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Schweden: Barbusige belagern Becken

Feministinnen erzwingen "oben ohne“ in Schweden. Grund: Sie fühlen sich diskriminiert, weil Männer in öffentlichen Schwimmhallen auch "oben ohne" baden dürfen.

In Schweden haben Feministinnen der Gruppe „bara bröst“ – „nur Brust“ oder auch „offene Brust“ – erstmals das Recht für Frauen erwirkt, in einer öffentlichen Schwimmhalle „oben ohne“ baden zu dürfen. Die Aktivistinnen begannen im Herbst damit, in Gruppen Schwimmhallen zahlreicher schwedischer Städte aufzusuchen und dort ohne Oberteil zu baden. Sie sehen es als geschlechtsdiskriminierend an, dass Männer „oben ohne“ dürfen, Frauen aber nicht.

Die Aktionen wurden bisher in Uppsala, Stockholm, Lund, Malmö und Sandviken durchgeführt. In Sandviken stürmten gleichzeitig 17 junge Damen ohne Oberteil die lokale Schwimmhalle. Den Aktionen folgte jedes Mal ein Rausschmiss durch die Bademeister. Die störten sich vor allem daran, dass gerade die männlichen Badegäste vom Baden abgelenkt würden. Die Gruppe zeigte die Bademeister bei der staatlichen Antidiskriminierungsbehörde an, die sich jedoch weigerte, der Anzeige nachzugehen.

Die jungen Frauen sehen im Zwang, ihre Brust zu bedecken, ein Symptom der Übersexualisierung von Frauenkörpern. „Es ist diskriminierend, dass Frauen ein Oberteil an der Badebekleidung haben müssen, während Männer mit freier Brust baden dürfen“, erklärte Sanna Ferm, eine der Aktivistinnen, der Sundsvaller Lokalzeitung „Dagbladet“. Zudem sehe man den unterhalb der Wasseroberfläche befindlichen Busen ja gar nicht beim Schwimmen, so die Frauen.

„Bara Bröst“ wollten eine öffentliche Debatte anstoßen und dazu beitragen, dass weibliche Formen endlich sexuell „entdramatisiert“ werden. Das gelang ihnen auch. In zahlreichen Zeitungskommentaren wurden sie unterstützt. Eine Kolumnistin von „Aftonbladet“, der größten Zeitung Skandinaviens, schrieb, wenn es um so streitbare Begriffe wie Ästhetik gehe, müssten auch dicke Männer einen Bikini tragen, denn sie hätten oft größere Brüste als manche Frau. Und schließlich gehörten halbnackte Frauenkörper ohnehin durch die Reklamewelt zum Alltag.

Konservativere Zeitungen finden die Aktion übertrieben. Die paar Zentimeter Bikinioberteil seien den ganzen Streit nicht wert. Schließlich trage er nicht dazu bei, dass Frauen bessere Löhne und bessere Arbeitsplätze bekämen. Im übrigen hätten Feministinnen noch vor ein paar Jahrzehnten für ein Verbot von Abbildungen nackter Frauen in Medien gekämpft.

Auch wenn sich nun die Gegner der Brustbefreier formieren, scheint die Lawine nicht mehr zu stoppen zu sein. Nun hat die erste Schwimmhalle eingelenkt. Das nordschwedische Sundsvall will Frauen erlauben, ihre Brüste zu zeigen. Die Halle ist damit wohl die erste in Europa. „Solange es nicht zu Konflikten mit anderen Badegästen kommt, wollen wir es den Frauen erlauben“, sagte Schwimmhallenleiter Per-Erik Ulander. Aber dass seine Schwimmhalle die Einzige bleibt, ist unwahrscheinlich. Denn inzwischen gibt es auch schon in den Nachbarländern Norwegen und Dänemark Ableger des Aktionsbündnisses „Bara Bröst“.

André Anwar[Stockholm]

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