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Steuerrückerstattung: Katholikin nur zum Schein

Mehr als 30 Jahre lang zahlte eine Frau ihren Schwiegereltern zuliebe Kirchensteuern. Mitglied der katholischen Kirche wollte sie aber zu keinem Zeitpunkt sein. Jetzt erhält die Frau rund 1300 Euro zurück.

Osnabrück - Auf Anraten ihres Steuerberaters legte die Frau im Jahr 2004 Widerspruch gegen die Veranlagung zur Kirchensteuer ein. Mit Erfolg: Das Osnabrücker Verwaltungsgericht entschied am Dienstag, dass das Bistum Osnabrück rund 1300 Euro Kirchensteuern aus dem Jahr 2003 an die heute 68-Jährige zurückerstatten muss. Die Begründung der Richter: Es sei nicht nachzuweisen gewesen, dass die Frau tatsächlich zum katholischen Glauben übergetreten war.

Der Konflikt sei ein «Sittengemälde der 70er und 80er Jahre», sagte der Präsident des Verwaltungsgerichts, Ulrich Schwenke, zu Beginn der Verhandlung. Im Jahr 1970 wollte die evangelisch-lutherisch getaufte Frau ihren römisch-katholischen Partner heiraten. Die Schwiegereltern bestanden jedoch darauf, dass sie katholisch wurde und ihre Kinder im katholischen Glauben erzogen werden sollten. Nachdem sich das Paar vor vielen Jahren hatte scheiden lassen, fiel nach Ansicht des Richters der äußere Druck weg, katholisch zu sein.

Einen eindeutigen Beweis, dass die Klägerin wirklich in die katholische Kirche eingetreten ist, gab es laut Gericht ohnehin nicht. Trauung und die Taufen der beiden Kinder waren zwar in der katholischen Kirche vollzogen worden. Aber die Unterlagen in der Münsteraner Kirchengemeinde sind widersprüchlich, führte Anwalt Hans- Peter Schmidt aus.

So war die Frau in den Trauungsunterlagen zunächst als römisch-katholisch («rk») bezeichnet worden. Dieser Eintrag war später in evangelisch-lutherisch geändert, die Änderung dann aber noch einmal gestrichen worden. Es fand sich dann der Vermerk «konv.» für konvertiert. In Taufunterlagen der Kinder des Ehepaares schließlich wurde die Religionszugehörigkeit der Klägerin als evangelisch angeführt, wie der Anwalt dem Gericht mit Kopien bewies. Mittlerweile sei die Ehe seit vielen Jahren geschieden und die Kinder seien erwachsen, sagte die Klägerin. Sie habe mit dem Verfahren einen Schlussstrich unter die für sie unangenehme Situation setzen wollen.

Dem Bistum und seinem Vertreter, Finanzdirektor Joachim Schnieders, half es nichts, auf die jahrzehntelange Veranlagung zur Kirchensteuer hinzuweisen. Das Bistum habe den Übertritt zum katholischen Glauben nicht zweifelsfrei dokumentieren können, begründete Gerichtspräsident Schwenke.

Normalerweise wird der Übertritt in die katholische Kirche beim Bischof aktenkundig, sagte der Referent für Kirchenrecht beim Bistum Osnabrück, Stefan Schweer. Den Antrag auf «Konversion», wie der Vorgang im Kirchendeutsch genannt wird, könne bei jedem Pfarrer gestellt werden, der dann in Gesprächen mit dem Gläubigen dessen Ernsthaftigkeit überprüfen müsse. Der entsprechende Antrag wird dann beim Bischof gestellt, und der Eintritt in die katholische Kirche ist damit offiziell.

Eben diese Dokumente gab es in diesem Fall nicht - warum weiß niemand. «Das hat sich ja auch in einem anderen Bistum abgespielt», sagte Schnieders. In einer ersten Reaktion kündigte er an, die schriftliche Urteilsbegründung zu prüfen. Er schloss aber auch nicht aus, die Sache auf sich beruhen zu lassen, da es sich um einen Einzelfall handele. (Von Elmar Stephan, dpa)

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