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Panorama: Schweine kriegen ihr Fett weg

In Tierfutter wurde Dioxin gefunden. Mastbetriebe wurden gesperrt – weil die Kontrolle funktioniert

Ein wenig zögerlich mag heute mancher Fleischliebhaber ins Schnitzel beißen. Schließlich wurde Dioxin im Schweinefutter gefunden. Fünf deutsche Zuchtbetriebe sind betroffen, in Thüringen, Nordrhein-Westfalen und auch in Brandenburg. „Ein Betrieb in Potsdam-Mittelmark hat seit Mitte Dezember belastetes holländisches Mischfutter verwendet“, sagt Amtstierarzt Hans-Georg Hurttig. Dem Futter sei Fett beigemischt gewesen, das zu viel Dioxin enthalten habe.

Ausgangspunkt ist das belgische Unternehmen Tessenderlo Chemie. „Bei der Produktion von Gelatine wird zur Verarbeitung von Knochenfett Salzsäure verwendet“, erklärt Jochen Heimberg, Bundesamt für Verbraucherschutz in Bonn. Wegen eines defekten Filters wurde die Chemikalie nicht richtig gereinigt. Dioxin gelangte ins Fett, das von belgischen Betrieben dem Futter für Schweine und Geflügel beigemischt wird. Dieses dioxinbelastete Futter ging auch an Zuchtbetriebe in den Niederlanden und Deutschland.

In einem der holländischen Betriebe schrillten die Alarmglocken, als das Analysegerät einen Dioxinwert anzeigte, der weit über dem EU-Höchstwert von 0,75 Nanogramm (millionstel Milligramm) pro Kilogramm Futter lag. „Bei den betrieblichen Schnellanalysen wurden bis zu 50 Nanogramm gemessen“, sagt Hurttig. Die Dioxinwerte des verseuchten Fettes gibt er mit 400 Nanogramm pro Kilogramm an, das ist das Zweihundertfache des EU-Höchstwertes von zwei Nanogramm.

Nun lief die für solche Notfälle vorgesehene Maschinerie an. Eilmeldungen gingen an die zuständigen Ministerien und Lebensmitteluntersuchungsämter.

Zucht- und Mastbetriebe, die das Futter abgenommen hatten, wurden in Belgien, Holland und Deutschland gesperrt. „Es dürfen vorerst keine Schweine zum Schlachten gegeben werden“, erklärt Hurttig. Zunächst würden das restliche Tierfutter und die Milch der Sauen untersucht. Probeschlachtungen von Ferkeln würden notwendig, um deren Fleisch auf Dioxin analysieren zu können.

Was dann passiert, hängt von den Anfang nächster Woche vorliegenden Dioxinwerten ab. Denn bei den Tieren handelt es sich um „Mastläufer“, also Ferkel, die etwa bis Mitte des Jahres auf dem Hof gemästet werden. Bisher haben die Schweinchen nicht das belastete Tierfutter gegessen, sondern die weniger verseuchte Milch der Sauen getrunken. „Vielleicht sinkt der Wert im Laufe der Zeit in einen akzeptablen Bereich“, sagt der Amtstierarzt. Sonst müssten die Tiere getötet werden – eine ökonomische Katastrophe für den Züchter, denn die Zahl könnte in die Hunderte gehen.

Doch Konsequenz ist notwendig, schließlich gilt Dioxin als extrem gesundheitsgefährdend. Die Substanz schädigt langfristig das Immunsystem und führt zu neurologischen Ausfällen. Ob sie auch Krebs auslöst, ist noch ungeklärt. Gut fettlöslich, reichert sich der Stoff im Körper an – unter der Haut oder in der Leber.

Dioxin ist mittlerweile überall in der Umwelt vorhanden. Es entsteht bei Verbrennungsprozessen oder der Metallveredelung. Müllverbrennung und Automobilverkehr sind ebenso Auslöser wie natürliche Prozesse – Waldbrände oder Gewitter. Durch den Einbau von Filtern etwa kommt mittlerweile weniger Dioxin in die Umwelt und damit in die Nahrungskette. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Dioxinbelastung der Lebensmittel in den letzten Jahren zurückgegangen ist“, sagt Rainer Malisch vom Veterinäruntersuchungsamt in Freiburg. Fleischliebhaber können so beruhigt ins Schnitzel beißen.

Paul Janositz

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