zum Hauptinhalt

Panorama: Sprödes Strahlen

Heath Ledger hat mit „Brokeback Mountain“ und „Casanova“ endlich Erfolg – und bald einen Oscar?

Der Junge hat den Hut fast bis auf die Nasenspitze gezogen und steht mit dem Rücken an der Wand, ein Bein angewinkelt, mit gesenktem Kopf, geduldig, ohne sich zu bewegen. Sein Gesicht sieht man nicht. So präsentiert sich Heath Ledger in den ersten Einstellungen von „Brokeback Mountain“ seinem zukünftigen Kollegen und Freund Jack Twist, und als er den Hut dann doch in den Nacken schiebt, sieht man ein blasses, sommersprossiges, fast verhärmt wirkendes Gesicht mit eng zusammenstehenden Augen und einem etwas schiefen Mund.

Mürrisch und wortkarg bleibt dieser Ennis Del Mar, verschlossen und misstrauisch. Aber irgendwann bringt Jack ihn zum Lächeln, und jetzt entkrampfen sich nicht nur seine Gesichtszüge, sondern der ganze Mann wird lebendig – eine totale Veränderung. Dass Jack sich in diesem Moment verliebt, kann man verstehen. Heath Ledger entspricht nicht den Idealen von Männerschönheit wie der markante George Clooney oder der feinsinnige Jude Law. Er taugt auch nicht zum Sexsymbol, denn es fehlen ihm jedes auffällige Merkmal und jener Hauch von Vulgarität, die dazu nötig sind.

Heath Ledgers Attraktivität ist unterschwellig, spröde – aber wenn sie sich entfaltet, umso strahlender. Für die Rolle des Ennis Del Mar ist er eine Idealbesetzung. Und es scheint, dass sein harter Kampf um Anerkennung als ernsthafter Schauspieler nun ein vorläufiges Ende gefunden hat. Leicht hatte es der heute 27-Jährige dabei nicht. 1979 im westaustralischen Perth geboren, zog er, der nach Emily Brontës Roman „Sturmhöhe“ eigentlich Heathcliff heißt, mit 17 Jahren nach Sidney, um sich dort als Schauspieler zu verdingen. Zwei Jahre lang spielte er Minirollen in Fernsehserien und Low-Budget-Filmen, die nicht über Australiens Grenzen hinauskamen, später auch größere Parts in einheimischen Produktionen wie 1999 in dem Jugendgang-Film „Two Hands“. Danach gelang ihm der Sprung in die USA: Noch im gleichen Jahr spielte er die Hauptrolle in „10 Dinge, die ich an dir hasse“, einer Verfilmung von Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ im Highschool-Milieu.

Damit drohte ihm das Typecasting als in Maßen unangepasster Teenager.

Aber Heath Ledger wollte mehr und probierte in den nächsten Jahren ziemlich viel aus: Er war Mel Gibsons kämpfender Sohn in Roland Emmerichs Kriegsfilm um die Gründung der USA, „Der Patriot“, spielte einen Ritter in der seichten historischen Komödie „A Knight’s Tale“ und dann wieder einen Sohn, den eines sadistisch-rassistischen Gefängniswärters (Billy Bob Thornton) im Südstaatendrama „Monster’s Ball“ – von der Kritik hoch gelobt. In weiteren historischen Filmen verkörperte er einen Offizier in „Four Feathers“ und den australischen Outlaw „Ned Kelly“. Schließlich waren Ledger und Matt Damon im vergangenen Jahr „Die Brüder Grimm“.

So war naheliegend, dass der Regisseur Lasse Hallström ihn, dem jede Art von Kostüm so gut zu Gesicht steht, in seiner romantischen Verwechslungskomödie neben dem weiblichen Shooting-Star Sienna Miller zu „Casanova“ machte – mit gepuderter Perücke, wehendem Cape, offenem Hemd und elegant geführtem Stock gibt Ledger seine unbekümmerte, aber nicht herzlose Interpretation des berühmten Liebhabers. Am 9. Februar kommt der Film in die Kinos. Genau einen Monat später läuft der schwule Western „Brokeback Mountain“ in Deutschland.

Jetzt hat Heath Ledger, der zuvor mit den älteren Kolleginnen Heather Graham und Naomi Watts liiert war, auch privat die Liebe gefunden: Michelle Williams, 26, mit der er im Film eine unglückliche Ehe führt, ist im wirklichen Leben seine Verlobte. Seit Oktober sind die beiden Eltern einer Tochter. Die drei wohnen im New Yorker Stadtteil Brooklyn.

Vielleicht gesellt sich zum Familienglück ja bald noch der eine oder andere Oscar: Ledger gilt als heißer Kandidat in der Kategorie „Bester Schauspieler“, seine Verlobte könnte zur „Besten Nebendarstellerin“ gekürt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false