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Jede zweite Mutter nimmt ihr Kind als Stressfaktor wahr, sagt eine Studie.

© dpa

Studien zum Muttertag: Heißt es Mutti oder Mama?

Pünktlich zum Muttertag erscheinen wieder zahlreiche Studien: Im weltweiten Vergleich geht es Müttern in Deutschland gut. Doch die Empfindungen sind ganz anders und Problemfelder gibt es einige. Ein Überblick.

Von Katrin Schulze

Auf einmal steht Mutti wieder im Mittelpunkt. Es ist Mitte Mai, und pünktlich zum Muttertag am heutigen Sonntag gibt es eine Studie nach der anderen, viele Umfragen und noch mehr Ratschläge. Unmengen von Informationen – und schlauer werden wir trotzdem nicht. Mutti bleibt ein Rätsel. Dabei wird so ein schönes Bild gezeichnet. Im weltweiten Vergleich belegt Deutschland immerhin den neunten Platz von 176. Ganz vorne im Welt-Mütter-Report der Kinderrechtsorganisation „Save the Children“ landen Finnland, Schweden und Norwegen, auf dem letzten Platz steht der Kongo. Gemessen wird das an Faktoren wie Gesundheit, Kindersterblichkeit, Schulbildung und Einkommen von Frauen. Soweit die vermeintlich objektive Darstellung. Doch die Empfindungen sind ganz anders.

Sie fühlen sich eben nicht blendend, die Mamas, wie sie die Kinder in Westdeutschland mehrheitlich nennen, und die Muttis, wie die Ostdeutschen zu ihnen sagen. In Sachen Kosenamen bleibt Deutschland mehr als 20 Jahre nach dem Mauerfall gespalten. Das ergab, natürlich, eine Umfrage. Eine andere besagt, dass beinahe jede zweite Mutter ihr Kind als Stressfaktor wahrnimmt. Einen Vollzeitjob und Familie zu vereinbaren ist für 90 Prozent der deutschen Mütter besonders anstrengend. Das Müttergenesungswerk spricht von einem „Wahnsinnsdruck“ und hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben zehntausende erschöpfte Mütter zur Kur geschickt.

Einige junge Frauen mögen bei solchen Aussichten lieber zweimal überlegen, ob sie überhaupt Nachwuchs wollen. 1,39 Kinder bekommt eine Deutsche durchschnittlich. In Frankreich sind es mehr als zwei. Dass es hierzulande immer noch an qualifizierter und bezahlbarer Kinderbetreuung mangelt, hat selbst die OECD zuletzt bestätigt. Genau wie die Tatsache, dass Deutschland beim Lohngefälle zwischen Männern und Frauen den drittschlechtesten Rang unter den OECD-Ländern belegt.

Und nun auch noch das: Ein Versicherungsunternehmen hat bei einer Umfrage unter Kindern herausgefunden, dass sich mehr als ein Drittel der Kleinen mehr Zeit mit der Mutter wünscht, was Wissenschaftler prompt kritisierten. Falsche Fragestellung, schiefe Auslegung, noch mehr Druck für die Mütter. Fasst man das alles zusammen, ergibt sich weniger ein schönes, umfassendes als ein diffuses Bild: Den Müttern in Deutschland geht es besser denn je, gleichzeitig fühlen sie sich mehr gestresst. Sie benötigen mehr Unterstützung und Freiräume, für ihre Kinder aber sollten sie öfter da sein. Bei so viel Unklarheit oder besser: Individualität sollte es nicht Muttertag heißen, sondern Müttertag.

Den befinden die meisten übrigens auch in seiner 90. Auflage noch für sinnvoll. Als eine Möglichkeit, die Beziehung zu festigen und Dankbarkeit zu zeigen. Mit welchen Mitteln das geschieht, wurde natürlich auch ermittelt. Laut Handelsverband HDE schenken wir immer noch am liebsten Blumen, Pralinen, Parfüm und Glückwunschkarten. Dabei gäbe es für die Mütter, Mamas und Muttis vielleicht noch eine andere Geschenkidee: Zeit.

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