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Bücher wie Filme der Millennium-Triologie mit dem Computergenie Lisbeth Salander (hier gespielt von Noomi Rapace im Streifen "Vergebung") waren international Riesenerfolge.

© Knut Koivisto/Yellow Bird/dpa

Streit in Schweden um neues Buch: Die Millennium-Trilogie, Teil 4

Am Donnerstag wird ein weiterer Teil der weltberühmten Krimiserie um Lisbeth Salander veröffentlicht In Schweden löst das neue Buch heftige Diskussionen über das Vermächtnis des 2004 verstorbenen Stieg Larsson aus.

Lisbeth Salander kehrt zurück: Die rachedurstige Hackerin aus Stieg Larssons Millennium-Trilogie steht vor neuen Herausforderungen im vierten Serienteil, mit dem der schwedische Schriftsteller David Lagercrantz das Werk des 2004 verstorbenen Bestsellerautors fortsetzen will. Nach weltweit rund 80 Millionen verkaufen Millennium-Krimis ist der Hype um den neuen Band enorm. Einzelheiten der Intrige, die sich um dunkle Geschäfte mit künstlicher Intelligenz rankt und in deren Verlauf weitere Bekannte wie der Journalist Mikael Blomkvist auftauchen, hütet der Verlag wie ein Staatsgeheimnis. So entstand das Manuskript an einem Computer ohne Internetanschluss, um Salander-Nachahmern keine Chance zu geben.

25 Verlage weltweit geben das neue Buch heraus

Am 27. August erscheint das Buch, "auf das die ganze Welt wartet", wie der Norstedts-Verlag auf seiner Homepage ohne falsche Bescheidenheit verkündet. 25 Verlage weltweit geben "Det som inte dödar oss" (etwa: Was uns nicht umbringt) zeitgleich heraus; in insgesamt 40 Länder sind die Rechte bereits verkauft worden.

Seinen Erfolg hat Autor Stieg Larsson nicht mehr erlebt. Er starb 2004 – vor der Veröffentlichung des ersten Teils.
Seinen Erfolg hat Autor Stieg Larsson nicht mehr erlebt. Er starb 2004 – vor der Veröffentlichung des ersten Teils.

© picture alliance / dpa

Er habe dem Angebot, Millennium 4 zu schreiben, "nach dem ersten Schock einfach nicht widerstehen können", sagt David Lagercrantz, der keine Berührungsängste vor großen Namen hat: Zuletzt löste er mit einer Biografie des schwedischen Fußball-Idols Zlatan großes Aufsehen aus. Doch mit der Vereinnahmung angestammter Stieg-Larsson-Figuren sind Lagercrantz und der Verlag zu weit gegangen. So sehen es jedenfalls zwei langjährige Freunde des Autors, der die Veröffentlichung seiner Erfolgsbücher nicht mehr erlebte.

Alte Freunde von Stieg Larsson sprechen von "Grabplünderung"

In einem Gastbeitrag in der Zeitung "Dagens Nyheter" verurteilen der Verwaltungsdirektor Anders Lindblom und der Psychiater Svante Brandén (der in der Trilogie als Gerichtspsychiater auftaucht) den "Kommerz-Zirkus", der Larssons "Widerwillen gegenüber unserer vollständig kommerzialisierten Gesellschaft" verhöhne und vor allem der Gier der Erben geschuldet sei. Der einzigartige Erfolg der Krimiserie entspringe nicht zuletzt der für Larsson typischen "Integrität, seiner starken Solidarität mit den Schwachen der Gesellschaft und dem Abscheu vor jeglicher Form von Rechtsextremismus", sagen Lindblom und Brandén. Niemals hätte ihr Jugendfreund zugelassen, dass jemand anderes mit seinen Figuren neue Bücher schreibe. Das aktuelle Projekt sei "eine reine Grabplünderung".

Der Autor hatte ein unterkühltes Verhältnis zu Vater und Bruder

Im schwedischen Fernsehen äußerte sich Anders Lindblom empört darüber, "dass sich weder Verlag noch Erben damit zufrieden geben können, was ihnen die bisherigen Bücher eingebracht haben". Die literarische Hinterlassenschaft und die Einnahmen daraus verwalten als Erben Stieg Larssons Vater und Bruder, Erland und Joakim Larsson. Ihr Verhältnis zu Stieg galt zu dessen Lebzeiten als unterkühlt. Stieg Larssons Lebensgefährtin Eva Gabrielsson bekam aufgrund einer fehlenden testamentarischen Verfügung nach mehr als 30-jährigem Zusammenleben keinerlei Rechte zugesprochen – "respektlos" und bezeichnend für die "katastrophal schlechte" Verwaltung des Erbes, sagen die Jugendfreunde.

In einer Reaktion auf die Vorwürfe betonte Joakim Larsson, sein Vater und er hätten Gabrielsson Angebote unterbreitet, die abgelehnt worden seien. Die Tantiemen aus dem neuen Buch würden zudem an die antirassistische Zeitung "Expo" gehen, deren Chefredakteur Stieg Larsson gewesen war. Damit erfüllten die Erben Stieg Larssons Wunsch, der weitere Bücher geplant habe und die Einnahmen aus einem vierten Teil just "Expo" übereignen wollte, betonte Verlagschefin Eva Gedin im schwedischen Fernsehen. Von einer "Grabplünderung" könne keine Rede sein – schließlich mache der Verlag deutlich, dass es sich bei Teil vier um ein eigenständiges Werk von David Lagercrantz handele.

Der Verlag weist alle Vorwürfe zurück

Im Zuge der Neuerscheinung "werden viele neue Leser Stiegs Millennium-Trilogie entdecken", ist Eva Gedin überzeugt. Und genau daran – sein Werk am Leben zu erhalten – sei dem Verlag gelegen. Während Gedin die Frage, was Stieg Larsson wohl von dem neuen Buch gehalten hätte, als "müßig" zurückweist, ist zumindest eines klar: Mit düsteren Vorahnungen über die gesellschaftliche Entwicklung in seinem Heimatland lag Larsson richtig.

Der Autor der Millennium-Triologie sagte den Erfolg der Rechten voraus

Wenige Monate vor seinem Tod am 9. November 2004 durch einen Herzinfarkt warnte der damals 50-Jährige im Gespräch mit Radio Schweden davor, dass Fremdenfeindlichkeit hoffähig werde, und prognostizierte den Vormarsch von Parteien wie den rechtspopulistischen Schwedendemokraten: "Diese Parteien haben an einem stubenreinen Image gearbeitet, und sie haben den Erfolg an der Wahlurne im Blick." Damals, im Juli 2004, verzeichneten die Schwedendemokraten 1,4 Prozent der Wählersympathien. Inzwischen bewegen sie sich auf die 20-Prozent-Marke zu.

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