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Panorama: Schüsse in der Dorfidylle

Die Polizei ließ Gewalttätigen frei, da erschießt er seine Frau, ihren Liebhaber, die Schwiegermutter und sich selbst

HerrenSulzbach (dpa). „Jeder im Dorf ist entsetzt. So etwas Schreckliches hat es bei uns noch nicht gegeben.“ Theo Diehl, 69 Jahre alter Rentner und parteiloser Ortsbürgermeister im pfälzischen 200-Einwohner-Ort Herren-Sulzbach, steht am Dienstagmorgen an der einzigen Bushaltestelle im Dorf und spricht mit Anwohnern über das Familiendrama, das in der Nacht vier Menschen das Leben gekostet hat. „War das fürchterliche Blutbad aus Eifersucht vermeidbar?“, fragen sich viele in diesem winzigen Ort. Die Polizei hatte den gewalttätigen Mann erst kurz vor der Tat freigelassen.

In unmittelbarer Nähe des Tatortes, eines hell getünchten Hauses aus den 50er Jahren, sind am Dienstagmorgen die Rollläden herabgelassen. Als Schüsse durch die Dorfstille peitschen, alarmiert ein Anwohner die Polizei. Ein achtjähriger Junge und ein zehnjähriges Mädchen – die Kinder des Ehepaares, wie sich später herausstellt – laufen entsetzt aus dem Haus. Die kurz darauf eintreffende Polizei hat bald traurige Gewissheit: Ein 48 Jahre alter Fernfahrer, der normalerweise von Montag früh bis Freitagabend mit seinem Lastwagen unterwegs war, erschoss kurz vor Mitternacht seine 35-jährige Frau, deren 27 Jahre alten Freund sowie die 66-jährige Schwiegermutter, ehe er sich auf einem Autoparkplatz selbst mit einer Pistole tötete.

Seine Leiche und die Tatwaffe wurden etwa zwei Stunden später auf dem Parkplatz zwischen Enkenbach-Alsenborn und Fischbach im Landkreis Kaiserslautern von einer Polizeistreife gefunden. Der 48-Jährige, so berichten Anwohner, soll schon seit längerem gewusst haben, dass seine Frau einen Freund hatte. Am vergangenen Samstag, als er wieder einmal ein fremdes Auto vor dem Haus geparkt sah, soll er versucht haben, seine Frau zur Rede zu stellen. Als der Streit auszuufern drohte, griff die Polizei ein und nahm den Ehemann über Nacht in Polizeigewahrsam. Zwei Gewehre und eine Pistole, die der im Winter als Reservist bei der Bundeswehr beschäftigte Mann zu Hause samt Waffenbesitzkarte aufbewahrte, wurden sichergestellt.

Doch dann ließ die Polizei den 48-Jährigen mit der Auflage, aus dem gemeinsamen Haus auszuziehen, wieder frei. Der Ehemann kehrte jedoch am späten Montagabend mit einer Waffe, die er noch besaß, in das Haus in Herren-Sulzbach zurück und richtete das verheerende Blutbad an. Im Obergeschoss fand die Polizei die erschossene Frau und ihren getöteten Freund, im Untergeschoss die Leiche der Schwiegermutter und den schwer verletzten Schwiegervater. Ob die inzwischen bei Verwandten untergebrachten Kinder Augenzeuge des schrecklichen Geschehnisses waren, ist noch unbekannt. Manche Anwohner befürchten es.

Doch Kaiserslauterns Polizeisprecher Gerd Fischer sagt: „Wir gehen bisher nicht davon aus, dass die Kinder etwas gesehen haben.“ Die Familie, in der sich die Tragödie abspielte, lebte laut Augenzeugenberichten schon seit Jahren weitgehend zurückgezogen. Am regen Vereinsleben im Dorf hatte sie sich nicht beteiligt, weiß Ortsbürgermeister Diehl. „Wir waren ein stilles kleines Dörfchen“, sagt seine Frau Elfriede. Doch jetzt, nach dem schrecklichen Familiendrama, so befürchten viele Ortsbewohner, ist es mit der Dorfidylle erst einmal vorbei.

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