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Walid Ayash ist Tätowierer in Bethlehem, sein "Pain Art Tattoo Studio" liegt ganz in der Naehe der Geburtskirche.

© DEBBIE HILL

Tattoos als Pilgersouvenir: Der Tätowierer von Bethlehem

Walid Ayash ist Bethlehems einziger Tätowierer, sein Studio liegt neben der Geburtskirche. An Weihnachten hat er Hochsaison.

Ein Tattoo aus Bethlehem – das gehört für viele Pilger unbedingt mit zur Reise ins Heilige Land. Tätowierer Walid Ayash hat sein Studio nur wenige Schritte entfernt von der Geburtskirche, dort, wo der Überlieferung nach Jesus zur Welt kam. „Ein Kreuz am inneren Handgelenk ist das Motiv, das am besten geht, und darunter das Datum“, erzählt der hochgewachsene, muskulöse Mann.

Vor allem Christen mit irakischer oder syrischer Herkunft kämen mit dem Wunsch nach einem Kreuz-Tattoo. Und ägyptische Kopten, „die sind ganz irre“, sagt er und lacht. Ayash ist der „einzige lizenzierte Tätowierer“ in der 30.000-Einwohner-Stadt im Westjordanland, wie er stolz berichtet. „Pain Art“ steht auf dem Schild am Eingang – Schmerz und Kunst gehören in dem kleinen Studio zusammen. Man erreicht es über eine schmale Treppe vom Frisiersalon aus, in dem Vater Ayash einst Haare schnitt und Bärte rasierte.

Auf seinem Körper hat er viele Bibel-Tattoos

„Das Tattoo-Stechen tut ein bisschen weh“, gesteht Ayash ein. Er muss es wissen. Über die gesamte Schulter trägt er das Bild von Jesus mit Dornenkrone, auf dem kräftigen Unterarm die Hand des Gekreuzigten, die sehr plastisch dargestellt von einem Nagel durchbohrt ist. Sein Bauch zeigt römische Soldaten bei der Festnahme Jesu. Auch sein Oberschenkel ist tätowiert. „Die Geschichte von Jesus“ will der fromme Katholik mit den Bildern auf seinem Körper erzählen.

Die iranischen und syrischen Christen, die zu ihm kommen, leben oft schon seit Jahren im Asyl. Eine junge Frau aus Damaskus, so berichtet er, habe sich das Kreuz auf die Kopfhaut tätowieren lassen, damit es von den Haaren bedeckt ist. Denn die Syrerin wollte in ihre Heimat zurück und dort mit der Tätowierung nicht auffallen. Es sind keine guten Zeiten für Christen im Nahen Osten.

Der Tourismus boomt

Für ein kleines Kreuz braucht Ayash höchstens fünf Minuten. Rund um die Feiertage geht das Geschäft besonders gut, Weihnachten ist Hochsaison in Bethlehem. Im Jahr 2017 ist die Zahl der Pilger wieder angestiegen. Anfang November begrüßte Israels Tourismusminister Jariv Levin am Flughafen Ben Gurion die dreimillionste Besucherin im Heiligen Land. Auch bei den Einheimischen steige das Interesse am Tattoo, man sei „insgesamt liberaler“ als früher, sagt Ayash. Es kämen aber immer noch deutlich mehr Christen zu ihm als Muslime, darunter viele aus dem israelischen Haifa, aus Nazareth und Jaffa. „Bei mir ist es etwas billiger als in Israel.“ Unter frommen Muslimen sind Tattoos verboten.

Bei den Christen hingegen laufe Jesus als Motiv gut. Vergangene Woche habe sich eine junge Deutsche die Worte: „Herr, erbarme dich“ auf Arabisch auf ihren Körper tätowieren lassen. Auch ein deutscher Priester sei schon bei ihm gewesen, erzählt Ayash. Der habe sich das Wort „Koexistenz“ gewünscht.

Seine Kunden singen - gegen den Schmerz

Vor 15 Jahren hat er sich selbst zum ersten Mal tätowieren lassen mit dem Motiv eines Kreuzes. „Ich war begeistert“, erinnert er sich. Er kaufte sich eine elektrische Tätowiermaschine, um das neue Handwerk anfangs an Orangen auszuprobieren. Kaum zu übersehen ist, wie viel Freude der vierfache Familienvater an seinem Handwerk hat und welche Selbstbestätigung ihm der Beruf verschafft. Zu seinen Kunden gehören auch Künstler, sagt er und zeigt ein Video von einer jungen Frau, die mit voller Stimme christliche Lieder auf Arabisch singt – um sich von der piksenden Nadel abzulenken. (epd)

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