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Wissenschaftler wollen "Adam und Eva" entdeckt haben, die hier auf einem Gemälde von Rubens zu sehen sind.

© dpa

"Science": Genetiker auf den Spuren von Adam und Eva

Eine Studie in der aktuellen Ausgabe von "Science" will den genetischen Urvater und die genetische Urmutter der Menschheit gefunden haben. Die "Adam und Eva"-Chromosomen-Studie führt das Erbgut aller Männer auf einen Mann zurück, der vor 135 000 Jahren lebte.

Fast jeder Mann, der heute lebt, kann seine Ursprünge auf einen Mann zurückverfolgen, der vor circa 135 000 Jahren gelebt hat. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie. Dieser urtümliche Mensch hat den Planeten vermutlich sogar mit der "Mutter" aller Frauen geteilt.

Die Ergebnisse der Studie wurden Anfang August im Wissenschaftsmagazin "Science" präsentiert. Dabei haben die Forscher die bis dato vollständigste Analyse des männlichen Geschlechtschromosoms beziehungsweise Y-Chromosom angefertigt. Die Resultate widerlegen frühere Forschungsprojekte, die davon ausgingen, dass der älteste gemeinsame Vorfahre des Mannes vor etwa 50 000 bis 60 000 Jahren gelebt hat.

Obwohl ihr Dasein sich zeitlich überschneidet, lebten die ursprüngliche "Eva" und der ursprüngliche "Adam" wohl nicht am selben Ort, was es unmöglich macht, dass alle Menschen von einem Paar abstammen. "Diese zwei Menschen kannten einander nicht", sagt Melissa Wilson Sayres, eine Genetikerin an der University of California in Berkeley.

Auf den Spuren der Geschichte

Forscher gehen davon aus, dass moderne Menschen Afrika vor 60 000 bis 200 000 Jahren verlassen haben. Die Mutter aller Frauen lebte vermutlich in Ost-Afrika. Darüber hinaus werden die Details jedoch unscharf.

Das Y-Chromosom wird identisch vom Vater an den Sohn weitergegeben. Das bedeutet, dass Veränderungen wie Mutationen in den männlichen Chromosomen in der männlichen Linie zum Vater aller Menschen zurückverfolgt werden können. Im Gegensatz dazu wird die Erbinformation (DNA) der Mitochondrien, sie versorgen die Zellen mit Energie, in der Eizelle weitergegeben. Deswegen können nur Frauen diese DNA an ihre Kinder weitergeben. Die Information in den Mitochondrien kann also die Linie der antiken Eva nachzeichnen.

"Mit der Zeit wurden die männlichen Chromosomen mit kopierten, durcheinander geratenen DNA-Strängen überfrachtet", sagt der Mitautor der Studie, Carlos Bustamante von der Stanford University in Kalifornien. Deswegen sei es sehr schwierig, die Fragmente der DNA aus Gensequenzen zusammen zu fügen. Es sei, als würde man ein Puzzle lösen wollen und der Karton mit dem Bild obendrauf ist verschwunden.

Schlüssel und Problem der Studie

Das Y-Chromosom ist der Schlüssel

Bustamante und seine Kollegen haben ein großes Puzzle-Teil zusammengesetzt, indem sie das Genom des Y-Chromosoms von 69 Männern aus sieben weltweiten Populationen entschlüsselten. Darunter waren afrikanische San-Buschmänner und die Yakut in Sibirien.

Von einer Mutationsrate, die sich an archäologischen Ereignissen wie der Menschenwanderung über die Beringstraße orientiert, haben die Forscher geschlossen, dass alle männlichen Menschen in ihrer Probe sich einen einzigen männlichen Vorfahren im Afrika vor 125 000 bis 156 000 Jahren teilten.

Zudem konnten 24 Proben der Mitochondrien-DNA von Männern und Frauen auf die antike Eva zurückgeführt werden, die vor 99 000 bis 148 000 Jahren in Afrika lebte, also fast in der selben Zeitspanne wie der Y-Chromosomen-Adam.

Der urtümlichere Adam

"So interessant die Ergebnisse auch sein mögen, sie sind nur ein Teil der Geschichte", sagt Michael Hammer, ein Evolutionsgenetiker von der University of Arizona. Eine separate Studie in der selben Ausgabe von Science zeigt, dass Männer schon vor 180 000 bis 200 000 Jahren einen gemeinsamen Vorfahren haben.

In einer weiteren Studie im American Journal of Human Genetics, an der Hammer teilnahm, wurden verschiedene Y-Chromosomen entdeckt, die auf einen noch früher lebenden "Urvater" hinweisen. Er soll vor 237 000 bis 581 000 Jahren gelebt haben.

"Es passt nicht in den Stammbaum, den das Team von Bustamante konstruiert hat. Es ist älter", sagt Hammer. Genstudien basieren immer auf einer DNA-Probe. Sie zeigen ein unkomplettes Bild der menschlichen Geschichte. Hammers Gruppe hatte eine andere Auswahl und dementsprechend kam sie auf andere Zeitangaben, als Bustamante.

Der Bibel-Vergleich hinkt

Die urtümlichen Menschen, von denen gesprochen wurde, sind nicht die biblische Eva und der biblische Adam. Sie waren nicht die ersten modernen Menschen auf dem Planeten. Sie sind nur die einzigen beiden Menschen unter Tausenden, deren genetische Linie bis heute reicht.

Der Rest des menschlichen Genoms enthält kleine DNA-Schnipsel von vielen anderen Vorfahren. "Sie zeigen sich nur nicht in der mitochondrialen oder der Y-Chromosomen-DNA", sagt Hammer. Wenn als Beispiel eine urtümliche Frau nur Söhne gehabt hätte, wäre ihre mitochondriale DNA verschwunden. Bustamante will jetzt Y-Chromosomen von weiteren 2 000 Männern analysieren, um seine Prognose über den Ursprung genauer zu machen.

"Das ist sehr aufregend", sagt Wilson Sayres, der Genetiker, der eingangs erwähnt wurde. "Wenn wir Proben von mehr Populationen in der Welt nehmen können, werden wir exakter verstehen, wo wir herkommen."

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