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Ist Abschreiben wirklich ein Kavaliersdelikt? Schüler machen sich Gedanken über Karl-Theodor zu Guttenberg.

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Schüler über Guttenberg: Sei nett zu allen

Unsere U-18-Autoren schreiben über den Fall Guttenberg. Leonie Petersen stellt fest: Noten allein reichen nicht mehr, wichtig sind auch Auftreten, Netzwerke, nett sein. Sagen alle. Doch wo nur noch der Lebenslauf zählt, leidet die Moral

„Berufliche Stationen in Frankfurt und New York“, „Freier Journalist bei der Tageszeitung ‚Die Welt‘“, „Geschäftsführender Gesellschafter der Guttenberg GmbH“ - all das war im Lebenslauf von Karl-Theodor zu Guttenberg zu lesen. Leider ist das alles übertrieben, die „beruflichen Stationen“ waren nur Praktika. Als freier Journalist hat er in sechs Monaten nur vier eigene Artikel veröffentlicht und Geschäftsführender Gesellschafter der Guttenberg GmbH war er auch nicht. Dabei stehen ihm als Freiherren und Politiker doch alle Türen offen. Warum also fälschte er auch noch seinen Lebenslauf?

In einem Jahr habe ich selber mein Abitur. Dann muss ich mich bewerben: für Praktika, Jobs, Auslandsstipendien. Eigentlich habe ich bis dahin noch viel Zeit.

Und doch wird mir schon jetzt immer wieder gesagt, wie wichtig – neben Noten – Qualifikationen und Auftreten sind. Bei einer Studienveranstaltung wurde mir empfohlen: „Bau dir ein Netzwerk auf! Und besonders wichtig: Sei nett zu allen!“ Das heißt also: Wenn ich später einen guten Job haben möchte, muss ich mich in jeder Situation präsentieren, immer lächelnd, immer aufgeschlossen und immer freundlich. Ob ich jetzt besonders gut bin in dem, was ich tue oder leiste, scheint fast egal zu sein. Hauptsache, ich kenne möglichst viele Menschen und habe eine Menge erlebt, was ich in meinen Lebenslauf einbringen kann.

Der Druck auf junge Menschen, erfolgreich zu sein, ist so groß, dass viele nicht mehr nur ihren Interessen nachgehen, sondern immer den Gedanken haben: Mach dieses Praktikum noch, nimm an jener Veranstaltung teil – macht sich später gut im Lebenslauf. Nicht an die Zukunft zu denken oder Dinge einfach zu tun, weil sie Spaß machen, reden Bekannte, Studienberater und auch Lehrer uns aus. Unsere Freizeit muss genutzt werden, um den Lebenslauf und das persönliche Auftreten zu verbessern. Spaß darfst du dabei ruhig haben, aber sinnvoll muss es auch sein.

Wenn in unserer Gesellschaft nur noch Aussehen, Charisma und Nettigkeiten zählen, muss sich keiner wundern, dass selbst erfolgreiche Politiker skrupellos ihren Lebenslauf verschönern. (Leonie Petersen, 17 Jahre)

Leonie Petersen

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