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Panorama: Silbermedaille für Shakespeare

Die Internationale Gesamtschule aus Wilmersdorf war erfolgreich beim weltweit größten Schülerwettbewerb in Barcelona

Amani Al-Awadhi knetet nervös ihre Finger. Gleich muss die Kuwaiterin zusammen mit der Berlinerin Hilkka Alaviuhkola das deutsch-kuwaitische Schulprojekt vorstellen, mit dem sie ins Finale des weltweit größten Schülerwettbewerb gekommen sind. Als die beiden Mädchen an der Reihe sind, zittern ihre Stimmen. Hilkka spricht sehr schnell und Amani ein bisschen zu leise, aber irgendwann nickt die Jury und die Sache ist klar: Platz zwei für die Latifa-Al-Fares-Schule aus Kuweit und die State International School Berlin (SISB) aus Wilmersdorf, besser bekannt als Staatliche Internationale Gesamtschule.

Hilkka aus Deutschland und Amani aus Kuwait sind nur zwei der 100 Jugendlichen, die am Wochenende zur letzten Runde des Mondialogo-School-Contests nach Barcelona eingeladen waren. Der Unesco-Wettbewerb soll die Kommunikation zwischen den Kulturen fördern, und das deutsch-kuwaitische Projekt überzeugte. Beide Schulklassen hatten das Shakespeares-Stück „Der Sturm“ umgeschrieben: Als Prospero, der Herzog von Mailand, seinen Zauber ausspricht, lässt er das Schiff versehentlich nicht sinken, sondern katapultiert den König von Neapel mit der Besatzung in die Neuzeit.

In der kuwaitischen Version landen die Schiffbrüchigen in Kuwait-City, in dem deutschen Teil müssen sie sich in Berlin zurechtfinden: Als die Besatzung nach dem Sturm aufwacht, ist es dunkel und warm, und der Sohn des Königs fragt: „Sind wir jetzt in der Hölle?" „Nein, Sie sind in Berlin, am Bahnhof Zoo", antwortet ein Mann in orangefarbener Latzhose. Es ist ein Angestellter der BVG, aber das verstehen die Schiffbrüchigen erst einmal nicht, und es dauert noch eine ganze Weile, bis ihnen klar wird, wo sie gelandet sind.

Die Wettbewerbsteilnehmer konnten Wünsche äußern, mit welchem Land sie zusammenarbeiten wollten, aber die Berliner wollten sich überraschen lassen. So wurde für sie die Kuwaitische Schule ausgelost. „Plötzlich gab es Reaktionen aus der Klasse wie Hilfe, wir machen ein Projekt mit Osama Bin Laden“, sagt Nihal Adler und wirft ihre dunklen Haare in den Nacken. Sie stammt aus Ägypten, unterrichtet Englisch an der SISB und hat das Mondialogo-Projekt betreut. Sie war selbst überrascht, wie viel Eigendynamik das Projekt bekommen hat. Mit Briefen und E-Mails haben sich die Klassen vorgestellt und ihre Ideen entwickelt.

Einen Monat lang haben die Neuntklässler im Unterricht an dem Stück geschrieben. „Wir haben uns Szenen überlegt, die typisch für Berlin sind“, sagt Alaviuhkola. Sie handeln zum Beispiel von Rassismus und Drogen. Trotzdem schaffen sie es immer wieder, ihre Zuschauer zum Lachen zu bringen.

In dem kuwaitischen Stück geht es viel ernster zu. Ein Fremdenführer informiert die Bootsbesatzung über das Land, die Rechte der Frau und die Ölfördermenge. „Ich hätte gerne noch mehr über meine Religion in das Stück hineingeschrieben“, sagt Amani. Die 16-Jährige findet, dass die Menschen viel zu wenig über den Islam und Allah wissen. „Welche Religion habt ihr eigentlich in Deutschland?", erkundigt sie sich. Aber dann wird erstmal gefeiert – zusammen mit dem aserbaidschanisch-nigerianischem Siegerteam, mit Russen, Australiern, Brasilianern und all den anderen.

Stéphanie Souron[Barcelona]

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