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Die Übersicht zeigt die Zitadelle von Aleppo hinter der schwer beschädigten Großen Umayyaden-Moschee am 19.01.2017.

© dpa

Syrien: „Für eine stabile Feuerpause sind vertrauensbildende Maßnahmen notwendig“

Volker Perthes, Leiter der Stiftung Wissenschaft und Politik, über die Chancen der Syrien-Konferenz in Astana.

Herr Perthes, was ist von dem Syrien-Treffen in Astana zu erwarten?

Es kann dazu beitragen, dass der auf russischen und türkischen Druck zustande gekommene Waffenstillstand stabilisiert wird. Bisher beruht ja diese Feuerpause darauf, dass Moskau und Ankara auf die Akteure Druck ausüben, damit die Kämpfe eingestellt werden. Aber es gibt noch keine Mechanismen zwischen den Konfliktparteien in Syrien selbst, um eine Waffenruhe abzusichern. Das wäre ein machbares Ziel für die Astana-Konferenz. Dafür sind aber vertrauensbildende Maßnahmen notwendig.

Welche wären das?

Zum Beispiel die Freilassung von Gefangenen. Und vielleicht noch wichtiger: Die Belagerung von Städten müsste beendet werden.

Der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Volker Perthes.
Der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Volker Perthes.

© picture alliance / Klaus-Dietmar

Russland, die Türkei und der Iran sind in Syrien Kriegspartei. Nun wollen sie die Grundlage für Frieden legen. Wie passt das zusammen?

Vielleicht liegt ja darin genau die Chance. Dass die externen Akteure erkennen: Mit militärischer Konfrontation wird sich kein politisches Ergebnis erzielen lassen. Jedenfalls nicht zu einem vernünftigen Preis. Die Frage lautet doch immer, wie viel Blut und Geld ist man bereit zu investieren, um einen Erfolg durchzusetzen. Vor allem Russen und Türken wollen den Krieg beenden und sind deshalb bereit, auf ihre Verbündeten einzuwirken.

Die USA und Europa bleiben in Astana außen vor. Ist das Ausdruck ihrer Macht- und Einflusslosigkeit?

Ja. Derzeit sind jene Mächte klar tonangebend, die in Syrien einschließlich eigener Soldaten und Verluste am meisten investiert haben. Und das sind nun mal Russland, die Türkei und der Iran.

Wird Amerika unter Donald Trump für Moskau womöglich ein Partner bei der Lösung des Konflikts?

Auch die Obama-Administration hat sich immer wieder um ein partnerschaftliches Vorgehen mit Russland bemüht. Beide Seiten wussten und wissen, es geht nur gemeinsam.

Die Vereinten Nationen bemühen sich seit Jahren, die Gewalt in Syrien zumindest zu begrenzen. Ohne nennenswerten Erfolg. Ist das Treffen in Astana eine Niederlage für die UN?

Das hätte so sein können. Es gab bei den UN schon Befürchtungen, dass staatliche Akteure wie der Iran, Russland und die Türkei der Weltorganisation das Heft des Handelns aus der Hand nehmen würden. Doch das ist nicht passiert. Denn die Regierungen in Moskau und Ankara haben gesehen, wie kompliziert es ist, die Gespräche in Astana vorzubereiten. Sie stoßen auf die gleichen Probleme, mit denen schon die UN zu kämpfen hatten.

Zum Beispiel?

Wer repräsentiert die syrische Opposition? Wie viel Spielraum haben die Vertreter des Regimes? Worüber sind die Kontrahenten überhaupt bereit zu verhandeln? Vor diesen schwierigen Fragen stehen auch die Organisatoren der Zusammenkunft in Astana. Daher die Bitte an die Vereinten Nationen, präsent zu sein.

Volker Perthes (58) leitet die Stiftung Wissenschaft und Politik. Er berät außerdem den Syrien-Gesandten der UN, Staffan de Mistura. Die Fragen stellte Christian Böhme.

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