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Sex und Politik: Anthony Wiener und Huma Abedin.

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Sex und Politik: Warum stützt Huma Abedin ihren Mann Anthony Weiner?

Anthony Weiner, demokratischer Bürgermeisterkandidat von New York, hatte schon wieder Nacktfotos von sich an fremde Frauen verschickt. Wie in anderen Fällen von Sex und Politik hält seine Frau Huma Abedin zu ihm, obwohl er das nicht verdient.

Es ist ein alter Country-Schlager – und amerikanische Frauen nehmen den Titel von Tammy Wynette offenbar bis heute ernst: „Stand by your man“, steh zu deinem Mann. Wie Huma Abedin, die 36-jährige Ehefrau des New Yorker Bürgermeisterkandidaten Anthony Weiner. Als in dieser Woche neue Enthüllungen über ihren Mann ans Licht kamen, der auch nach seinem ersten Sex-Skandal weiter als ungezügelter Exhibitionist durch das Internet zog, stand Abedin medienwirksam an seiner Seite. „Ich habe ihm verziehen, ich glaube an ihn“, sagte Huma Abedin vor der Presse. Die Botschaft an die New Yorker: Ihr könnt ihn wählen, er wird ein guter Bürgermeister sein.

Das glauben mittlerweile immer weniger Wähler. In ersten Umfragen nach den Enthüllungen stürzt Anthony Weiner von 27 Prozent auf 18 Prozent der Stimmen, nur noch 30 Prozent der Wähler haben überhaupt eine positive Meinung von ihm. Vor einer Woche waren es noch 55 Prozent.

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Viele New Yorker waren zuvor bereit gewesen, Weiner eine zweite Chance zu geben. Dass er während seiner Zeit als Kongressabgeordneter Sexnachrichten und Nacktbilder von sich an fremde Frauen schickte, täuschte nicht darüber hinweg, dass er sich als Politiker bewährt hatte. Viele mochten die kämpferische Art dieses Demokraten. Nach zwölf Jahren unter der Regie des Multimilliardärs Michael Bloomberg ist die Kluft zwischen Arm und Reich in New York gewaltig – von Anthony Weiner, dem Kämpfer für die Mittelschicht, erhoffte man sich einen Aufschwung nicht nur für die, die es eh schon geschafft haben.

Sex und Politik: Anthony Weiner bittet erneut um eine zweite Chance, es ist also die dritte

Jetzt stellt sich heraus: Der Mann hat nicht nur einmal einen großen Fehler begangen, sondern ständig. Regelmäßiges „sexting“ mit bis zu zehn Frauen, sein eigener „Wiener“ auf zahlreichen Fotos verschickt. „Wiener“ – so spricht man nicht nur seinen Namen aus, es ist im Amerikanischen auch der umgangssprachliche Ausdruck für Penis; dazu Sex-Fantasien in Dialogen, die nicht druckfähig sind.

Das Schlimmste aber ist: Unter dem albernen Decknamen „Carlos Danger“ war Weiner noch lange aktiv, nachdem er um eine zweite Chance gebeten hatte. „Ich fühle mich wie ein neuer Mensch“, sagte er, die strahlende Huma Abedin an seiner Seite, auf dem Schoß Baby Jordan, sechs Monate alt. Das Foto stand für eine heile Familienwelt. Heute steht es für einen Betrug. Weil er trotz Beteuerungen einfach weitermachte mit seinen Sex-Fotos. Jetzt will er wieder eine zweite Chance haben. Im Grunde ist es die dritte. So einen wollen die New Yorker nicht als Bürgermeister. So einen wollen die meisten Frauen nicht als Ehemann.

Anthony Weiner musste wegen Sex-Fotos von sich schon einmal zurücktreten

Doch Huma Abedin steht zu ihrem Mann. Wie schon vor ihr Silda Spitzer, Elizabeth Edwards, Hillary Clinton und Suzanne Craig. Letztere ist bis heute mit Larry Craig verheiratet, einem republikanischen Senator aus Idaho. Der gehörte im Senat 18 Jahre lang zu den konservativsten Stimmen, wetterte vor allem gegen Schwule. Im Juni 2007 wurde er am Flughafen von Minneapolis-St. Paul verhaftet, nachdem er auf der Herrentoilette Kontakt mit einem Undercover-Polizisten gesucht hatte. Craig stritt alle Vorwürfe ab, musste letztlich auf Druck aus der eigenen Partei doch zurücktreten. Bis zuletzt stand seine Frau an seiner Seite, bei jeder Pressekonferenz.

Hillary und Bill Clinton.
Hillary und Bill Clinton.

© Reuters

Es kann vermutet werden, dass Suzanne Craig den alten Schlager wirklich lebt. Tammy Wynettes „Stand by your man“ erschien 1968 und verursachte gleich Aufregung. Es war der Beginn der Frauenbewegung in Amerika. Ein Song über das brave Weibchen, dass sich dem Ehemann unterordnet und ihm über alle Schwächen hin zur Seite steht, war so ziemlich das Letzte, was die eben erstarkten Feministinnen brauchten. Suzanne Craig war nie in der Frauenbewegung. In Idaho überwiegen konservative Familienwerte, genau wie in Mississippi, wo Tammy Wynette ihre Wurzeln hatte.

