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Die Polizei am Tatort, einem Restaurant in Göteborg.

© Reuters

Update

Schweden: Zwei Tote nach Schüssen in Lokal in Göteborg

In einem Restaurant im schwedischen Göteborg sind zwei Menschen erschossen und bis zu 15 weitere verletzt worden. Die Polizei vermutet rivalisierende Banden.

„Solche Szenen kennen wir eigentlich nur von den brutalen Gangstermorden im Chicago der 1920er Jahre“, sagt Kriminologieprofessor Jerzy Sarnecki von der Universität Stockholm. Doch jetzt hat auch Schweden sein Chicago.

Zwei Männer, vermummt mit Totenkopfmasken, betraten am Mittwochabend kurz nach 22 Uhr eine Kneipe auf dem zentralen Platz des Göteborger Stadtteils Biskopsgården. Die war gut besucht, im Fernsehen lief die Champions-League. Die beiden zogen Schnellfeuergewehre, schossen wild um sich und flohen. Noch fehlt von ihnen jede Spur. Bisherige Bilanz der Schießerei: zwei Tote und mindestens acht Verletzte.

Der Polizei zufolge handelt es sich bei dem Verbrechen vermutlich um eine Abrechnung zwischen rivalisierenden Gangs. Bandenkriminalität ist nichts Neues in Göteborg, neu ist hingegen die Eskalation der Gewalt, bei der auch der Tod von völlig Unbeteiligten in Kauf genommen wird. So war eines der beiden Opfer ein 20-jähriger Mann mit völlig unbefleckter Weste. Der andere Tote, ein 25-Jähriger, war hingegen nach Angaben der Tageszeitung „Aftonbladet“ der Polizei bestens bekannt. Sein Strafregister umfasste unter anderem Drogenverbrechen und Diebstahl. Ihm galt wahrscheinlich der Anschlag.

Biskopsgården gilt als sozialer Brennpunkt in Göteborg. Knapp 25 000 Menschen wohnen dort in Mietskasernen aus den 50er Jahren. Schon lange kämpft die Polizei mit zunehmender Bandenkriminalität. „Es gibt hier etwa 100 Männer, die nichts anderes im Kopf haben, als Verbrechen zu begehen“, erklärt der regionale Polizeichef Klas Friberg, „aber wir können sie nicht rund um die Uhr kontrollieren.“

In den vergangenen beiden Jahren kam es in Göteborg im Durchschnitt jede Woche zu einer Schießerei. Zwölf Menschen wurden dabei getötet. Doch die Stadt an der Westküste ist kein Einzelfall. Nach Angaben der Nationalpolizei gibt es in nicht weniger als 22 schwedischen Städten sogenannte „Krisengebiete“, in denen kriminelle Banden zu einem gesellschaftlichen Problem geworden seien. Besonders betroffen sind sozial schwache Vororte in den Großstädten Stockholm, Malmö und Göteborg. Dort ist die Arbeitslosigkeit oft hoch, das Einkommen niedrig.

Die Karriere als Gangmitglied und Dealer wird zur lukrativen Alternative. Zudem sind immer mehr Waffen im Umlauf. „Schon bei Kleinigkeiten greift man zur Waffe“, sagte die Kriminologin Camilla Salazar Atias am Donnerstag im Schwedischen Rundfunk.

Erst zu Beginn des Jahres hat die Regierung in Stockholm die Waffengesetze verschärft, doch Gesetze alleine, das betonen Politiker, Polizei und Forscher übereinstimmend, reichen nicht. „Was die Jugendlichen brauchen, sind Jobs und positive Vorbilder“, betont Salazar Atias.

Karin Bock-Häggmark

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