in der 21 Prozent der Bevölkerung von weniger als zwei Dollar am Tag leben und die Beschaffung von Visa schwierig ist, war das ein großer Aufwand.

Nach Angaben von Ric Galvez von der philippinischen Miss-Wahlen-Website Missosology.org haben die Wettbewerbe für Philippiner eine tiefere kulturelle Bedeutung: Demnach gehen diese Wahlen auf Wettbewerbe zurück, die seit Jahrhunderten bei Dorf- und Stadtfesten stattfinden. Schönheitsköniginnen werden auf den Philippinen verehrt wie Aristokratinnen und nehmen sogar Stellung zu gesellschaftlichen Fragen.

Bei der Miss-Universe-Wahl etwa sprach sich Gray für die Freigabe von Marihuana zu medizinischen Zwecken aus, was nach Ansicht einiger Abgeordneter half, eine Gesetzesvorlage zur Legalisierung von cannabishaltigen Medikamenten auf den Weg zu bringen. (AFP)

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