zum Hauptinhalt
Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft: Eines der größten Berliner Labore für Tierversuche.

© Mike Wolff

Tierversuche: Zahl der Versuche mit genetisch veränderten Tieren steigt

In neun Jahren hat sich die Zahl der Versuche mit genetisch veränderten Tieren verdreifacht, zeigt eine Studie. Doch die Gesamtzahl der Versuche ist gesunken.

Einer heute erschienenen Studie zufolge ist die Zahl der Versuche mit genetisch veränderten Tieren stark gestiegen. Zwischen 2004 und 2013 habe sich die Zahl fast verdreifacht, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Studie des Vereins Testbiotech im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen.

Für 2014 und 2015 hat das Bundeslandwirtschaftsministerium nach Grünen-Angaben noch keine Zahlen vorgelegt. "Es wurden Gesamtzahlen veröffentlicht, aber keine detaillierte Statistik, wie das sonst der Fall ist", sagt Christoph Then, Geschäftsführer von Testbiotech und promovierter Veterinärmediziner. "Da liegt der Verdacht zumindest für 2014 nahe, dass Details zurückgehalten werden, weil eine erneute Zunahme stattgefunden hat."

2,8 Millionen Tierversuche im Jahr 2014

Im Gegensatz zur Zahl der gentechnischen Tierversuche scheint die Gesamtzahl der Tierversuche in Deutschland jedoch zu sinken. Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zeigen, dass die Zahl der Tierversuche in Deutschland seit 2013 leicht abnimmt. Bis zum Jahr 2012 stieg sie und lag schließlich bei etwa 3,1 Millionen pro Jahr. Doch seit 2013 sinkt die Zahl der Tierversuche leicht: 2013 waren es noch etwa drei Millionen, 2014 rund 2,8 Millionen.

Dass die Zahl der Versuche mit genetisch veränderten Tieren steigt, liegt unter anderem an der Technologie Crispr: einer Art Schere, die Gene ausschneidet oder einfügt und auf beliebige Ziele einstellbar ist. In den USA wurde bereits eine Champignon-Sorte für Supermärkte zugelassen, die mit Crispr bearbeitet wurde. Und in China wurden mit Crispr Mini-Schweine erschaffen, die als Haustiere verkauft werden sollen. "Es ist eine neue Entwicklung, sagt Then. "Sie können jetzt bei Firmen anrufen und die liefern Ihnen eine nach Ihren Vorstellungen gentechnisch veränderte Maus in circa drei Monaten."

Kontroverse Tierversuche

Die Tierschutz-Sprecherin der Grünen, Nicole Maisch, kritisierte, der gewünschte Durchbruch zur Krankheitsbekämpfung beim Menschen sei trotz millionenfacher Tierversuche nicht erreicht worden. Seit mehr als 20 Jahren werde an gentechnisch veränderten Schweinen für Organspenden geforscht – bislang ohne Nutzen für die Humanmedizin.

Doch Then widerspricht: "Man kann nicht pauschal sagen, dass diese Versuche nichts bringen", sagt er. "Aber der medizinische Nutzen ist nicht immer erkennbar. Die Kriterien sind unklar. Katzen, die dank einem Quallenprotein im Dunkeln leuchten, haben keinen medizinischen Mehrwert."

Studien mit potenziellem medizinischen Mehrwert gibt es auch am Menschen. Deutschen Forschern ist es gelungen, HI-Viren aus befallenen Zellen von Aids-Patienten mit einem Enzym herauszuschneiden. Und die Universität von Pennsylvania plant den ersten Crispr-Einsatz im menschlichen Körper: Immunzellen sollen so verändert werden, dass sie Krebszellen besser erkennen und abtöten. Für die 18 Patienten, die an der Studie teilnehmen könnten, wäre es die letzte Chance auf eine erfolgreiche Behandlung. (mit AFP)

Zur Startseite