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Sexualstraftäter: Zwangsweise chemische Kastration

Der Senat in Polen beschließt ein neues Gesetz gegen Sexualstraftäter. Die Täter müssen sich in Zukunft nach dem Verbüßen ihrer Straftat einer chemischen Zwangsbehandlung unterziehen. Ein Medikament unterdrückt die Hormonproduktion.

Diese sogenannte „chemische Kastration“ wurde am Donnerstagabend vom Senat mit nur einer Gegenstimme beschlossen. Das Gesetz sieht vor, dass ein verurteilter Pädophiler oder Inzesttäter zur Teilnahme an einer entsprechenden pharmakologischen Therapie gezwungen werden kann.

Zudem drohen nach dem neuen Gesetz Kinderschändern, die Minderjährige unter 15 Jahren vergewaltigt oder Inzest mit Kindern begangen haben, nun drei bis fünfzehn Jahre Gefängnis statt bisher zwei bis zwölf Jahre.

Eine öffentliche Diskussion über das umstrittene Thema fand in Polen allerdings nicht mehr statt. Diese hatte es sehr viel früher gegeben, als das Gesetzesvorhaben in die Wege geleitet wurde. In den polnischen Medien machten in den vergangenen Tagen Meldungen die Runde, in denen Eltern zur Selbstjustiz gegriffen hatten, um ihre Kinder zu rächen. Besonders populär ist der Fall von Drasius Kedys aus Litauen. Der 37 Jahre alte Vater hat zwei Menschen erschossen, die er für den sexuellen Missbrauch seiner vierjährigen Tochter verantwortlich machte. Monatelang hatte er versucht, die Justizbehörden aufzurütteln, erst jetzt nahmen sie die Ermittlungen gegen einen mutmaßlichen Pädophilen-Ring auf. Die Verschärfung des Gesetzes wurde von Polens Ministerpräsident Donald Tusk vor einem Jahr in die Wege geleitet. Damals war in Ostpolen ein Inzestfall aufgedeckt worden. Ein 45 Jahre alter Mann soll sechs Jahre lang seine Tochter missbraucht und zwei Kinder mit ihr gezeugt haben. „Derartige Kriminelle können nicht als Menschen bezeichnet werden“, erklärte damals der Premier. Im Sejm, dem polnischen Parlament, wurde der neue Gesetzesentwurf daraufhin mit nur einer Gegenstimme durchgewunken.

Umfragen vor einem Jahr hatten ergeben, dass rund zwei Drittel der Polen für die drastische Verschärfung des Strafrechts sind. Allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis das Gesetz in Kraft treten wird. Wegen einiger kleiner Änderungsvorschläge der Senatoren muss es nochmals im Sejm beraten werden. Danach muss nur noch Präsident Lech Kaczynski zustimmen. Der hat aber bereits vor einem Jahr seine Meinung zu dem Thema kundgetan. Das national-konservative Staatsoberhaupt ließ damals mitteilen, dass solche Leute keine Gnade verdienten.

In Deutschland gibt es seit 1969 ein Gesetz, das die freiwillige Kastration möglich macht. Dieses Gesetz unterscheidet nicht zwischen operativer und chemischer Kastration. Bei der sogenannten chemischen Kastration wird dem Täter ein Wirkstoff verabreicht, der die Produktion von Sexualhormonen auf ein vorpubertäres Niveau senkt. Eine zwangsweise Kastration wie sie in Polen verabschiedet wurde, gibt es in Deutschland nicht.

Knut Krohn[Warschau]

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