Huma Abedin arbeitete für Hillary Clinton

Huma Abedin kommt aus einer progressiven Familie, studierte an der angesehenen George-Washington-Universität. 1996 absolvierte sie ein Praktikum bei First Lady Hillary Clinton, die zwei Jahre später den Sex-Skandal ihres Mannes durchstand. Im wörtlichen Sinne. Als sich Bill Clinton für seine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky verantworten musste, als er sich peinliche Fragen nach seiner bevorzugten Verwendung von Zigarren anhören musste, in dieser Zeit stand Hillary neben ihm, zeigte sich demonstrativ Hand in Hand mit ihm.

Eliot Spitzer ließ sich Prostituierte aus New York einfliegen, wo er gegen die Prostitution gekämpft hatte

Zehn Jahre später machte John Edwards Schlagzeilen in Amerika. Der Senator aus North Carolina stand mitten im Präsidentschaftswahlkampf, als seine Affäre mit der Videobloggerin Rielle Hunter publik wurde. Seine Frau Elizabeth, die zur gleichen Zeit mit einer Brustkrebs-Diagnose zu kämpfen hatte, stand ihm lange zur Seite – bis Edwards letztlich zugeben musste, mit Hunter eine Tochter gezeugt zu haben. Erst dann trennte sich Elizabeth von John Edwards, ein knappes Jahr später erlag sie ihrem Krebsleiden.

Eliot Spitzer, Gouverneur von New York, mit seiner Frau Silda, nachdem er sich Prostituierte hatte aufs Hotelzimmer kommen lassen.
Eliot Spitzer, Gouverneur von New York, mit seiner Frau Silda, nachdem er sich Prostituierte hatte aufs Hotelzimmer kommen lassen.

© AFP

Der nächste handfeste Sexskandal führte nach New York. Gouverneur Eliot Spitzer, der zuvor als strenger Generalstaatsanwalt an der Wall Street aufgeräumt hatte und gegen Prostitution vorgegangen war, musste sich als Stammkunde bei Edelprostituierten bekennen. Als „Client Number 9“ war er beim Emperors Club VIP gelistet, für seine Treffen mit Frauen bezahlte er 1000 Dollar pro Stunde. Höhepunkt: Er, der die Prostitution im Bundesstaat New York bekämpfte, ließ sich bei einem Aufenthalt in Washington eine Prostituierte aus New York einfliegen. Das war dann zu viel. Ermittlungen zufolge soll Spitzer innerhalb von sechs Jahren bis zu 80 000 Dollar für Prostituierte ausgegeben haben. An seiner Seite beim obligatorischen mea culpa: Silda Spitzer. Sie ist bis heute mit ihm verheiratet ist. Auch in Spitzers aktuellem Wahlkampf als New Yorker Finanzchef sammelt Silda Unterschriften für ihren Mann.

Worin lag die Motivation für Silda Spitzer, Elizabeth Edwards und Hillary Clinton, zu ihren Männern zu stehen? Amerikanische Medien spekulieren über Macht als wichtigsten Faktor. Für Hillary Clinton war die Zeit als First Lady Amerikas das Sprungbrett in eine eigene politische Karriere, die durch den Senat ins Außenministerium führte. Sollte sich Clinton, wie allgemein vermutet wird, um die Nachfolge von Barack Obama bewerben, gilt sie parteiübergreifend als unschlagbar. Hillary Clinton könnte mit großer Wahrscheinlichkeit als erste Präsidentin Amerikas Geschichte schreiben – eine Scheidung nach der Lewinsky-Affäre hätte ihre Karriere vermutlich ins Leere laufen lassen.

Larry und Suzanne Craig.
Larry und Suzanne Craig.

© REUTERS

Huma Abedin dürfte viel von Hillary Clinton gelernt haben. Einige Jahre nach ihrem Praktikum bei der damaligen First Lady arbeitete sie für die Außenministerin, bereitete Clintons Auslandsreisen vor und galt als deren wichtigste Vertraute. Dass Abedin politische Ambitionen hat, ist unwahrscheinlich. Sie meidet das Rampenlicht und arbeitet lieber im Hintergrund. Umso schwieriger fällt ihr die aktuelle Rolle. Und doch: Die Position als First Lady von New York dürfte ihr wohl gefallen. In den New Yorker Blättern wird spekuliert, dass sie nicht zuletzt zu ihrem Mann steht, weil der als Bürgermeister der Acht-Millionen-Metropole einer der einflussreichsten Politiker in den USA werden könnte.

Offiziell geht es Abedin vor allem um New York selbst. „Ich liebe meinen Mann, ich liebe meine Stadt“, schreibt sie nun in einem Essay für „Harper’s Bazaar“. „Ich glaube daran, was er für die Menschen in New York tun kann.“

Doch nicht alle Polit-Gattinnen stellen sich so selbstlos in den Dienst ihrer Männer. Beispiel: Jenny Sanford. Im Juni 2009 verschwand ihr Mann, Mark Sanford, für eine ganze Woche. Er wandere alleine durch die Appalachen, hatte der Gouverneur von South Carolina zuvor erklärt. In Wahrheit weilte er bei seiner Geliebten in Argentinien, seiner „Seelenverwandten“, wie er der Presse umgehend mitteilte. Jenny Sanford machte kurzen Prozess und verließ ihren untreuen Mann. Interessanterweise gibt es auch für sie einen Hit im Repertoire von Tammy Wynette: „D-I-V-O-R-C-E“ – Scheidung.

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